Stand: 1/03
Wer eine Wohnung sucht, der muss häufig alles unterschreiben, was ihm vorgehalten wird. Auch hat der Mieter regelmäßig nicht die Zeit, das ganze “Kleingedruckte” im Mietvertrag durchzulesen. Und wer will schon den Vermieter gleich zu Anfang dadurch verärgern, dass er den vorgehaltenen Mietvertrag misstrauisch und sorgfältig studiert. Deshalb passiert immer wieder Folgendes: Der Mieter unterschreibt den Vertrag ohne nähere Prüfung; wenn es dann zum Streit kommt, ob der Mieter zum Beispiel beim Auszug die Wohnung renovieren muss, dann zeigt der Vermieter auf den Vertrag: “Hier steht es und Sie haben unterschrieben.”
Kann der Mieter da überhaupt noch etwas machen?
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
Jeder Mieter sollte in solchen Fällen zum Mieterverein gehen und prüfen lassen, ob das, was im Vertrag steht, auch gültig ist. Denn zum Schutz des Verbrauchers, also auch zum Schutz des Mieters, gibt es in den §§ 305 bis 310 BGB Regelungen zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Für die Mieter bedeutet das: Wenn der Vermieter etwas in den Vertrag hineinschreibt, was gegen Treu und Glauben verstößt, also besonders ungerecht ist, oder sonst gegen die §§ 305 ff. BGB verstößt, dann gilt das nicht. Der Vermieter kann sich insoweit nicht auf den Mietvertrag berufen, auch wenn der Mieter unterschrieben hat.
Der Vermieter kann sich sogar schadensersatzpflichtig machen, wenn er unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet und dem Mieter dadurch ein Schaden entsteht, etwa weil er die Unwirksamkeit nicht direkt erkannte und daher unberechtigte Beträge zahlte oder auf Rechte verzichtete (BGH NJW 84, 2816).
Achtung: Eine unzulässige Klausel ist endgültig unwirksam, und an ihre Stelle tritt wieder die gesetzliche Regelung. Nach der Rechtsprechung ist eine Umdeutung unwirksamer Klauseln mit dem Ziel, sie mit dem “gerade noch” zulässigen Inhalt aufrecht zu erhalten, grundsätzlich verboten (vgl. BGH WuM 87, 259: “Verbot geltungserhaltender Reduktion”).
Beispiel: Im Vertrag steht: “Der Mieter muss die Wohnung alle zwei Jahre renovieren.” Die Schönheitsreparaturen können zwar durch eine Vertragsklausel auf den Mieter überwälzt werden, aber nur in einem angemessenen Umfang. Dieser ist hier eindeutig überschritten, und der Mieter muss bei dieser Klausel gar nicht, also auch nicht in angemessenem Umfang, renovieren.
Lesen Sie auch:
Was sind allgemeine Geschäftsbedingungen?
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind im Mietrecht alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die der Vermieter dem Mieter bei Abschluss des Vertrages stellt. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit der Inhalt des Mietvertrages zwischen Mieter und Vermieter im Einzelnen ausgehandelt ist (dann sprich man von einer “Individualvereinbarung”). Aber: Das gilt natürlich nur für die ausgehandelte Klausel, die anderen vorgedruckten Vertragsklauseln bleiben Allgemeine Geschäftsbedingungen. Übrigens ist es auch nicht möglich, durch eine Klausel im Kleingedruckten alle bisherigen schriftlichen oder mündlichen Vereinbarungen mit Abschluss des Vertrages außer Kraft treten zu lassen, denn ansonsten könnten mit diesem Trick alle vor der Unterschrift gemachten Zusagen des Vermieters stillschweigend zurückgezogen werden (OLG Celle WuM 90, 103).
Die Verträge können aber auch mit der Schreibmaschine oder sogar mit der Hand geschrieben sein. Auch wenn der Vermieter die Klausel jeweils nur aus dem Gedächtnis in seine Mietverträge hineinschreibt, ist sie eine Allgemeine Geschäftsbedingung (BGH NJW 88, 410). Entscheidend ist dann, dass der Vermieter den gleichen Text “in einer Vielzahl” von Verträgen verwendet hat oder verwenden will. “Vielzahl”, das bedeutet nach heutiger Rechtsprechung mindestens drei bis fünf Fälle (BGH WPM 81, 944, 946).
Unter den Voraussetzungen des § 310 Abs. 3 BGB (bei sogenannten Verbraucherverträgen) reicht es aus, wenn der Verwender (in der Regel der Vermieter) die Klausel in einem einzigenFall benutzt. Voraussetzung ist, dass der Vermieter Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ist und der Mieter Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. In diesem Fall – der wohl der Regelfall sein dürfte -, muss der Mieter nicht nachweisen, dass das Wohnungsunternehmen bzw. der gewerbliche Privatvermieter seine Klauseln in mehreren vergleichbaren Fällen verwandte, um in den Schutzbereich der §§ 305 ff. BGB zu fallen. Es reicht dann schon eine einmalige Verwendung der Klausel aus.
