1. Erleidet eine Mieterin durch Kontakt mit schon zu Mietbeginn in der Wohnung vorhandenen künstlichen Mineralfasern allergische Reaktionen, die zwar ihren Auswirkungen nach nicht mit einem anaphylaktischen Schock mit Atemnot zu vergleichen, aber prinzipiell unbeherrschbar sind und zu Anschwellungen an Gesicht und Körper führen, kann ein Schmerzensgeld von 1000 Euro angemessen sein. Macht die Mieterin geltend, sie sei durch den Kontakt mit den Schadstoffen und die Vorenthaltung der Wohnung auch psychisch betroffen, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Einholung eines Sachverständigengutachtens, um ihrer weiter gehenden Schmerzensgeldforderung nachzugehen. Vielmehr bedarf es der Vorlage eines ausführlichen ärztlichen Attests, um eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert hinreichend substantiiert darzulegen.
2. Kann die Mieterin keine signifikant über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefahr aufzeigen, dass sie auf Grund der Schadstoffbelastung der Wohnung zukünftig in physischer oder psychischer Hinsicht erkranken werde, so ist ihre auf Feststellung der Ersatzpflicht des Vermieters für zukünftige immaterielle Schäden gerichtete Klage unzulässig.
LG Berlin vom 18.5.2022 – 64 S 249/20 –,
mitgeteilt von VRiLG Jörg Tegeder
Urteilstext
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Belastung der ihr vermieteten Wohnung mit Schadstoffen und ihrer seit Juli 2018 andauernder Unbewohnbarkeit auf den Ausgleich materieller und immaterieller Schäden in Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Entscheidung gestellten Anträge wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, das der Klägerin am 31. Juli 2020 zugestellt worden ist. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die Wohnung einschließlich des Mobiliars und Inventars der Klägerin von lungengängigen künstlichen Mineralfasern sowie von Schimmelpilzbefall und Schimmelsporen zu befreien und dies jeweils durch Prüfberichte nachzuweisen. Es hat ferner entschieden, dass die Miete für die Wohnung im Zeitraum seit 2. Juli 2018 bis zur Wiederherstellung der Wohnung auf 0 € gemindert sei und die Beklagte entsprechend zur Rückzahlung der seit 2. Juli 2018 vereinnahmten Miete verurteilt. Die Klägerin hat die Beklagte darüber hinaus auf Erstattung von Fahrt-, Transport- und Mietkosten in Anspruch genommen, die ihr im Zeitraum 2. Juli 2018 bis Juni 2020 durch ihr Ausweichen auf Ersatzunterkünfte entstanden. Insoweit hat das Amtsgericht die Klage unter Hinweis auf die gewährte Mietminderung abgewiesen; die Klägerin müsse sich die ersparte Miete anrechnen lassen, hinter der die Kosten ihrer Ersatzunterbringung aber deutlich zurückblieben. Kosten für Taxifahrten könne die Klägerin nicht ersetzt verlangen, da nicht ersichtlich sei, dass diese durch die Nichtbenutzbarkeit der Wohnung entstanden seien. Entsprechendes gelte für die dargelegten Kosten ihrer Verpflegung; die Klägerin habe nicht schlüssig dargetan, dass es sich um Mehrkosten handele, die ihr im Falle der Gewährung des vertragsgemäßen Mietgebrauchs nicht angefallen wären. Aufwände für neues Bettzeug und neue Schließzylinder, die die Klägerin zur Nutzung einer möblierten Wohnung angeschafft habe, müsse die Beklagte ebenfalls nicht erstatten.
Das Amtsgericht hat der Klägerin ferner Ersatz der vorgerichtlich für Sachverständige, Atteste und Schimmeltest aufgewandten Beträge zugesprochen, mit Ausnahme der Kosten für das im März 2019 in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen Schooo in Höhe von 1.338,00 €. Die Kontamination mit Schimmelpilzsporen habe zu diesem Zeitpunkt bereits auf Grund des ersten Gutachtens festgestanden, sodass es des weiteren Gutachtens nicht mehr bedurft habe. Auch Ersatz der Aufwände für Schutzkleidung von 435,02 € könne der Klägerin auf Basis eines Konvoluts unkommentierter Kassenzettel nicht zugesprochen werden. Soweit die Klägerin insgesamt 3.650,40 € für Fensterschlösser, ein Stangenschloss und Überwachungskameras aufgewandt habe, um die Wohnung im Hinblick auf das Baugerüst und die Sanierungsmaßnahmen zusätzlich zu sichern, bewegte sich dies jenseits jeder Angemessenheit; die Beklagte müsse nach § 555a Abs. 3 BGB nicht für ein offensichtlich gesteigertes Sicherheitsbedürfnis der Klägerin einstehen.
