Die wohnungspolitische Bilanz der Ampelkoalition ist ernüchternd. Zentrale Vorhaben des Koalitionsvertrags von 2021 wurden nicht umgesetzt. Deutschland steckt in einer Wohnungskrise, die sich durch angespannte Wohnungsmärkte, hohe Mieten, steigende Nebenkosten und drohende Verdrängung sowie Wohnungslosigkeit verschärft. Nach dem Scheitern der Koalition aus SPD, Grünen und FDP steht die Wohnungspolitik vor einem dringend nötigen Kurswechsel. Wir rufen unsere Mitglieder zur Wahl am 23. Februar 2025 auf.
Nur noch wenige Wochen bleiben bis zur Bundestagswahl, die Wahlplakate hängen bereits. Organisationen wie der Berliner Mieterverein (BMV) analysieren regelmäßig Wahlprogramme und befragen Parteien, um Mitgliedern einen Überblick zu geben, welche Maßnahmen die zur Wahl stehenden Parteien planen, sofern sie in Regierungsverantwortung kommen. Auch zur kommenden Bundestagswahl hat der BMV Forderungen aufgestellt und prüft die Wahlprogramme der Parteien. Vorstand und Geschäftsführung des BMV haben beschlossen, Parteien mit menschenfeindlichen, diskriminierenden und antidemokratischen Positionen keine Plattform zu geben. Daher berücksichtigen wir die Positionen der AfD nicht.
Im Folgenden präsentieren wir die wichtigsten Forderungen des BMV. Zum Redaktionsschluss unseres Januar-Newsletters lagen einige Wahlprogramme noch nicht vor. Die Positionen der Parteien zu unseren Forderungen sowie eine Übersicht der Wahlprüfsteine des Deutschen Mieterbunds finden Sie daher in einem Sonder-Newsletter zur Wahl Anfang Februar.
1. Wirksame Mietpreisregulierungen
In angespannten Wohnungsmärkten steigen die Mieten unkontrolliert. Das belastet die Haushalte, führt zu sozialen Spannungen und verdrängt Mieter:innen. Eine Expertise des Paritätischen Gesamtverbands zeigt: Berücksichtigt man die Wohnkosten, steigt die Armutsgefährdung um 5,4 Millionen Menschen. Insgesamt sind damit rund 21 Millionen Menschen betroffen. Die stetig steigenden Wohnkosten haben die soziale Ungleichheit weiter verschärft. Geplante Maßnahmen im Mietrecht, wie die Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in angespannten Wohnungsmärkten von 15 auf 11 Prozent innerhalb von drei Jahren und die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029, hat die amtierende Bundesregierung nicht umgesetzt. Die Mietpreisbremse läuft nun spätestens Ende 2025 aus.
Auch das Verbot von Mietwucher nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz ist kaum durchsetzbar, da Mieter:innen die Anspannung des Wohnungsmarkts selbst nachweisen müssen. Verstöße gegen die Mietpreisbremse und Fälle von Mietwucher betreffen inzwischen tausende Haushalte in Berlin.
Unsere Forderungen:
- Die Bundesländer sollen per Länderöffnungsklausel die Möglichkeit erhalten, einen Mietendeckel einzuführen. Alternativ müssen die Regelungen zur Mietpreisbremse entfristet und erweitert werden.
- Verstöße gegen die Mietpreisbremse müssen sanktioniert, Ausnahmen gestrichen und Möblierungszuschläge klar definiert werden.
- Lokale Behörden sollen verpflichtet werden, die Einhaltung der Mietpreisbremse und Verstöße gegen Mietwucher nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz wirksam zu kontrollieren und etwaige Ansprüche von Mieter:innen sowie Sanktionen durchzusetzen.
2. Bodenpreisdeckel
Die stark gestiegenen Bodenpreise erschweren den Bau bezahlbarer Wohnungen erheblich. Bodenpreise machen oftmals einen wesentlichen Anteil an den Gesamtbaukosten aus und verteuern die Mieten. Der Marktmechanismus treibt die Bodenpreise vielerorts in schwindelerregende Höhen, was insbesondere den sozialen Wohnungsbau für gemeinwohlorientierte Bauträger:innen zunehmend unmöglich macht und die gesellschaftlichen Kosten in die Höhe treibt. Vor dem Hintergrund gestiegener Bau- und Kapitalkosten ist ein Bodenpreisdeckel die politische Antwort, um die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau zu verbessern und zugleich die Spekulation mit Immobilien und Grundstücken einzudämmen.
