In etwa 55 Prozent aller deutschen Haushalte wohnen zur Miete. In Berlin beträgt der Anteil der Mieterhaushalte sogar 85 Prozent. In keiner anderen deutschen Stadt bestimmen daher die Probleme rund ums Wohnen so stark die öffentliche Debatte. Das Mietrecht soll einen fairen Ausgleich zwischen den Anbietern von Wohnraum und Nachfragern sicherstellen. Dabei gilt das Augenmerk besonders den Mietern, die auf angespannten Wohnungsmärkten aufgrund der Verfügungsmacht und der sozial schlechteren Stellung im Verhältnis zu den Eigentümern benachteiligt sind. Im Zentrum mietrechtlicher Streitigkeiten stehen das Mietpreisrecht, der Kündigungsschutz, die Regelungen über Betriebskosten und Gewährleistungsrechte.
Miethöhe
In den Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten liegen die Wiedervermietungsmieten häufig 20, 30 und 40 Prozent über den ortsüblichen Vergleichsmieten. Die bisherigen Miethöheregelungen galten nur für bestehende Mietverhältnisse. Bei einem Mieterwechsel, das heißt beim Abschluss eines neuen Mietvertrages, konnte der Vermieter die Miete nahezu in beliebiger Höhe festsetzen. Leidtragende dieser Rechtslage waren die etwa 10 Prozent der Mieterhaushalte, die jährlich die Wohnung wechseln bzw. aus beruflichen Gründen umziehen müssen, junge Menschen, die eine Familie gründen, oder Studenten, die neu in die Stadt ziehen.
Mittelfristig wirken sich diese hohen Wiedervermietungsmieten aber auf das allgemeine Mietpreisniveau aus, da die ortsüblichen Vergleichsmieten (Mietspiegel) aus den Vertragsabschlüssen der letzten vier Jahre gebildet werden. Hier musste der Gesetzgeber handeln:
Für die Miethöhe bei einem neuen Mietvertrag (Wiedervermietung) gibt es seit 1.6.2015 eine neue Obergrenze („Mietpreisbremse“). Wiedervermietungsmieten dürfen höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Mietpreisbremse gilt im gesamten Stadtgebiet Berlins. Grundlage ist das Mietrechtsnovellierungsgesetz (BGBl. 2015, Seite 610; Mietrechtsnovellierungsgesetz [PDF, 2 Seiten]) und die erforderliche Landesverordnung (Mietenbegrenzungsverordnung, GVBl. 2015, Seite 101; Mietenbegrenzungsverordnung), die der Berliner Senat rechtzeitig erlassen hat.
Der Berliner Mieterverein hatte im Vorfeld den Gesetzentwurf der Bundesregierung wegen der zahlreichen Ausnahmen und der intransparenten Zusammensetzung der preisrechtlich zulässigen Miete kritisiert. Hier finden Sie Details zur Mietpreisbremse (Infoblatt 169) und eine Bewertung im Rahmen eines Faktenchecks.
Der Berliner Mieterverein bietet im Rahmen einer Aktion Mietpreisüberprüfung die kostenlose Berechnung der ortüblichen Vergleichsmiete an und gibt Empfehlungen zum Umgang mit den Ergebnissen.
Weitergehende Forderungen des Berliner Mietervereins:
- Mietpreisüberhöhungen sollen zudem auch zukünftig nach dem Wirtschaftsstrafgesetz eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Um diese Begrenzung wirksam werden zu lassen, ist jedoch eine Gesetzesänderung erforderlich, die den Mieter von der Beweislast der „Ausnutzung“ des geringen Wohnungsangebots befreit.
- Für die ortsübliche Vergleichsmiete sollen künftig mehr Mieten berücksichtigt werden, nicht nur die Mieterhöhungen und teuren Vertragsabschlüsse der letzten vier Jahre. Der Gesetzgeber soll im Wege einer Rechtsverordnung Maßgaben für die Erstellung qualifizierter Mietspiegel aufstellen.
- Die Kappungsgrenze, die derzeit Mieterhöhungen von 20 Prozent (in speziellen Gebieten wie auch in Berlin 15 Prozent) in drei Jahren zulässt, soweit die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschritten wird, soll auf 15 Prozent in vier Jahren gesenkt werden.
- Modernisierungsbedingte Mietsteigerungen haben am Gesamtumfang aller Mietsteigerungen zwar einen geringeren Einfluss als die „üblichen“ Mietsteigerungen im Vergleichsmietensystem und die Mieten bei Wiedervermietung. Im Einzelfall können sie jedoch den Verlust der Wohnung bedeuten, da auch bei Vorliegen von finanzieller Härte das Prozesskostenrisiko im Streit um die modernisierungsbedingten Mietsteigerungen mit 11% der Investitionskosten für Modernisierung oder Energieeinsparung unzumutbar ist. Der Berliner Mieterverein setzt sich für eine Abschaffung dieser Mieterhöhungsmöglichkeit ein, ist aber bereit, befristet einen an der erzielten Energieeinsparung orientierten Zuschlag für energetische Sanierung (Heizungsumstellung, etc.) im Rahmen des Vergleichsmietensystems mitzutragen.
