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§ 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO lautet: „Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften dieser Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, hat der Nutzer das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 vom Hundert zu kürzen.“
Dieses Kürzungsrecht der Mieter nach § 12 HeizkostenVO ist zwingendes Recht, kann also mietvertraglich nicht ausgeschlossen werden.
Das Kürzungsrecht besteht z.B., wenn
- Räume nicht mit Erfassungsgeräten ausgerüstet werden; zum Beispiel auch, wenn die Wohnung bei Erstbezug noch nicht mit Heizkostenverteilern ausgerüstet wurde (LG Berlin vom 7.11.1996 – 62 S 170/96 -);
- der Vermieter die Ermittlung des Verbrauchs an Heizkosten unterlässt (LG Berlin vom 19.12.2006 – 65 S 199/06 – );
- wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen mehr als 25 % der Wohnfläche im Haus nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden können, § 9 Abs. 2 HeizkostenVO (BGH vom 31.10.2007 – VIII ZR 261/06);
- der Vermieter bei einem Mieterwechsel keine Zwischenablesung durchführt, obwohl dies technisch möglich und vertraglich nicht ausgeschlossen ist (LG Hamburg vom 18.3.1988 – 11 S 202/87 -);
- die „Verbrauchsanzeige“ der Heizkostenverteiler oder eines anderen Erfassungsgerätes nicht zu gebrauchen ist (AG Köln vom 19.3.1996 – 201 C 89/95 -), z.B. wenn das Wärmemessdienstunternehmen in einer Wohnung „vergessen“ hat, die Messampullen des „Verdunsters“ oder die Batterien des elektronischen Heizkostenverteilers auszutauschen, oder wenn eichpflichtige Wärme- oder Warmwasserzähler nach Ablauf der Eichfrist weiter betrieben werden (BayObLG vom 26.3.1998 – 2 ZBR 154/97 -). Auch Montage- oder Skalierungsfehler gehören hierzu – also Fälle, in denen Fehler von Wärmemessdiensten oder Vermietern eine verbrauchsabhängige Abrechnung verhindern;
- wenn der Vermieter die neben den Heizkörpern abgegebene Rohrwärme entgegen den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO nicht erfasst (LG Neubrandenburg vom 17.11.2010 – 12 S 9/10 -).
Das Kürzungsrecht findet keine Anwendung, wenn einer der von der HeizkostenVO genannten Ausnahmetatbestände vorliegt (siehe unten).
Wichtig: Nach § 12 Abs. 1 HeizkostenVO ist die dem Mieter erteilte Heizkostenabrechnung insgesamt – und nicht etwa nur der verbrauchsabhängig ermittelte Anteil – um 15 Prozent zu kürzen (BGH vom 30.1.1991 – VIII ZR 361/89 -). Und: Der bei der Heizkostenabrechnung geltend gemachte Betrag darf gekürzt werden, nicht aber – was viele Mieter glauben – der monatliche Heizkostenvorschuss.
Beispiel: Der Mieter zahlt monatlich 60 € als Heizkostenvorschuss. Die verbrauchsunabhängige Abrechnung ergibt einen Nachzahlungsbetrag von 190 €. Insgesamt beträgt der auf den Mieter in der Abrechnungsperiode entfallende Heizkostenanteil 910 €. Von diesem Betrag können 15 % gekürzt werden. Das sind 136,50 €, die der Mieter von der Nachzahlungsforderung in Höhe von 190 € abziehen darf.
Sind Messgeräte zur Erfassung des anteiligen Wärmeverbrauchs vorhanden und werden diese verwendet, hat der Nutzer nicht das Recht, den „Strafabzug“ nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO auch bei den Kosten des Wärmeverbrauchs deshalb vorzunehmen, weil keine Messgeräte für die Erfassung des anteiligen Warmwasserverbrauchs vorhanden sind. In einem solchen Fall beschränkt sich das Recht des Nutzers auf einen „Strafabzug“ bei den nicht verbrauchsabhängig abgerechneten Kosten für die Versorgung mit Warmwasser (BGH vom 14.9.2005 – VIII ZR 195/04).