Unsere Forderungen:
- Es braucht eine gesetzliche Obergrenze für Bodenpreise, um die Grundstückswerte an deren sozialen Ertrag zu koppeln und es Gemeinden zu ermöglichen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
- Der Bund soll seine Liegenschaften stark vergünstigt an die Bundesländer für den Wohnungsneubau abgeben, um sozialen Wohnungsbau durch gemeinwohlorientierte Träger:innen zu fördern.
3. Sozialer Wohnungsbau
Die Bundesregierung hat ihre Ziele im sozialen Wohnungsbau klar verfehlt. Statt der angestrebten 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr wurden 2022 und 2023 jeweils weniger als 25.000 fertiggestellt. Dadurch schrumpft die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland weiter: Ende 2023 gab es bundesweit nur noch 1,072 Millionen solcher Wohnungen – rund 15.300 weniger als im Vorjahr. Obwohl der Bund seine Ausgaben von 1 Milliarde auf zuletzt 3,15 Milliarden Euro pro Jahr erhöht hat, reichen diese Mittel nicht aus, um die ursprünglichen Ziele zu erreichen.
Unsere Forderungen:
- Wir brauchen eine Priorisierung des sozialen Wohnungsbaus aus sozialen und ökologischen Gründen.
- Die Wohnraumknappheit trifft vor allem Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen – gezielte Maßnahmen sind erforderlich, um bestehende Sozialwohnungen langfristig zu sichern.
- Wohnungsmarktteilnehmende sind zu verbindlichen Sozialwohnungsquoten zu verpflichten, um das Angebot dauerhaft zu erhöhen.
4. Milieuschutz und gemeindliches Vorkaufsrecht
Profitorientierte Akteur:innen und Spekulation mit Wohnraum dominieren die städtischen Wohnungsmärkte, während der Mieter:innenschutz zunehmend erodiert. Länder, Kommunen und Bezirke haben nur noch wenige Mittel, um Mieter:innen in angespannten Gebieten zu schützen. Daher muss das Instrument der sozialen Erhaltungssatzung (§ 172 BauGB; ugs. Milieuschutzgebiet) gestärkt werden.
Das im November 2021 durch den Bundesgerichtshof stark eingeschränkte gemeindliche Vorkaufsrecht muss wieder auf alle Wohngebäude in den betroffenen Gebieten anwendbar sein. Zudem braucht es eine rechtssichere Regelung zur Preislimitierung für Wohngebäude und Grundstücke. Der Vorkaufswert einer Immobilie soll sich grundsätzlich an dem zu erwartenden sozialen Ertrag orientieren, damit Bezirke und Kommunen Wohngebäude und Grundstücke zu fairen Preisen (re-)kommunalisieren können.
Obwohl besonders in innerstädtischen Bereichen Flächen knapp sind, bleiben zahlreiche Baugrundstücke privater Eigentümer:innen ungenutzt. Der 2021 eingeführte sektorale Bebauungsplan für den unbeplanten Innenbereich (§ 246 BauGB) hat in einigen Städten bereits Wirkung gezeigt. Allerdings hat die Befristung des Aufstellungsbeschlusses bis Ende 2024 verhindert, dass das Instrument sein Potenzial entfalten konnte.
Unsere Forderungen:
- Das gemeindliche Vorkaufsrecht muss wieder umfassend anwendbar sein, vor allem in sozialen Erhaltungsgebieten. Darüber hinaus ist das preislimitierte Vorkaufsrecht rechtssicher zu regeln. Maßgeblich für die Ausübung zugunsten gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen soll die Orientierung am sozialen Ertrag sein.
- Milieuschutzgebiete sind durch Mietobergrenzen und eine strengere Marktüberwachung zu ergänzen.
- Die Verstetigung und Erweiterung des sektoralen Bebauungsplans (§ 34 BauGB) soll Kommunen und Bezirken einen besseren Zugriff auf ungenutzte Grundstücke ermöglichen, um diese für den bezahlbaren Wohnungsbau zu nutzen.
5. Klimaschutz im Gebäudebereich
Der Gebäudesektor gehört zu den größten CO2-Verursachern in Deutschland. Dennoch stocken energetische Sanierungen aufgrund hoher Kosten, komplexer Planungsprozesse und fehlender politischer Priorisierung. Eigentümer:innen beklagen unzureichende Planungssicherheit durch häufig wechselnde Gesetzeslagen und Förderbestimmungen. Gleichzeitig tragen fast ausschließlich Mieter:innen die Kosten über die gesetzlich geregelte Modernisierungsumlage (§ 559 BGB) – eine Schieflage, die soziale Spannungen verschärft.