Der Klägerin stehe schließlich wegen der durch ärztliche Atteste nachgewiesenen Gesundheitsschäden, die sie durch den Kontakt mit der kontaminierten Raumluft erlitten habe, gemäß § 253 Abs. 2 BGB Schmerzensgeld zu, jedoch nur 500,00 € und nicht in Höhe von 5.000,00 €. Die Klägerin habe die Wohnung unmittelbar nach Beginn der Sanierungsarbeiten bereits am 2. Juli 2018 verlassen und sie seitdem nur noch selten unter Verwendung von Schutzanzug und Atemmaske aufgesucht, sodass die Beklagte über die nachgewiesene allergische Reaktion und Beeinträchtigung hinaus keine schwerwiegenden nachhaltigen Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten habe; auch psychisch vermittelte Folgewirkungen des Geschehens seien nicht festzustellen.
Mit der am 28. August 2020 eingelegten Berufung, die sie nach entsprechender mit Zustimmung der Beklagten erfolgten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 30. November 2020 begründet hat, verfolgt die Klägerin den überwiegenden Teil der erhobenen Ansprüche fort, soweit das Amtsgericht die Klage abgewiesen hat.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe bei Abschluss des Mietvertrages um den unzureichend behandelten alten Schimmelbefall wie auch um die geplante umfangreiche Sanierung des Daches gewusst. Habe sie die Kontamination zurechenbar verschuldet, so müsse sie in voller Höhe für die Kosten der deswegen notwendigen Ersatzunterbringung der Klägerin einstehen. Ersparte Mietaufwände müsse ein Mieter sich nicht anrechnen lassen, wenn der Vermieter die Gebrauchsuntauglichkeit der Mietsache verschuldet habe. Jedenfalls seien die von der Klägerin genutzten Ersatzunterkünfte – ein Hotelzimmer und eine 60 m² große möblierte Einzimmerwohnung – mit der loftartigen Dachgeschosswohnung nicht annähernd vergleichbar; dem deutlich geringeren Wohnstandard und Nutzen dürfe nicht die volle eingesparte Miete gegenübergestellt werden, sondern eher ein Mietanteil von 15 % (Hotelzimmer) oder von 40 % (Einzimmerwohnung). Die erzwungene Hotelunterkunft oder die Unterbringung in einer Einzimmerwohnung stellten schlicht kein Äquivalent für die angemietete Wohnung dar, sodass die Beklagte unbillig begünstigt werde, indem das Gericht die durch Minderung ersparte Miete gegenrechne. Zu berücksichtigen sei dabei nämlich auch, dass die Klägerin ihre Möbel und ihren sonstigen Hausstand einschließlich ihres zum kreativen Arbeiten benötigten Klaviers seit Jahren nicht nutzen könne, auch weil die Beklagte immer noch nicht ihrer Pflicht zur fachgerechten Reinigung der Sachen nachgekommen sei. Die Anrechnung der ersparten Miete laufe auf eine unbillige Benachteiligung und ein Sonderopfer der Klägerin hinaus, die im Interesse der Schadensminderung auf äußerst günstige Ersatzunterkünfte ausgewichen sei, statt sich zum Vielfachen der vereinbarten Miete dem eigentlich geschuldeten Standard entsprechenden Ersatzwohnraum zu verschaffen. An Hotelkosten, für die Mitnutzung der Wohnung in Sooo und für die Einzimmerwohnung Kooostraße habe die Klägerin im Zeitraum 2. Juli 2018 bis 30. Juni 2020 insgesamt 18.368,56 € sowie Fahrt- und Taxikosten von 6.342,40 € aufgewandt. Hinzu kämen die Transport- und Unterbringungskosten für Pflanzen von 320,00 € sowie weitere 3.680,00 € für die Einzimmerwohnung Kooostraße im Zeitraum Juli bis Oktober 2020. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Aufwand von zunächst „überschlägig etwa 60 % der vereinbarten Miete“ allein der Beklagten zum Vorteil gereichen solle; vielmehr liege ein übermäßiger Verzicht der Klägerin vor, der nach einer Entscheidung des OLG Hamm (vgl. Urt. v. 02.03.1993 – 28 U 16/92 -, Rn. 14, zitiert nach juris) nach Billigkeit zu einem Ausschluss der Berücksichtigung ersparter Mietaufwendungen führe. In diese Richtung weise auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Entziehung des Nutzens einer Eigentumswohnung zu einem Vermögensschaden führe. Schließlich müsse ein Mieter auch nach der Rechtsprechung der Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin grundsätzlich weder für die wegen Sanierungsarbeiten unbenutzbare Wohnung noch für die ihm überlassene Ersatzunterkunft eine Miete zahlen (vgl. LG Berlin – 67 S 336/20 -, Urt. v. 25.03.2021, zitiert nach juris).
Zu erstatten seien auch die durch die eingeführten Belege hinreichend nachgewiesenen Verpflegungskosten von 3.066,90 €, die selbstverständlich nicht angefallen wären, wenn die Klägerin wie üblich in eigener Küche für sich gekocht sowie Frühstück und Abendessen zubereitet hätte. Natürlich hätte die Klägerin eine nach ihren Vorstellungen ausgestattete Küche in die Wohnung einbauen lassen, habe sich jedoch veranlasst gesehen, zunächst die 16 Tage nach ihrem Einzug am 16. März 2018 angekündigten Sanierungsarbeiten abzuwarten.