Wichtig: Allein der Hinweis des Mieters auf eine fehlende Verbrauchserfassung kann nicht als Ausübung des Kürzungsrechts nach § 12 HeizkostenVO angesehen werden. Dies setzt nämlich die Geltendmachung des Kürzungsrechts durch den Inanspruchgenommenen voraus. Die Kürzung erfolgt nicht automatisch von Gesetzes wegen (OLG Köln vom 11.6.2010 – 1 U 66/09 -).
Ein über das 15 %ige Kürzungsrecht hinausgehender Schadensersatzanspruch des Mieters ist möglich (BGH vom 31.10.2007 – VIII ZR 261/06), wenn der Mieter einen solchen Schaden nachweisen kann.
Ausnahmen nach der HeizkostenVO
Im Einklang mit den Vorschriften dieser Verordnung steht die Abrechnung nach Wohnfläche (oder die Abrechnung abweichend vom Grundsatz des §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 HeizkostenVO) jedoch, wenn einer der folgenden Ausnahmetatbestände vorliegt. Dann entfällt auch das 15 % Kürzungsrecht nach § 12 HeizkostenVO.
1. In Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Vermieter eine selbst bewohnt, sind vertragliche Vereinbarungen zulässig, die von der HeizkostenVO abweichen (§ 2 HeizkostenVO). Entsprechendes gilt für Untermietverträge im Verhältnis Hauptmieter zum Untermieter.
2. Eine weitere Ausnahme enthält § 9 a HeizkostenVO (Schätzung bei Geräteausfall u.ä.).
3. Ebenfalls sind bei Mieterwechsel für die Kostenaufteilung abweichende vertragliche Vereinbarungen zulässig (§ 9 b Abs. 4 HeizkostenVO).
4. Aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung darf der Vermieter entgegen §§ 7 und 8 der HeizkostenVO auch mehr als 70 % der Kosten verbrauchsabhängig abrechnen (§ 10 HeizkostenVO).
5. Sogenannte Passivhäuser (= Heizwärmebedarf von weniger als 15 kWh/(m² a)) sind von der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung befreit (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 a HeizkostenVO). Denn je besser der energetische Standard, desto geringer der Einfluss des Nutzerverhaltens. Die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung der Warmwasserkosten bleibt.
6. Die verbrauchsabhängige Abrechnung kann entfallen, wenn die Maßnahmen zur Verbrauchserfassung unwirtschaftlich sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 b HeizkostenVO). Die Vorschrift erklärt, dass dies der Fall ist, wenn „das Anbringen der Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung des Wärmeverbrauchs oder die Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist; unverhältnismäßig hohe Kosten liegen vor, wenn diese nicht durch die Einsparungen, die in der Regel innerhalb von zehn Jahren erzielt werden können, erwirtschaftet werden können.“
7. Die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung besteht nicht bei Räumen, die vor dem 1. Juli 1981 (in Ostdeutschland bis 1.1.1991) bezugsfertig geworden sind und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 c) HeizkostenVO). Nach der Rechtsprechung (BGH vom 8.10.2003 – VIII ZR 67/03) reichen allerdings einfache Drehventile zur Beeinflussung des Wärmeverbrauches aus.
8. Bei Alters- und Pflegeheimen, Studenten- und anderen Wohnheimen besteht keine Pflicht zur verbrauchsabhängigen Kostenumlage nach der HeizkostenVO (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 HeizkostenVO).
9. Die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung gilt nicht bei Räumen in Gebäuden, die überwiegend versorgt werden mit Wärme aus Anlagen zur Rückgewinnung von Wärme oder aus Wärmepumpen- oder Solaranlagen (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 a) HeizkostenVO).