Unsere Forderungen:
- Immobilieneigentümer:innen sind ordnungsrechtlich zu verpflichten, Gebäude instand zu halten und energetisch zu ertüchtigen. Zugleich ist die Modernisierungsumlage nach § 559 BGB auf maximal 1 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen, um Mieter:innen vor übermäßigen finanziellen Belastungen zu schützen.
- Der Staat muss langfristig verbindliche und umfassende Förderprogramme für Vermieter:innen bereitstellen. Der Bund soll mindestens ein Drittel der Kosten für die energetische Ertüchtigung von Gebäuden tragen, da Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
- Die Mieter:innenbeteiligung an Sanierungsvorhaben muss sichergestellt werden. Die Inanspruchnahme der staatlichen Fördermittel soll verpflichtend sein und ist an entsprechende Sozialwohnungsquoten zu koppeln.
6. Neue Wohngemeinnützigkeit
Die 2024 eingeführte Neue Wohngemeinnützigkeit (NWG) markiert einen ersten Schritt, um den Wohnungsbau stärker auf soziale und nachhaltige Ziele auszurichten. Sie gewährt gemeinnützigen Akteur:innen steuerliche Vorteile und stärkt ihre Rolle beim Bau bezahlbarer Wohnungen sowie im Kampf gegen steigende Mieten.
Allerdings fehlt der NWG die finanzielle Unterfütterung, wodurch ihre Wirksamkeit erheblich eingeschränkt bleibt. Ohne ausreichende Förderung können gemeinnützige Akteur:innen ihre Potenziale kaum ausschöpfen, da sie weiterhin mit profitorientierten Marktteilnehmenden um knappe Ressourcen konkurrieren oder das Planungsrisiko bei der Investition durch Eigenkapital zu hoch ist, etwa bei Genossenschaften. Nur eine umfassende finanzielle Ausstattung kann die NWG zu einer starken Investitionssäule für bezahlbaren Wohnraum machen.
Unsere Forderungen:
- Verbindliche Förderprogramme und klare rechtliche Rahmenbedingungen müssen die NWG ergänzen, um den Neubau und Erhalt von bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen.
- Gemeinnützige Akteure brauchen bessere Finanzierungsbedingungen, um im Wettbewerb mit profitorientierten Marktakteuren bestehen zu können
Die NWG muss zu einem zentralen Bestandteil einer langfristigen, sozialen und ökologischen Wohnraumstrategie weiterentwicket werden.
7. Mietrechtsreformen
Die aktuellen Mietrechtsregelungen ermöglichen Missbrauch durch vorgetäuschten Eigenbedarf, Index- und Staffelmieten, fehlerhafte Mietsteigerungen sowie Mietwucher. Zudem fehlt ein wirksamer Schutz bei Kündigungen trotz beglichener Mietrückstände.
Seit 2017 häufen sich in der Beratungspraxis des Berliner Mietervereins Fälle, in denen Vermieter:innen bei Mietrückständen neben der fristlosen hilfsweise auch die ordentliche Kündigung aussprechen. Während eine fristlose Kündigung gemäß § 569 Absatz 3 BGB durch eine Schonfristzahlung geheilt werden kann, bleibt eine ordentliche Kündigung bestehen. Dies hat dazu geführt, dass zahlreiche Miethaushalte Räumungsklagen ausgesetzt waren und bundesweit tausende Zwangsräumungen durch lokale Behörden vollstreckt wurden.
Im Berliner Mieterverein haben wir allein in den vergangenen drei Jahren knapp 6.000 Fälle wegen Eigenbedarfskündigungen beraten, und die Mitgliederanfragen reißen nicht ab. Mit der Kündigung wegen Eigenbedarf sind meist existenzielle Sorgen und Nöte verbunden, denn eine vergleichbare Wohnung in Berlin zu finden, ist fast unmöglich. In zahlreichen Fällen kann ein vorgeschobener Eigenbedarf durch Anwält:innen oder die Gerichte identifiziert werden; auffällig ist auch die Häufung von Eigenbedarfskündigungen, wenn Mieter:innen in der Auseinandersetzung mit ihrem Vermietenden und der zu leistenden Miete stehen.