Neues Bettzeug für 360,36 € müsse die Beklagte bezahlen, da die Klägerin wegen der verschuldeten Kontamination nicht mehr ihr eigenes Bettzeug habe benutzen können; der Klägerin sei wegen ihrer Allergien auch nicht zuzumuten, die womöglich in der möblierten Ersatzwohnung vorhandene Bettwäsche zu nutzen, zumal diese vielleicht bereits benutzt und nicht hygienisch sei. Die Beklagte müsse auch die Kosten für den Schließzylinder von 73,50 € und Schutzkleidung im Wert von 435,02 € erstatten; schließlich habe die Klägerin die Wohnung nicht mehr ohne Schutzkleidung, bestehend unter anderem aus Einwegoveralls, Handschuhen, Schutzbrillen, Staubmasken und Schuhüberziehern, betreten können, und die Schutzkleidung habe auch nicht mehrfach genutzt werden können. Die Klägerin habe die Wohnung im Zeitraum Juli bis November 2018 zweimal zur Entnahme von Proben aufsuchen müssen. Daneben habe es am 20. September 2018 und am 6. Dezember 2018 Ortstermine mit der Beklagten oder von dieser beauftragten Dritten gegeben. Am 21. März 2019 habe die Klägerin eine weitere Probe entnehmen müssen. Auch im Übrigen und auch nach dem erstinstanzlichen Urteil habe die Klägerin die Wohnung mehrfach aufsuchen müssen, zumal sich dort zunächst auch alle ihre Sache befunden hätten.
Neben den vom Amtsgericht vermutlich bloß übersehenen 166,60 € für die Expertise der Kooo AG müsse die Beklagte auch die Kosten des Gutachtens Schooo in Höhe von 1.338,00 € erstatten, welches ausschließlich dem Nachweis von Schimmelsporen in der Wohnungsluft gedient habe. Dieses Gutachten habe die Klägerin für erforderlich halten dürfen, nachdem die Beklagte zwar die Schimmelbeseitigung zugesagt, eine Schadstoffbelastung der Wohnungsluft aber gerade in Abrede gestellt und die Wohnung als uneingeschränkt bewohnbar bezeichnet habe. Die Entscheidung des Amtsgerichts sei auch deswegen unverständlich, weil es seine Entscheidung zur Mietminderung und zur Dekontaminierung von Wohnung und Inventar ausdrücklich auf das Gutachten Schooo gestützt habe.
Nach § 555a Abs. 3 BGB müsse die Beklagte 3.650,40 € für Fensterschlösser, ein Stangenschloss und Überwachungskameras erstatten. Diese Sicherungsmaßnahmen seien erforderlich gewesen, da sich die Einbruchsgefahr durch die Aufstellung des Baugerüsts und die unmittelbar auf dem Dach stattfindenden Bauarbeiten deutlich erhöht habe. Tatsächlich habe in der Nachbarwohnung im Dachgeschoss ein Einbruchsdiebstahl stattgefunden, woraufhin die Beklagte in mehreren Wohnungen die Wohnungstüren zusätzlich habe sichern lassen.
Das seitens des Amtsgerichts zuerkannte Schmerzensgeld von 500,00 € sei offensichtlich unzureichend, zumal die Klägerin befürchten müsse, lungengängige künstliche Mineralfasern inhaliert zu haben. Auch mögliche Langzeitfolgen für die Stimme der Klägerin, mit deren Hilfe sie ihre beruflichen Einkünfte erziele, seien nicht absehbar. Darin und in der seit drei Jahren andauernden Einschränkung der Lebensführung in geringwertigen Ersatzunterkünften liege eine nicht zu verachtende psychische Belastung; die Klägerin habe wegen dieser Belastung bereits Projekte nicht fortführen können. Die Klägerin könne auch nicht darauf verwiesen werden, ihre psychische Belastung zu minimieren, indem sie höherwertige Ersatzwohnungen anmiete.
Da nicht auszuschließen sei, dass der Klägerin durch die Schadstoffbelastung der Wohnung zukünftig weitere materielle oder immaterielle Schäden entstünden, sei auch dem Feststellungsantrag stattzugeben. Dies betreffe namentlich auch das in die Wohnung eingebrachte und nun ebenfalls kontaminierte Inventar der Klägerin, zu dessen fachgerechter Reinigung die Beklagte verurteilt worden sei; schließlich sei denkbar, dass einzelne Möbel- oder Inventarstücke nicht mehr gereinigt werden könnten und entsorgt werden müssten. Tatsächlich sei am 1. Dezember 2020 schon eine acht Seiten lange Liste von ersatzlos entsorgten Gegenständen gefertigt worden, ohne dass die Klägerin bisher eine Entschädigung erhalten habe.