- Eine besondere Brisanz liegt im Anstieg der Heizkosten, auch wenn durch die Ölpreisentwicklung derzeit Entspannung eingetreten ist. Nachzahlungen in Höhe von mehreren Hundert Euro pro Wohnung waren in den letzten Jahren keine Seltenheit. Energiepreissteigerungen von im Schnitt 5 % jährlich treffen die Mieter in Großstädten und Ballungsgebieten besonders, weil hier ohnehin ein starker Nettokaltmietenanstieg zu verzeichnen ist. Letztendlich kann nur der Umstieg auf erneuerbare Energien den Mieter entlasten. Dafür ist aber ein Konzept für eine sozialorientierte energetische Gebäudesanierung erforderlich.
Die kalten, nicht verbrauchsbezogenen Betriebskosten sind in den letztem Jahren weitgehend stabil geblieben, mit Ausnahme der Grundsteuer. Unerfreulich ist, dass die Berliner Wasserbetriebe im Bundesvergleich weiterhin hohe Preise verlangen. Erst die infolge des erfolgreichen Volksentscheids zur Offenlegung der Privatisierungsverträge gewährten Rückzahlungen und Preissenkungen für Trink- und später auch Abwasser haben zu einer gewissen Entlastung geführt.
Kündigungsschutz
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in den letzten Jahren teilweise erheblich in den Mieterschutz zum Nachteil der Mieter eingegriffen. Deshalb muss der Kündigungsschutz durch gesetzliche Regelungen wieder verbessert werden.
Die Heilungsmöglichkeit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges durch Ausgleich des Zahlungsrückstandes wird durch die Möglichkeit der nicht heilbaren ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzuges zum stumpfen Schwert. In Kombination mit weiterer Rechtsprechung sind damit de facto auch die Mietminderungsrechte massiv eingeschränkt. Es bedarf daher bei einer ordentlichen Kündigung der Heilungsmöglichkeit durch den Mieter.
Auch andere Kündigungsmöglichkeiten wie bei Eigenbedarf oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung wurden erleichtert. Gerade auf angespannten Wohnungsmärkten werden diese Möglichkeiten genutzt, um Wohnungen frei zu bekommen und teuer neu zu vermieten oder zu verkaufen. Bei Eigenbedarf soll daher der Personenkreis, den der Vermieter zur Begründung seiner Kündigung heranziehen kann, klar eingeschränkt, sonstige Kündigungsmöglichkeiten ausgeschlossen bzw. zumindest dem erweiterten Kündigungsschutz bei Umwandlung unterworfen und die Spekulation mit Verwertungskündigungen ausgeschlossen werden.
Wohnungstausch
Auf angespannten Wohnungsmärkten, wie Berlin, sinkt die sogenannte Fluktuation, die Wohnungswechselquote der Mieter, weil die Quadratmetermiete bei Wiedervermietung zumeist erheblich über der bisherigen Bestandsmiete liegt. In Berlin liegen die Wiedervermietungsmieten im Schnitt um knapp 20 % über den Bestandsmieten, so eine Untersuchung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung („Hintergrundpapier 2/2014 Aktuelle Mietenentwicklung und ortsübliche Vergleichsmiete“).
Die Folge ist, wer zum Beispiel eine wegen Haushaltsverkleinerung zu groß gewordene Wohnung aufgeben will, müsste bei Wiedervermietung einer kleineren Wohnung möglicherweise sogar mehr zahlen als vorher für die größere Wohnung. Das behindert den Wohnungswechsel und sorgt für eine weitere Anspannung, weil insgesamt immer weniger frei werdende Wohnungen am Markt vorhanden sind (Remanenzeffekt). Zur Entlastung des Wohnungsmarktes sollte daher über einen Rechtsanspruch auf Wohnungstausch nachgedacht werden, wie ihn Österreich und Schweden kennen.
In Deutschland gab es diese Tauschmöglichkeit ohne Mietenanstieg im Übrigen bis Ende 1965. Hier finden Sie eine Auflistung früherer Wohnungstausch-Regelungen in Berlin. Solange eine generelle Tauschmöglichkeit zum alten Preis nicht existiert, sollten wenigstens die städtischen Wohnungsunternehmen ein praktikables Angebot unterbreiten.
09.06.2021