Die mit einem Zahlungsverzug begründete Pflichtverletzung des Mieters ist nicht allein deshalb „erheblich“ i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil der Zahlungsrückstand summenmäßig über eine Monatsmiete hinausgeht (hier: Zahlungsrückstand in Höhe von 812,23 Euro). Für die Erheblichkeitsprüfung ist vielmehr auf sämtliche Umstände des Einzelfalls abzustellen.
LG Berlin II vom 23.5.2024 – 67 T 30/24 –,
mitgeteilt von VRiLG Michael Reinke
Die im Leitsatz getroffene Aussage gilt nur für die ordentliche, nicht aber für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs.
Urteilstext
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Mitte vom 15. Februar 2024 abgeän-dert und der Beklagten ratenfreie Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung erster Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwalt X bewilligt.
Gründe:
Die gemäß § 567 ff., 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Beklagten ist Prozesskostenhil-fe zu gewähren, da ihre Rechtsverteidigung gemäß § 114 ZPO Aussicht auf Erfolg hatte. Die vom Amtsgericht ange-nommene Beendigung des Mietverhältnisses auf Grundlage der ordentlichen Kündigung vom 30. Juni 2022 ist jedenfalls nicht zweifelsfrei, da der Bagatellrückstand von 812,23 EUR unabhängig davon, ob er summenmäßig über eine Monats-miete hinausgeht, nicht zwingend die Erheblichkeitsschwelle des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB übersteigt (vgl. Kammer, Be-schl. v. 20. Oktober 2016 – 67 S 214/16, WuM 2016, 741; Beschl. v. 8. Februar 2022 – 67 S 298/21, WuM 2022, 226 (nachfolgend: BGH, Beschl. v. 24. Januar 2023 – VIII ZR 42/22, BeckRS 2023, 2854 (Nichtzulassungsbeschwerde zu-rückgewiesen)). Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten rechtfertigen die ratenfreie Bewilligung, § 115 ZPO.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO. Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestan-den nicht, § 574 Abs.2, Abs. 3 ZPO.
28.01.2025