Die Klägerin beantragt,
das am 28. Juli 2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 206 C 146/19 -teilweise zu ändern und
1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 34.031,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein weiteres ins Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, jedoch in Höhe von mindestens 4.500,00 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. März 2020 zu zahlen;
3.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jede weitere Aufwendung / jeden weiteren Schaden, welche ihr durch die vorliegende Schadstoffbelastung mit lungengängigen künstlichen Mineralfasern und Schimmelpilzsporen der von der Klägerin innegehaltenen Wohnung mit Loftcharakter belegen im Haus ooo, ooo Berlin, Dachgeschoss ooo, bestehend aus zwei Zimmern ooo, entstehen, zu ersetzen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren immateriellen wie materiellen Schäden, die ihr aufgrund der vorliegenden Schadstoffbelastung mit lungengängigen künstlichen Mineralfasern und Schimmelpilzsporen, der Mangelfolgen und der Mangelbeseitigungsmaßnahmen der soeben bezeichneten Wohnung in Zukunft noch entstehen werden, zu ersetzen;
4.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 3.680,00 € (Mietzahlungen Wohnung Kooostraße von Juli bis Oktober 2020) nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass sie die Zahlungsklage in Höhe weiterer 166,60 € nebst Rechtshängigkeitszinsen (Expertise Kooo AG) anerkennt.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Kammer hat den Parteien mit Beschluss vom 16. August 2021 Hinweise erteilt und die Sache mit Beschluss vom 21. Februar 2022 auf den Einzelrichter übertragen. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht die durch vollständige Minderung ersparte Miete von 1.550,00 € je Monat zu Recht den für Ersatzunterkünfte, Reisen und Blumentransport aufgewandten Beträgen gegenüber gestellt habe. Die Klägerin habe überschlägig insgesamt etwa 60 % der vorgesehenen Mietkosten aufgewandt, aber nicht schlüssig dargetan, weniger als 60 % des vorgesehenen Nutzens gezogen zu haben, sodass ein ihr entstandener Schaden nicht feststellbar sei. Die Klägerin verlange zu Unrecht, dass die Beklagte sie von jeglichen Wohnkosten freistellen müsse. Soweit die Klägerin Schmerzensgeld wegen einer psychischen Erkrankung begehre, müsse sie zur hinreichend substantiierten Darlegung einer solchen Erkrankung zumindest ein ausführliches ärztliches Attest vorlegen. Die physischen Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form allergischer Reaktionen dürften allerdings ein Schmerzensgeld rechtfertigen, das über den bisher zuerkannten Betrag von 500,00 € hinausgehe.
II.
1.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.
2.
Die Berufung ist jedoch nur zu einem geringen Teil begründet, im Übrigen unbegründet, denn die anteilige Klageabweisung durch das Amtsgericht ist im Wesentlichen zu Recht erfolgt.
a) Ersatzunterkünfte, einschließlich Reisekosten und Blumentransport
(18.368,56 € + 6.342,40 € + 320,00 € = 25.030,96 € Antrag zu 1.; 3.680,00 € Antrag zu 4.)
Die Klägerin hat aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keinen Anspruch auf Erstattung der für Ersatzunterkünfte (einschließlich Reisekosten und Blumentransport) aufgewandten Beträge. Wie schon das Amtsgericht vermag auch die Kammer nicht nachzuvollziehen, dass es die Klägerin unangemessen belasten oder die Beklagte unbillig entlasten würde, den von der Klägerin aufgewandten Kosten für Ersatzunterkünfte – einschließlich der damit zusammen hängenden Reise- und Taxikosten sowie der Aufwände für den Transport und die Unterbringung einzelner Pflanzen in Kooo – die wegen der vollständigen Minderung ersparte Miete gegenüberzustellen. Unabhängig davon, ob die Klägerin diese Ansprüche von insgesamt 28.710,96 € für den Zeitraum 2. Juli 2018 bis 31. Oktober 2020 als Aufwendungsersatz nach § 555a Abs. 3 BGB oder – regelmäßig weitergehend – als Schadenersatz gemäß § 536a Abs. 1 BGB geltend macht, wäre es vielmehr unbillig und würde zu einer Überkompensation der Klägerin führen, sie auf Kosten der Beklagten von jeglichen Wohn-, Unterbringungs- und Reisekosten freizustellen, solange sie die Wohnung nicht bestimmungsgemäß nutzen kann. Das gälte wie bereits im Hinweisbeschluss vom 16. August 2021 ausgeführt sogar dann, wenn die Beklagte arglistig gehandelt hätte. Abweichendes folgt auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung der Zivilkammer 67 (vgl. LG Berlin – 67 S 336/20 -, Urt. v. 25.03.2021, zitiert nach juris), denn in jenem Fall ging es um die Frage, ob und in welcher Höhe ein Vermieter Miete für eine Ersatzwohnung verlangen kann, wenn die Parteien zwar den vorübergehenden Umzug des Mieters in die Ersatzwohnung und deren Überlassung vereinbaren, aber keine Absprache über eine Mietzahlung treffen.