Index- und Staffelmieten entfalten in Zeiten hoher Inflation eine erhebliche Belastung für private Miethaushalte. Darüber hinaus wirken sie sich auf das regionale und städtische Mietniveau aus, weil sie als jährliche, teils erhebliche Mieterhöhungen in den Mietspiegel einfließen. In Berlin wurden seit 2022 schätzungsweise mehr als die Hälfte aller neuen Mietverträge als Indexmietverhältnisse abgeschlossen.
Unsere Forderungen:
- Eigenbedarfskündigungen sind auf einen eng definierten berechtigten Personenkreis zu beschränken.
- Index- und Staffelmieten müssen abgeschafft werden, da sie unkalkulierbare Belastungen für Mieter:innen und die ortsübliche Vergleichsmiete darstellen.
- Kündigungen aufgrund von Mietrückständen sollen generell als geheilt gelten, wenn die Mietschulden beglichen sind.
8. Regulierung von Kurzzeitvermietungen
Die Zweckentfremdung von Wohnraum durch Ferienwohnungen und Kurzzeitvermietungen verschärft die Wohnraumknappheit in ohnehin angespannten Wohnungsmärkten erheblich. Darüber hinaus dienen Kurzzeit- und Co-Living-Vermietungen der Umgehung von mietrechtlichen Regelungen. So gilt bei Kurzzeitvermietungen die Mietpreisbremse nicht beziehungsweise ist deren Durchsetzung bei möbliertem Wohnraum fast unmöglich. In Berlin waren 2023 ein Drittel aller Wohnungsangebote möblierte Kurzzeitvermietungen – mit durchschnittlich 45 Prozent höheren Mietpreisen als vergleichbare reguläre Wohnungen.
Unsere Forderungen:
- Die EU-Richtlinie zur Regulierung von Ferienwohnungen ist zeitnah in nationales Recht umzusetzen.
- Ein bundesweites Zweckentfremdungsverbot muss konsequent mit Sanktionen unterlegt werden, um Wohnraum dauerhaft für die Wohnbevölkerung zu sichern.
- Städte mit angespannten Wohnungsmärkten sollen bessere Regulierungsinstrumente für Kurzzeitvermietungen und möblierte Mietwohnungen erhalten.
9. Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
Seit 2012 wurden in Berlin knapp 160.000 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Mit dem Umwandlungsverbot nach § 250 BauGB und der Berliner Rechtsverordnung zur Ausweisung angespannter Wohnungsmärkte nach § 201 BauGB ließ sich diese Entwicklung weitgehend stoppen.
Für Kapitalanleger:innen stellt die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ein profitables Geschäft dar. Der überwiegende Teil der umgewandelten Wohnungen bleibt vermietet und wird nicht selbst bewohnt. Die Wohnungen dienen häufig nur als Kapitalanlage oder Altersvorsorge für wohlhabende Einkommensschichten. Doch der Großteil der privaten Haushalte in Berlin und den meisten anderen Großstädten wird auch künftig nicht in der Lage sein, eine Eigentumswohnung zu erwerben.
Die amtierende Bundesregierung plante mit der Novelle des BauGB eine Verlängerung des Umwandlungsverbots bis Ende 2027. Nach der ersten Lesung im Bundestag am 11. November 2024 ist jedoch zu erwarten, dass in den verbleibenden Sitzungswochen keine weitere Beratung zur BauGB-Novelle mehr stattfinden wird. Die Verlängerung bleibt daher ungewiss.
Unsere Forderung:
- Das Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen (§ 250 BauGB) soll über 2025 hinaus entfristet werden.
- Bestehende Mietwohnungen müssen dauerhaft Mietwohnungen bleiben.
10. Konkrete Maßnahmen gegen Wohnungslosigkeit
Wohnungslosigkeit ist ein wachsendes Problem, das durch fehlende präventive Maßnahmen, die Wohnraumknappheit bei Sozialwohnungen sowie unzureichenden Mietrechtsregelungen verschärft wird. Laut Statistischem Bundesamt sind 439.500 Menschen in Deutschland in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe untergebracht. Schätzungen zufolge sind weitere 50.000 Menschen obdachlos. Im April 2024 verabschiedete die aktuelle Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit. Dieser sieht eine konsequente Bekämpfung von Wohnungslosigkeit innerhalb von sechs Jahren vor. Mietervereine, Sozialverbände und die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe kritisieren jedoch, dass der Plan keine innovativen und konkreten Maßnahmen enthält.
Unsere Forderungen:
- Der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit muss mit konkreten Maßnahmen unterlegt und konsequent umgesetzt werden, um die Zahl der Betroffenen nachhaltig zu senken.
