Die Mieten in Berlin steigen rasant, günstige Wohnungen sind rar. Der aktuelle Wohnraumbedarfsbericht 2025 zeigt einmal mehr: Die Stadt wächst, der Wohnungsbau hält nicht Schritt.
Am 31. Dezember 2024 lebten 3.897.145 Millionen Menschen in Berlin, das sind fast 335.000 Personen mehr als noch 2014. Der Zuzug aus dem Ausland stellt einen wesentlichen Faktor für die zunehmende Anspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt dar. Dabei geht es nicht nur um Arbeitsmigration oder Fluchtbewegungen, sondern auch um einen kontinuierlichen Zustrom junger Menschen aus verschiedenen Ländern, die Berlin wegen seiner kulturellen Strahlkraft als attraktiven Lebensort wählen, nicht zuletzt die vielen gut bezahlten Menschen aus der Tech-Industrie, die für kurze Zeit nach Berlin kommen. Zugleich wurden im letzten Jahrzehnt nur rund 160.000 neue Wohnungen gebaut. Die Folgen: akuter Wohnungsmangel und stark steigende Mieten.
Wer neu sucht, zahlt drauf
Menschen mit langjährigen Mietverträgen zahlen oft noch vergleichsweise moderate Mieten. Doch wer neu eine Wohnung sucht, muss inzwischen tief in die Tasche greifen: 2023 kostete eine neu angebotene Wohnung im Schnitt 13,99 Euro pro Quadratmeter – das sind 2,45 Euro mehr als im Vorjahr, ein Anstieg von 21 Prozent. Damit liegen die Mieten bei Neuvermietungen fast doppelt so hoch wie in bestehenden Verträgen. Zum Vergleich: Der Mietspiegel 2024 weist eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 7,21 Euro pro Quadratmeter aus, wobei die Spannen zwischen Unter- und Oberwerten größer denn je sind.
Besonders hart trifft es einkommensniedrige Haushalte. Wer nur 60 Prozent des Berliner Durchschnitts verdient, kann sich gerade einmal eine von 20 angebotenen Wohnungen leisten. Eine Wohnung gilt als bezahlbar, wenn die Nettokaltmiete höchstens 27 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens (Median) ausmacht. 2023 lag dieses Einkommen in Berlin bei 2.575 Euro – bei Einpersonenhaushalten bei 1.800 Euro, bei Vier- und Mehrpersonenhaushalten bei 4.525 Euro.
Es fehlen rund 51.000 leistbare Wohnungen
Die Analyse der Leistbarkeit von Wohnungen im Bestand zeigt große Unterschiede je nach Haushaltsgröße und Einkommensgruppe. Für Einpersonenhaushalte mit unter 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens besteht ein deutliches Versorgungsdefizit von rechnerisch 51.400 leistbaren Wohnungen.
Zwei- und Dreipersonenhaushalte haben hingegen rechnerisch einen Überschuss an leistbaren Wohnungen im Bestand (!). Doch diese Rechnungen sind rein theoretisch: Viele dieser Wohnungen sind bereits bewohnt, im Eigentum oder werden von Haushalten mit höherem Einkommen genutzt.
Weniger als ein Drittel der Wohnungen für Durchschnittsverdienende
Aber auch Durchschnittsverdienende haben es schwer: Von den rund 48.000 ausgewerteten Mietangeboten (Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024) war nur etwa jede vierte Wohnung (27,8 Prozent) für Haushalte mit mittlerem Einkommen tatsächlich leistbar. Das bedeutet: Selbst Durchschnittsverdienende finden am freien Markt nur ein sehr begrenztes Angebot an bezahlbaren Wohnungen.
Große Haushalte und Familien haben es besonders schwer
Je größer der Haushalt, desto schwieriger wird die Wohnungssuche. Während rund 10,8 Prozent der Angebote für Einpersonenhaushalte als bezahlbar gelten, sinkt der Anteil bei Vierpersonenhaushalten dramatisch auf nur noch 2,5 Prozent.