Stand der Klägerin nach dem Mietvertrag der volle vertragsgemäße Nutzen der loftartigen Dachgeschosswohnung mit zwei Terrassen und rund 100 m² Wohnfläche zu, so hätte sie dafür im Gegenzug die volle vereinbarte Miete von 1.550,00 € monatlich, im Zeitraum Juli 2018 bis Oktober 2020 also insgesamt rund 43.400,00 € (28 x 1.550,00 €) aufwenden müssen. Wie bereits im Hinweisbeschluss vom 16. August 2021 ausgeführt, heben sich der vollständige Verlust dieses Nutzens und die vollständige Befreiung von der Pflicht zur Zahlung des Mietzinses zunächst gegenseitig auf; ein Vermögensschaden der Klägerin vor Anmietung einer Ersatzunterkunft ist nicht feststellbar, wird von der Klägerin jedenfalls nicht schlüssig dargelegt. Anders als im Falle einer vorenthaltenen Eigentumswohnung liegt ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegend insbesondere nicht im Verlust des Wohnungsnutzens, da gerade diesem ja die vereinbarte, hier aber ersparte Miete gegenüber steht. Ein zu ersetzender Vermögensschaden liegt auch nicht darin, dass die Klägerin während der Unzugänglichkeit der Wohnung ihre Möbel und ihr sonstiges Inventar nicht bestimmungsgemäß nutzen könne. Die ihr insoweit entgehenden Nutzungen sind vielmehr dadurch bedingt, dass die Reinigung der Gegenstände noch nicht abgeschlossen ist; insoweit vorstellbare (Verzugs-) Schadenersatzansprüche macht die Klägerin vorliegend nicht geltend.
Einen ihr entstandenen Vermögensschaden legt die Klägerin auch nicht schlüssig dar, indem sie rügt, der individuelle Nutzen der Ersatzunterkünfte bleibe deutlich hinter dem versprochenen Nutzen der Wohnung zurück. Wie im Hinweisbeschluss vom 16. August 2021 aufgezeigt, bleiben nämlich auch die von der Klägerin für Ersatzunterkünfte, Reisen, Transporte und Lagerkosten aufgewandten Beträge deutlich hinter der eingesparten Miete zurück. Ein Schadenersatzanspruch oder ein Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin würde voraussetzen, dass der Nutzen der Ersatzunterkünfte drastischer hinter dem vertragsgemäßen Nutzen der Wohnung zurückbliebe als die Aufwände für ihre Beschaffung hinter der vertragsgemäßen Miete. Dies lässt sich vorliegend aber nicht mit einer für die Verurteilung der Beklagten hinreichenden Sicherheit feststellen, wird von der Klägerin jedenfalls schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Ihre Mitteilung, der Nutzen des Hotelzimmers sei bloß mit 15 % des vertragsgemäßen Nutzens der Wohnung zu veranschlagen, stellt bloß auf eine grobe Schätzung der jeweiligen Flächen ab und ist durch weiteren Sachvortrag nicht unterlegt. Die Klägerin lässt außer Betracht, dass sowohl die Nutzung eines Hotelzimmers als auch die Mitnutzung einer Wohnung in Sooo einschließlich der damit verbundenen Reisetätigkeit gegenüber einer bloßen Wohnungsnutzung vielfältige Vor- und Nachteile mit sich bringen mag, die bei einer Gegenüberstellung des jeweils erzielbaren Nutzens berücksichtigt und bewertet werden müssen. Ebenso haltlos ist ihre ohne Bezugnahme beispielsweise auf Mietspiegel oder Wohnwertmerkmale in den Raum gestellte Angabe, der Nutzen der Einzimmerwohnung sei eher mit 40 % als mit 60 % des Nutzens der Vertragswohnung zu veranschlagen; würden insoweit bloß die jeweiligen Wohnflächen gegenüber gestellt, betrüge die Quote jedenfalls etwa 60 %.
Schließlich vermag die Kammer das Argument der Klägerin nicht nachzuvollziehen, ihr Aufwand von zunächst überschlägig etwa 60 % der vereinbarten Miete dürfe „nicht allein der Beklagten zum Vorteil gereichen.“ Wendet die Klägerin vorübergehend „bloß“ 60 % der vereinbarten Miete auf, so ist sie nicht beschwert, wenn sie vorübergehend nur entsprechend geringere Nutzungen aus ihrer Wohnunterkunft zieht. Es ist umgekehrt nicht erkennbar, dass die Beklagte durch die Wahl einer preisgünstigen Ersatzunterkunft einen unbilligen Vorteil ziehen könnte. Sie muss der Klägerin zwar keinen Zuschuss zur Deckung der Kosten einer gleich- oder womöglich sogar höherwertigen Ersatzunterkunft bezahlen, erzielt aber während die Sanierung der Wohnung andauert weiterhin keine Mieteinnahmen – und ist nach dem Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung überdies an der bestimmungsgemäßen Nutzung einer weiteren Wohnung im Hause gehindert, weil dort immer noch Möbel sowie weiteres Inventar der Klägerin untergestellt sind.
