Zur Unwirksamkeit einer im Mietvertrag getroffenen Staffelmietvereinbarung aufgrund eines im Fördervertrag enthaltenen Ausschlusses.
AG Kreuzberg v. 10.4.2025 – 23 C 5041/24 –
Im Mietvertrag war die Nettokaltmiete mit 393,75 Euro zuzüglich Vorauszahlungen für Betriebskosten von (anfänglich) 93,23 Euro und Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser von 104,20 Euro vereinbart. Im Folgenden heißt es im Mietvertrag: „Staffelmiete – die gemäß § 2 Ziffer 1 a bezifferte Nettokaltmiete erhöht sich ab dem 01.01.2025 auf 767,76 Euro, ab dem 01.04.2026 auf 822,60 Euro, ab dem 01.07.2027 auf 877,44 Euro, ab dem 01.10.2028 auf 932,28 Euro, ab dem 01.01.2030 auf 987,12 Euro.“
Die Wohnung unterlag bis zum 31.12.2024 einer Mietpreisbindung aufgrund der Inanspruchnahme öffentlicher Förderung seitens des Landes Berlin. In § 7 (6) des zugrunde liegenden Fördervertrages heißt es: „Mieterhöhungen nach den §§ 10, 10 a MHG sind ausgeschlossen.“
Der Vermieter geht davon aus, eine wirksame Staffelmietvereinbarung abgeschlossen zu haben. Er meint, dass seinerzeit abgeschlossene Staffelmietvereinbarungen nach dem Ablauf der Bindungen gemäß der ModInstRL 95 wieder aufleben.
Dem ist aber nicht so:
Die Vereinbarung einer Staffelmiete während der Bindungen nach den ModInstRL 95 ist wegen Verstoßes gegen den Fördervertrag unwirksam.
Die Unwirksamkeit entfällt auch nicht nach Ablauf der Bindungen.
Im Ergebnis ebenso wie das Amtsgericht hat schon das LG Berlin II entschieden (v. 12.2.2024 – 67 S 291/23 –) sowie eine andere Abteilung des AG Kreuzberg (v. 3.4.2025 – 18 C 5030/24 –).
Urteilstext
Tatbestand
Die Klägerin ist Mieterin und der Beklagte ist aufgrund des Mietvertrages vom 16. März 2022 Vermieter einer 1 – Zimmer – Wohnung im Seitenflügel 1. OG links, N.-traße x,1xxxx Berlin.
Nach § 2.1 des Mietvertrages beträgt die Nettokaltmiete 393,75 € zuzüglich Vorauszahlungen für Betriebskosten von (anfänglich) 93,23 € und Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser von 104,20 €. Im Folgenden heißt es im Mietvertrag „Staffelmiete: ,,Die gemäß§ 2 Ziffer 1 a bezifferte Nettokaltmiete erhöht sich ab dem 01.01.2025 auf 767,76 €, ab dem 01.04.2026 auf 822,60 €, ab dem 01.07.2027 auf 877,44 €, ab dem 01.10.2028 auf 932,28 €, ab dem 01.01.2030 auf 987,12 €.“.
Die Wohnung unterlag bis 31.12.2024 einer Mietpreisbindung aufgrund der Inanspruchnahme öffentlicher Förderung seitens des Landes Berlin. In § 7 (6) des zugrunde liegenden Fördervertrages heißt es: „Mieterhöhungen nach den §§ 10,10 a MHG sind ausgeschlossen“.
Vorgerichtlich ließ die Klägerin den Beklagten durch ihre Prozessbevollmächtigte vergeblich auffordern, zu erklären, dass er keine Rechte aus der Staffelmietvereinbarung herleiten werde.
Die Klägerin meint, der während des fördervertraglichen Bindungszeitraums abgeschlossene Mietvertrag habe eine Staffelmietvereinbarung nicht enthalten dürfen. Diese sei folglich wegen Verstoßes gegen die Förderbedingungen in § 7 (6) des Vertrages unwirksam. Hilfsweise beruft sie sich auf ihre Rüge nach §§ 556 d ff BGB vom 20.11.2024.