- Mietrechtliche Schutzmaßnahmen müssen ausgebaut werden, um den Wohnungsverlust zu verhindern und preisgünstige Wohnungen zu erhalten.
11. Fernwärme und Contracting
Die jahrelange Verzögerung bei der Novellierung der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) ist äußerst problematisch. Der jüngste Entwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium stieß bei Energieversorgungsunternehmen und ihren Verbänden auf Ablehnung. Mieter:innen leiden weiterhin unter hohen Heizkosten, die durch das Ausnutzen rechtlicher Schlupflöcher von Vermietenden und Versorgungsunternehmen entstehen. Gleichzeitig fehlen wirksame Mittel, um fehlerhafte Abrechnungen oder nachteilige Wärmelieferverträge anzufechten. Die Reform der AVBFernwärmeV ist angesichts der prekären Situation dringend nötig, um künftige Preisexplosionen in der Wärmeversorgung zu verhindern. In Berlin mussten rund 4.000 Haushalte landeseigener Wohnungsunternehmen Nachzahlungen von über 1.500 Euro für das Abrechnungsjahr 2022 leisten. Bei privatwirtschaftlichen Anbieter:innen traf es schätzungsweise mindestens 5.000 Haushalte, von denen viele an ihre finanziellen Grenzen stießen oder sogar in existenzielle Not gerieten. Die AVBFernwärmeV ist zudem eine bedeutender Regelungsrahmen für die sozial-ökologische Wärmewende.
Unsere Forderungen:
- Es braucht eine staatliche Preiskontrolle, ergänzt durch eine erweiterte Aufsicht der Bundesnetzagentur. Preisänderungen sollen auf höchstens 10 Prozent innerhalb von fünf Jahren begrenzt werden. Statt Börsenpreisindizes sollen langfristige Durchschnittskosten der Energiebeschaffung als Grundlage dienen.
- Für das Wärmecontracting muss das Wirtschaftlichkeitsgebot verbindlich und verbraucherfreundlich festgelegt und an nachweisbare Investitionen in Energieeffizienz gebunden werden. Verstöße sollen durch die staatliche Preiskontrolle geahndet werden.
12. Share Deals und Grunderwerbsteuer
Beim Immobilienkauf fällt normalerweise für den/die Erwerber:in die Grunderwerbsteuer an. Diese Steuerpflicht umgehen Erwerber:innen jedoch oft, wenn sie statt der Immobilie lediglich Geschäftsanteile eines Unternehmens erwerben, das die Immobilie besitzt – ein sogenannter „Share Deal“. Die Reform von 2021, die den Schwellenwert für eine Steuerbefreiung von 95 auf 90 Prozent der Unternehmensanteile senkte, erweist sich als unzureichend. Es ist nicht hinnehmbar, dass etwa private Käufer:innen eines Eigenheims stets Grunderwerbsteuer zahlen müssen, während die Übertragung von großen Gewerbeimmobilien oder umfangreichen Wohnungsbeständen fast immer unter Umgehung der Grunderwerbsteuer gestaltet wird. Diese Ungleichbehandlung führt zu erheblichen Steuermindereinnahmen für die Länderhaushalte. Schätzungen beziffern den jährlichen Steuerverlust auf rund eine Milliarde Euro.
Unsere Forderungen:
- Share Deals müssen stärker eingeschränkt werden. Die Grunderwerbsteuer soll nicht erst ab 90 Prozent, sondern bereits bei einer Beteiligungsschwelle von 50 bis 75 Prozent fällig werden.
- Steuerliche Vorteile für Investor:innen sollen abgeschafft werden.
13. Grundsteuer
Die Grundsteuerreform gilt ab 2025. Die genauen Auswirkungen der neuen Grundsteuer sind derzeit schwer abzuschätzen. Sicher ist jedoch: Mietende werden die Grundsteuer weiterhin über die Betriebskosten tragen, da sie nach wie vor zu den umlagefähigen Betriebskosten zählt.
Dies stellt eine Ungleichbehandlung dar. Die Grundsteuer richtet sich nach dem unvergänglichen Wert des Grundstücks und nicht nach dessen Nutzung. Sie ist somit eine persönliche Steuerschuld der Eigentümer:innen und sollte nicht auf Mieter:innen abgewälzt werden.
Unsere Forderung:
- Die Grundsteuer ist aus dem Katalog der umlegbaren Betriebskosten zu streichen, damit Mieter:innen nicht länger für die persönliche Steuerschuld der Eigentümer:innen aufkommen müssen.
Januar 2025, fs
22.01.2025