b) Verpflegungskosten (3.066,90 €)
Ein Anspruch auf Erstattung von Verpflegungskosten von 3.066,90 € steht der Klägerin aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht zu. Einen Verpflegungsmehraufwand, also zusätzliche Kosten, die ihr unvermeidbar gerade durch die mangelnde Benutzbarkeit der Wohnung entstanden wären, legt die Klägerin weiterhin nicht schlüssig dar. Die Klägerin trägt nicht schlüssig vor, bis zu welchem Zeitpunkt sie im Falle einer uneingeschränkten Gewährung des Mietgebrauchs eine vollwertige Küche hätte nutzen können sowie in welcher Höhe ihr sodann Kosten für quantitativ und qualitativ vergleichbare Verpflegung entstanden wären. Die Kammer sieht auch keine Grundlage dafür, die Frequenz einer unter gewöhnlichen Umständen zu erwartenden Küchennutzung und die der Klägerin ohnehin zumindest entstandenen „Sowieso-Kosten“ zu schätzen, nachdem die Klägerin im Zeitraum zwischen 1. März 2018 und 2. Juli 2018 von immerhin rund vier Monaten offenbar unproblematisch ohne vollwertige Küche auskam. Ihren Vortrag, sie habe sich wegen der kurz nach Vertragsbeginn angekündigten Arbeiten am Dach gehindert gesehen, die Küche wie geplant auszubauen, hält die Kammer für unschlüssig.
c) Bettzeug (360,36 €) und Schließzylinder (73,50 €)
Die Beklagte ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht verpflichtet, der Klägerin die Kosten neuer Bettwäsche und eines neuen Schließzylinders zu ersetzen. Die Kammer hält den Vortrag der Klägerin für unschlüssig, ihr sei als Allergikerin die Nutzung gebrauchter Bettwäsche, die zudem unhygienisch sein könne, nicht zuzumuten. Die Klägerin hätte schon konkret dartun müssen, dass die möblierte Ausweichwohnung nicht mit ordnungsgemäß gereinigter Bettwäsche ausgestattet gewesen sei oder welche konkreten Eigenschaften dieser Bettwäsche wegen welcher medizinischen Bedenken einer Nutzung seitens der Klägerin entgegen standen. Ob die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein wird, der Klägerin Ersatz für ihre kontaminierte Bettwäsche zu leisten, ist gegenwärtig offen. Die Klägerin hat die Beklagte auf Reinigung ihres Hausstands einschließlich der Bettwäsche in Anspruch genommen. Sie ist nunmehr darauf beschränkt, den erstrittenen Titel zu vollstrecken – oder den ausgeurteilten Leistungsanspruch zunächst in einen entsprechenden Schadenersatzanspruch zu überführen, wenn die Beklagte die kontaminierte Bettwäsche nicht mehr reinigen, sondern durch neue Bettwäsche ersetzen soll.
Soweit das Amtsgericht den Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen Schließzylinder zurückgewiesen hat, fehlt es an einem schlüssigen Berufungsangriff. Die Berufung setzt sich insoweit mit dem Urteil überhaupt nicht auseinander und legt nicht dar, aus welchen Gründen die Klägerin den Austausch des Schließzylinders für erforderlich habe halten dürfen.
d) Schutzkleidung (435,02 €)
Die Klägerin hat gemäß §§ 536a Abs. 1, 555a Abs. 3 BGB Anspruch auf Erstattung der für Schutzkleidung aufgewandten Beträge in Höhe von 160,00 € (8 x 20 €). Wie schon im Hinweisbeschluss vom 16. August 2021 ausgeführt, ist dem Grunde nach nicht zu bezweifeln, dass die Klägerin die mit Schimmelsporen und künstlichen Mineralfasern belastete Wohnung im Zeitraum nach dem 2. Juli 2018 nur noch mit Schutzkleidung betreten konnte, zumal nach dem insoweit rechtskräftigen Amtsgerichtsurteil feststeht, dass die Klägerin durch die Schadstoffbelastung allergische Reaktionen erlitten hatte. Dem Grunde nach ist die Beklagte gemäß §§ 536a Abs. 1, 555a Abs. 3 BGB verpflichtet, der Klägerin die insoweit erforderlichen Aufwände zu erstatten. Die Klägerin hat auf den Hinweisbeschluss reagiert und dargetan, aus welchen Anlässen sie die Wohnung im Zeitraum seit 2. Juli 2018 aufgesucht hat, wenn sie auch nicht zur genauen Anzahl der Besuche und zur Erforderlichkeit jedes einzelnen Besuchs konkret vorgetragen hat. Die Kammer schätzt (§ 287 ZPO), dass ungeachtet des Bestreitens der Beklagten, welches im Hinblick auf die Wahrnehmung gemeinsamer Termine nicht nach Datum substantiiert worden und deshalb ohnehin nur teilweise nachvollziehbar ist, im Klagezeitraum selbst unter Berücksichtigung von Schadensminderungsobliegenheiten gemäß § 254 Abs. 2 BGB jedenfalls acht Besuche der Wohnung erforderlich waren. An Hand der als Anlagenkonvolut K82 eingeführten Belege (Bl. IV/203 ff. d. A.) und der damit nachgewiesenen Einzelkosten geht die Kammer im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO ferner davon aus, dass die Klägerin für einen Besuch durchschnittlich insgesamt 20,00 € für Schutzkleidung, bestehend aus Einwegoverall, Handschuhen, Staubmaske und Schuhüberziehern sowie – mehrfach verwendbarer – Schutzbrille, aufwenden musste.