Die Klägerin beantragt, wie erkannt.
Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Er meint, nach der Rechtsprechung des BGH sei die Vereinbarung einer Staffel für die Zeit nach Auslaufen der Bindung eines Fördervertrages zulässig. Die Klage sei ferner unzulässig, soweit eine unbeschränkte Feststellung beantragt werde. Es könne allenfalls bis zum Eintritt der nächsten Staffel eine Feststellung begehrt werden.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Klägerin ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO zur Seite. Der Beklagte berühmt sich einer wirksamen Staffelmietabrede. Hierin liegt ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien (Zöller-Greger, 35. Aufl., 2024, Rz. 7 zu § 256 ZPO). Aufgrund der divergierenden Ansichten der Parteien über dieses Rechtsverhältnis, ist die rechtliche Unsicherheit gegeben, welche Prozessvoraussetzung nach § 256 ZPO ist.
II.
Die Klage ist begründet. Die vertragliche Staffelvereinbarung in § 2 des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages ist unwirksam, sodass eine höhere Nettokaltmiete als die Ausgangsmiete von 393,75 € nicht beansprucht werden kann.
1. Die Staffelvereinbarung widerspricht den Festlegungen in § 7 (6) des Fördervertrages. Zwar ist hier zur Staffelmiete eine Bezugnahme auf das Miethöhegesetz enthalten, doch sind die in Bezug genommenen Vorschriften vom Gesetzgeber ohne inhaltliche Änderung in das BGB übernommen worden. Soweit hier von Interesse ist § 557 a BGB der in Bezug genommenen Vorschrift von § 10 MHG nachgefolgt. Der Fördervertrag ist ein echter Vertrag zugunsten Dritter, sodass die Klägerin als Begünstigte nach § 328 Abs. 1 BGB das eingeräumte Recht direkt geltend machen kann (BGH, Urteil vom 11. März 2009 – VIII ZR 279/07 -, Rn. 11, juris).
2. Die vertragliche Staffelabrede ist während der Geltung des Fördervertrages getroffen worden. Sie ist daher unwirksam. Es spielt keine Rolle, dass die Staffeln erst für die Zeit nach Auslaufen der Mietpreisbindung vereinbart werden sollte. Für die Frage der Wirksamkeit dieser Vertragsbedingung kommt es nicht auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Klausel an.
a) Dies entspricht zum einen dem im Fördervertrag ausgedrückten übereinstimmenden Willen der Parteien des Fördervertrages, den Zuwendungen an den Fördernehmer einen wirtschaftlichen Nutzen für die Bewohner des geförderten Wohnraums gegenüberzustellen, solange der Bindungszeitraum reicht. Das ergibt die systematische Auslegung des Fördervertrages. Nicht nur dessen Mietpreisbestimmungen der §§ 7,7 a und 7b beziehen sich sämtlich auf Beginn und Ablauf des Bindungszeitraums. Dass nach dem Willen der Vertragsparteien der Ablauf des Bindungszeitraums für die bedungenen Beschränkungen maßgeblich sein sollte, ergibt sich insbesondere auch aus § 8 des Vertrages, wonach von Vertragsabschluss bis zum Ablauf des Bindungszeitraums freie und freiwerdende Wohnungen im Bezirksamt zu melden sind und in gewissen Fällen von dort belegt werden können. Insoweit wäre auch eine andere Gestaltung denkbar, bei welcher Wohnungen, die erst nach Ablauf des Bindungszeitraums wieder belegt werden können, nicht mehr meldepflichtig wären. Stattdessen stellt der Vertrag auch hier auf die Veränderung der rechtlichen Situation bis Ablauf des Bindungszeitraums ab. Ebenso stellt § 9 Abs. 3 des Fördervertrages für das Verbot von Eigenbedarfskündigungen auf den Ablauf des Bindungszeitraums ab. Auch hier erlaubt die Regelung nicht den Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung während des Bindungszeitraums mit Wirkung für die Zeit danach.
b) Zutreffend hat das Landgericht Berlin zudem in einer jüngeren Entscheidung herausgearbeitet, dass es sich bei den Bestimmungen des Fördervertrages um AGB handelt, auf welche die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB Anwendung findet.