Noch prekärer ist die Lage bei niedrigem Einkommen: Bei 80 Prozent des Durchschnittseinkommens sind nur 13,6 Prozent der Wohnungen leistbar, bei 60 Prozent nur 4,8 Prozent. Für einkommensniedrige Vierpersonenhaushalte ist sogar nur ein verschwindend geringer Anteil von 0,3 Prozent der Wohnungen bezahlbar. Diese Haushalte sind in der Regel auf staatliche Unterstützung angewiesen, da sie sich aus eigener Kraft kaum am regulären Wohnungsmarkt versorgen können.
Wen die Wohnungsnot am stärksten trifft
Neben vielen, die sich eine normale Mietwohnung nicht mehr leisten können, trifft die Wohnungskrise besonders verletzliche Gruppen:
Rund 57.000 barrierefreie Wohnungen fehlen, was vor allem für Senior:innen und Menschen mit Behinderung ein gravierendes Problem darstellt.
Auch Studierende finden trotz leichter Verbesserungen nur schwer preisgünstige Wohnheimplätze. Die Versorgungsquote bei öffentlich geförderten Wohnplätzen liegt bei 6,3 Prozent
Etwa 35.000 wohnungslose Haushalte suchen aktuell dringend bezahlbaren Wohnraum – und laut Prognosen kommen jährlich mehr als 16.000 weitere hinzu.
Frauen in Notlagen, junge Erwachsene aus der Jugendhilfe sowie Haftentlassene stoßen auf strukturelle Versorgungslücken, weil es an passenden Unterkünften und sozial verträglichen Angeboten fehlt.
Was sich jetzt ändern muss – und was Mieter:innen fordern sollten
Der Bericht macht deutlich: Einzelmaßnahmen reichen nicht. Berlin braucht einen grundlegenden Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Die wichtigsten Schritte aus Sicht des Berliner Mietervereins:
1. Mehr bezahlbarer Wohnraum – und zwar schnell
Öffentliche Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften müssen deutlich mehr bauen – und zwar mit klarer Zielsetzung: sozial, nachhaltig und bezahlbar. Das gemeindliche Vorkaufsrecht muss wieder uneingeschränkt gelten. Außerdem sollten alle Akteur:innen am Wohnungsmarkt zu verbindlichen Sozialwohnungsquoten verpflichtet werden.
2. Bestandsmieten schützen – Verdrängung stoppen
Die Mietpreisbremse muss verschärft und entfristet werden. Auch ein rechtssicherer Mietendeckel gehört zurück auf die politische Agenda. Gleichzeitig müssen bestehende Sozialwohnungen dauerhaft erhalten und vor dem Auslaufen der Bindungen geschützt werden.
3. Zielgerichtete Hilfe für besondere Gruppen
Berlin braucht mehr barrierefreie und altersgerechte Wohnungen. Auch Wohnheime für Studierende sowie Schutzräume für Frauen in Notlagen müssen gezielt ausgebaut werden. Der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit darf kein Papiertiger bleiben – er muss mit konkreten Maßnahmen hinterlegt und konsequent umgesetzt werden. Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD sich das Ziel gesetzt, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden, die sozialen Wohnhilfen zu stärken und das geschützte Marktsegment auf 2.500 Wohnungen auszuweiten.
Eine soziale Wohnungspolitik muss sich konsequent an den Bedürfnissen der Menschen orientieren – nicht an den Profitinteressen des Marktes. Nur so kann Berlin langfristig eine lebenswerte und gerechte Stadt für alle bleiben.
Was können Sie tun?
Die Wohnungsfrage geht uns alle an – und jede Stimme zählt. Engagieren Sie sich in Ihrer Nachbarschaft, schließen Sie sich Mieter:innengemeinschaften und Nachbarschaftsinitiativen an oder werden Sie aktiv beim Berliner Mieterverein. Fordern Sie von der Politik konkrete Lösungen: für dauerhaft bezahlbare Mieten, mehr sozialen Wohnungsbau und einen starken Mieter:innenschutz. Und bleiben Sie informiert – der Wohnraumbedarfsbericht 2025 zeigt unmissverständlich: Es muss sich etwas ändern. Und zwar jetzt.
sk, fs
Auf der Seite der Senatsverwaltung Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen steht der aktuelle Wohnraumbedarfsbericht 2025 als pdf Download bereit.
22.05.2025