e) Sachverständigenkosten (166,60 € Expertise Kooo AG; 1.338,00 € Gutachten Schooo)
Der Betrag von 166,60 €, den die Klägerin im Hinblick auf die Expertise der Kooo AG erstattet verlangt, ist Gegenstand des Teilanerkenntnisses der Beklagten. Hinsichtlich der für das vorgerichtliche Gutachten des Sachverständigen Schooo aufgewandten Betrages von 1.338,00 € hält die Kammer nach neuerlicher Prüfung nicht mehr an dem Hinweis vom 16. August 2021 und der im Verhandlungstermin vertretenen Ansicht fest; vielmehr ist die Beklagte, da es sich bei dem Schimmelvorkommen um einen schon bei Vertragsschluss vorhandenen Mangel handelte, gemäß § 536a Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin diesen Betrag als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten. Zwar stand im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen Schooo auf Grund des bereits vorliegenden Gutachtens Wooo schon fest, dass die Wohnung von Schimmel betroffen war. Die Klägerin weist aber zu Recht darauf hin, dass die Beklagte eine Schadstoffbelastung der Wohnungsluft selbst noch in der Klageerwiderung vom 2. Mai 2019 in Abrede gestellt und die Wohnung als uneingeschränkt bewohnbar bezeichnet hat. Die Klägerin steht also zu Recht auf dem Standpunkt, dass die Beklagte ihr hinreichenden Anlass gab, ergänzende Untersuchungen zur Belastung der Raumluft durchführen zu lassen. Ebenfalls zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass das Amtsgericht seine Entscheidung zur Mietminderung und zur Dekontaminierung von Wohnung und Inventar ausdrücklich auf das vorgerichtliche Gutachten Schooo gestützt hat (vgl. Seite 14 des Urteilumdrucks, Bl. V/21 f. d. A.).
f) Fensterschlösser, Stangenschloss, Überwachungskameras (3.650,40 €)
Anspruch auf Erstattung der für die Installation von Fensterschlössern, Stangenschloss und Überwachungskameras aufgewandten 3.650,40 € steht der Klägerin hingegen aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu. Derartige Sicherungsmaßnahmen mögen der Klägerin als Reaktion auf die Errichtung eines Baugerüsts angemessen erscheinen und allgemein als sinnvoll anzusehen sein. Es handelt sich aber nicht um Maßnahmen, die ein von Sanierungsarbeiten betroffener Mieter im Sinne des § 555a Abs. 3 BGB unbedingt vornehmen „muss“, sodass der Vermieter sie in angemessenem Umfang zu ersetzen hätte; so ist der Kammer namentlich kein Fall bekannt, in dem etwa eine Hausratversicherung nach Unterrichtung über den Aufbau eines Gerüsts von Mieter oder Vermieter die Installation zusätzlicher Schlösser oder noch aufwändigerer Sicherheitseinrichtungen verlangt hätte.
g) Schmerzensgeld (mindestens 4.500,00 €)
So wie das Amtsgericht ist auch die Kammer aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils davon überzeugt, dass die Klägerin durch den in der Wohnung erfahrenen Kontakt mit den künstlichen Mineralfasern in zwei Fällen allergische Reaktionen erlitt. Die nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen waren zwar nicht einem anaphylaktischem Schock mit Atemnot vergleichbar, wegen dessen ein deutlich höheres Schmerzensgeld in der Größenordnung von 2.000,00 € angemessen sein kann (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 16.04.2014 – 16 U 170/13 -, zitiert nach juris). Sie waren aber auch nicht unerheblich, wie es die am unteren Rand des Spektrums orientierte Schmerzensgeldentscheidung des Amtsgerichts suggeriert. Allein der Umstand, dass es sich um prinzipiell unbeherrschbare allergische Reaktionen handelte, spricht nach Auffassung der Kammer bereits für ein höheres Schmerzensgeld (vgl. auch AG Rüdesheim, Urt. v. 03.07.2014 – 3 C 344/12 -, zitiert nach juris). Im Hinblick auf die Vielseitigkeit der Anschwellungen im ganzen Gesicht und Körper sowie aufgrund der wiederkehrenden allergischen Reaktionen der Klägerin, die durch die Atteste vom 13. Juli und vom 9. Oktober 2018 hinreichend belegt sind, ist ein Schmerzensgeld von 1.000,00 € erforderlich aber auch ausreichend. Ein Mitverschulden der Klägerin ist dabei nicht zu berücksichtigen. Zwar wusste sie im Oktober 2018 um die Belastung der Wohnung, doch verwandte sie Schutzbekleidung einschließlich einer Atemmaske, sodass sie mit den gleichwohl eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht rechnen musste.