Das gilt auch im Verhältnis zur Klägerin, obwohl diese nicht selbst Partei des Fördervertrages ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es für die Anwendbarkeit der§§ 305 ff. BGB nicht darauf ankommt, ob der Betroffene selbst Vertragspartei ist (BGHZ 183, 220, juris).
Nach § 305 c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Diese Auslegungsregel greift, wenn eine Klausel nach Ausschöpfung der Auslegung zwei oder mehr mögliche Bedeutungen hat (statt vieler BGH, Urt. v. 23.07.2020 – I ZR 119/19, BeckRS 2020, 21836, Rz. 30). Auslegungsmöglichkeiten, die allenfalls theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegen und daher beim in Rede stehenden Geschäft typischerweise nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind, bleiben hingegen unberücksichtigt (BGH Urt. v. 5.5.2022 – VII ZR 176/20 mwN.). Gemessen an diesem Maßstab tritt nach Ausschöpfung aller Auslegungsparameter neben die Auslegungsmöglichkeit, dass die Erhöhung der Miete auf Grundlage einer nach Abschluss des Mietvertrages abgeschlossenen Staffelmietvereinbarung während des Förderzeitraumes verboten sein soll, das Verständnis, dass vorliegend bereits die Vereinbarung von Staffelmietvereinbarungen selbst im Mietvertrag einschließlich der darauf beruhenden späteren Erhöhung ausgeschlossen ist und die Vereinbarung einer Staffel erstmals nach Ablauf des Bindungszeitraums zulässig sein soll (LG Berlin II, Beschluss vom 12. Februar 2024 – 67 S 291/23 -, Rn. 7 – 8, juris).
3. Die vom Beklagten angeführte Entscheidung des BGH vom 3.12.2003, VIII ZR 157/03 besagt nichts anderes. Dieser Entscheidung lässt sich entnehmen, dass eine Staffelmiete für die Zeit nach Ende einer Mietpreisbindung grundsätzlich auch während des Bindungszeitraums vereinbart werden kann. Zu der Frage, ob dies auch dann gilt, wenn der zugrunde liegende Fördervertrag – wie hier – das ausdrückliche Verbot einer Staffelmiete enthält, äußert sich der BGH nicht.
4. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Tenor nicht zeitlich zu beschränken. Der Spruch betrifft den Rechtsstand, der mündlichen Verhandlung. Aussagen über zukünftig eintretende rechtliche Änderungen sind damit nicht verbunden. Sie können Gegenstand eines neuen Verfahrens sein. Dieser Umstand muss nicht ausgesprochen werden, weil er sich von selbst versteht.
Irritierend wirkt es übrigens, wenn der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 20.3.2025 darauf hinweist, dass Gerichte sich mit den Argumenten der Parteien vollständig auseinanderzusetzen haben. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine Selbstverständlichkeit handelt, mutet es sonderbar an, wenn gerade der Beklagte, der im Termin zur mündlichen Verhandlung lediglich mit einem in keiner Weise zur rechtlichen Diskussion befähigten Unterbevollmächtigten vertreten war, Sorgfalt im rechtlichen Diskurs anmahnt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S.1 ZPO.
Der Streitwert bemisst sich nach §§ 48 GKG, 3, 9 ZPO mit dem dreieinhalbfachen Jahreswert des Differenzbetrages zwischen Basismiete und aktueller Staffel (374,01 €).
03.09.2025