10. Die Anwendung der HeizkostenVO kann entfallen, wenn das Gebäude mit Wärme aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung oder aus Anlagen zur Verwertung von Abwärme versorgt wird, sofern der Wärmeverbrauch des Gebäudes nicht erfasst wird (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 b HeizkostenVO). Das frühere behördliche Genehmigungserfordernis ist entfallen. Der Gebäudeeigentümer darf eigenständig bestimmen, ob eine Ausnahme vorliegt.
11. Besteht ein direktes Vertragsverhältnis zwischen dem Mieter und dem Wärmeversorgungsunternehmen müssen etwaige Kosten des Betriebs der Hausanlage (z.B. Übergabestation) vom Gebäudeeigentümer (Vermieter) nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 HeizkostenVO).
12. Darüber hinaus kann die zuständige Behörde (in Berlin ist dies das zuständige Wohnungsamt) auch dann eine zumeist befristete Ausnahmegenehmigung erteilen, wenn nur so ein „unangemessener Aufwand“ oder eine „unbillige Härte“ vermieden wird (§ 11 Abs. 1 Nr. 5) HeizkostenVO). Im Ostteil Berlins wurde diese Ausnahme dann angenommen, wenn z.B. die Finanzierung wegen unklarer Eigentumsverhältnisse nicht gesichert oder die Rückübertragung an den neuen Alteigentümer erst kürzlich erfolgt ist.
In jedem Fall gilt: Will der Vermieter das 15%ige Kürzungsrecht des Mieters unter Hinweis auf einen Ausnahmetatbestand abwenden, hat er das Vorliegen einer Ausnahme substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Sollte dies nicht oder nicht hinreichend erfolgen, steht dem Mieter das oben genannte Kürzungsrecht zu. Der Vermieter kann seine Ansprüche dagegen nur auf dem Klagewege geltend machen, wobei der Mieter die Prozesskosten dann nicht zu befürchten hätte, wenn er mangels vorheriger Darlegung durch den Vermieter die Kürzung vorgenommen hatte. Selbst im Unterliegensfall (wenn der Vermieter die Darlegung erst im Prozess nachholt) hätte der Mieter dann keinerlei Anlass zur Klageerhebung gegeben, so dass der Vermieter die Verfahrenskosten zu tragen hätte.
Weitere Informationen:
- BMV-Info 74: Die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung
- Musterschreiben: Heizkostenabrechnung ist fehlerhaft
Mit diesem Musterschreiben teilen Sie Ihren Vermieter/Verwalter mit, dass dessen Abrechnung der Betriebskosten/Heizkosten nicht den rechtlichen Anforderungen genügt. Weiterhin bitten Sie um Einsicht in die Abrechnungunterlagen.
Weiterführende BMV-Infos zu Betriebskosten:
- BMV-Info 86: Die Betriebskostenabwälzung
- BMV-Info 85: Umlagefähige Betriebskosten
- BMV-Info 74: Die Heizkostenabrechnung
- BMV-Info 40: Belegeinsicht in Abrechnungsunterlagen
zur Betriebs- und Heizkostenabrechnung - BMV-Info 73: Heizkostenabrechnung -
Worauf achten beim Mieterwechsel? - BMV-Info 82: Die Wasseruhr -
Rechtsprobleme bei der verbrauchsabhängigen Abrechnung - BMV-Info 32: Wärmezähler und Heizkostenverteiler
- BMV-Info 69: Zur Wartung von Gasgeräten
- BMV- Info 111: Der Hauswart in der Betriebskostenabrechnung
- BMV-Info 106: Eichrechtliche Bestimmungen
für Elektrizitäts-, Gas-, Wasser- und Wärmezähler - BMV-Info 195: Schornsteinfegerarbeiten und Betriebskosten
- BMV-Info 186: 15%iges Kürzungsrecht bei der Heizkostenabrechnung
- BMV-Info 117: Mietrechtliche Probleme des § 35 a EStG,
Aushändigung einer Steuerbescheinigung über die Betriebskosten
MieterMagazin-Artikel zu Betriebskosten:
Musterschreiben zu Betriebskosten:
22.12.2017