Soweit die Klägerin darüber hinaus Schmerzensgeld wegen einer psychischen Betroffenheit begehrt, hält die Kammer an ihrem Hinweis vom 16. August 2021 fest; die Klägerin hätte eine von der Beklagten bestrittene psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert durch Vorlage eines ausführlichen ärztlichen Attests substantiieren müssen, um eine Beweisaufnahme und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu rechtfertigen. Die weiter gehende Schmerzensgeldklage ist daher abzuweisen.
h) Feststellung weiterer und zukünftiger Aufwendungen und Schäden
Über den Feststellungsantrag ist in der gegenüber dem ersten Rechtszug abgeänderten Fassung zu entscheiden, ohne dass es dafür auf die Vorgaben des § 533 ZPO ankäme; denn die redaktionelle Korrektur und gleichzeitige Erweiterung des Begehrens stellt sich gemäß § 264 ZPO nicht als Klageänderung dar.
aa)
Die Kammer legt das Feststellungsbegehren dahin aus, dass es sich sowohl auf bereits entstandene als auch auf zukünftige Aufwendungen sowie materielle wie immaterielle Schäden beziehen soll. In diesem umfassenden Sinne verstanden, ist es im Wesentlichen zulässig und nur teilweise, nämlich in Bezug auf die Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten für immaterielle Schäden, unzulässig.
Ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO liegt bereits dann vor, wenn eine Mindestwahrscheinlichkeit für das vollwirksame Entstehen der in Rede stehenden Ansprüche einer Klägerin besteht. Das ist hier im Hinblick auf bereits realisierte sowie zukünftige Aufwendungen und materielle Schäden der Fall, denn es ist ohne weiteres denkbar, dass die kontaminierten Sachen der Klägerin teilweise nicht mehr gereinigt werden können. In Bezug auf solches endgültig nicht mehr verwendbares Inventar steht der Klägerin schon jetzt ein fälliger Schadenersatzanspruch zu – den sie aktuell nur deswegen nicht geltend machen kann, weil er ihr bisher nicht bekannt ist. Hinsichtlich der nach ihrem Vortrag bereits durch das Reinigungsunternehmen entsorgten Gegenstände könnte die Klägerin aktuell sogar bereits eine Leistungsklage anstrengen – ist dazu aber unter Zulässigkeitsgesichtspunkten nicht gehalten, da die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist.
Da die Klägerin schon sehr frühzeitig auf die Belastung der Wohnung mit künstlichen Mineralfasern und anderen Schadstoffen aufmerksam wurde und deshalb bereits am 2. Juli 2018 aus der Wohnung auszog, besteht hingegen aus den auch insoweit zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keine signifikant über dem allgemeinen Lebensrisiko liegende Gefahr (vgl. dazu BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 19/13 -, zitiert nach juris), dass sie wegen der Schadstoffbelastung der Wohnung zukünftig erkranken werde. Auch zu einer signifikant erhöhten Gefahr, dass sie wegen der Schadstoffbelastung und der sich hinziehenden Sanierung der Wohnung zukünftig ernsthaft psychisch erkranken werde, trägt die Klägerin wie ausgeführt nicht schlüssig vor.
bb)
Soweit das Feststellungsbegehren zulässig ist, ist die Klage auch begründet. Wie das Amtsgericht zutreffend entschieden hat, ist die Beklagte der Klägerin wegen der Schadstoffbelastung der Wohnung dem Grunde nach sowohl gemäß § 536a Abs. 1 BGB zum Schadenersatz als auch gemäß § 555a Abs. 3 BGB zum Aufwendungsersatz verpflichtet. Allerdings hat die Beklagte der Klägerin abweichend vom Wortlaut des Klageantrags nicht jegliche Aufwände zu erstatten, sondern nur solche, die im Sinne des § 555a Abs. 3 BGB erforderlich sind. Die Kammer legt den Klageantrag in diesem Sinne aus und sucht dies im Tenor durch das Wort „notwendige“ redaktionell klarzustellen, ohne dass damit eine anteilige Abweisung der Klage verbunden wäre.
cc)
Der hilfsweise zur Entscheidung gestellte Feststellungsantrag bleibt unbeschieden, da der Hauptantrag im Wesentlichen Erfolg hat – und der Hilfsantrag, soweit der Hauptantrag unzulässig ist, sich mit dem Hauptantrag deckt, mithin ebenfalls unzulässig wäre.
3.
Die begehrten Rechtshängigkeitszinsen stehen der Klägerin gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu, soweit die Zahlungsklage in der Hauptsache begründet ist. Die Kostenentscheidung folgt § 92 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Grundsätzliche, ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen sind nicht betroffen. Eine Revisionszulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ebenfalls nicht geboten.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47 GKG, 3 ZPO.
02.06.2025