Allerdings: Die Beweislast dafür, dass ein Einzelvertrag vorformuliert war und dass der Verbraucher keinen Einfluss auf den Inhalt nehmen konnte, trägt grundsätzlich der Verbraucher.
Die Vermietung von Wohnraum ist dann als unternehmerische Tätigkeit anzusehen, wenn die Grundstücksverwaltung wegen der Größe des Objekts als “berufsmäßige Tätigkeit” zu werten ist (BGH NJW 67, 2553) oder wenn der Bau und die geplante Vermietung im Zusammenhang mit einer sonstigen gewerblichen Tätigkeit steht (BGHZ 63, 63). Die GmbH, die Aktiengesellschaft und die Genossenschaft sind selbst dann als Unternehmer zu betrachten, wenn sie nicht gewerblich tätig sind (BGHZ 66, 49). Auch unter die Norm fallen Einrichtungen der Öffentlichen Hand, wenn sie ein erwerbswirtschaftliches Unternehmen betreiben (BGHZ 49, 260).
Es handelt sich auch dann um Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn von zwei alternativen Klauseln eine angekreuzt wird (BGH WuM 86, 53; OLG Celle BB 76, 1287), oder wenn der Formulartext die Aufforderung enthält, nicht gewollte Teile zu streichen (BGH NJW 87, 2011).
Das Schutzgesetz ist nicht anzuwenden, wenn und soweit der Vertragsinhalt individuell ausgehandelt wird. Der Vermieter kann aber das Schutzgesetz nicht dadurch umgehen, dass er regelmäßig mit der Hand zum Beispiel in das Vertragsformular hineinschreibt: “Der Mieter muss bei Auszug die Wohnung renovieren.” Diese Klausel bleibt dann unwirksam, eben weil sie nicht ausgehandelt, sondern vom Vermieter vorgeschrieben wird.
Manche Vermieter lassen sich einen Zettel unterschreiben: “Ich bestätige ausdrücklich, dass ich vor Abschluss ausreichende Zeit gehabt habe, den heute mit (es folgt der Name des Vermieters) abgeschlossenen Mietvertrag durchzulesen, die einzelnen Bestimmungen zu prüfen und zur Kenntnis zu nehmen. Ich erkläre mich vorbehaltlos mit allen Bestimmungen des Vertrages einverstanden.” Eine solche Erklärung hat keine Bedeutung, die §§ 305 ff. BGB bleiben anwendbar (OLG Hamm RE WuM 81, 77; BGH JZ 87, 725; OLG Stuttgart WuM 87, 250). Zum Aushandeln reicht es auch nicht, wenn der Mieter die strittige Klausel erst nach langen Erläuterungen des Vermieters akzeptiert hat (BGH NJW 88, 410).
Wer muss was beweisen?
Wenn nicht eindeutig ein Verbrauchervertrag vorliegt und Mieter und Vermieter darüber streiten, ob es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, gilt Folgendes:
Der Vermieter muss beweisen, dass es sich um eine Regelung handelt, die der Mieter vorgelegt hat. Bei gedruckten Verträgen, z.B. der Haus- und Grundbesitzervereine, spricht schon der erste Anschein für Allgemeine Geschäftsbedingungen des Vermieters. Dies gilt aber nicht für hand- oder maschinenschriftliche Änderungen in dem Vordruck. Denn dies erweckt den Anschein einer individuellen Abrede (BGH NJW 00, 1110; NJW 72, 46). Was diese Änderungen betrifft, so muss der Mieter darlegen, dass es sich um Formulierungen handelt, die der Vermieter vorgegeben hat (LG Frankfurt WuM 79, 151). Hierfür kann der Mieter Zeugen stellen oder Indizien vortragen, etwa eine inhaltlich enge Verbindung mit anderen im Vertrag vorgedruckten Regelungen (vgl. BGH NJW 99, 2180). Ist das geglückt, kann der Vermieter noch zu beweisen versuchen, dass der Inhalt im Einzelnen ausgehandelt wurde. Der Vermieter darf also z.B. nicht eine formularmäßig unzulässige Klausel durch handschriftliche Einfügung als Individualvereinbarung “tarnen”. Er muss dann beweisen, dass der handschriftliche Zusatz tatsächlich ausgehandelt worden war (BGH WuM 2003, 561; LG Köln WuM 94, 19).
Ein Indiz für eine mangelnde Aushandlungsmöglichkeit können auch die sich für den Mieter aus der Ergänzung ergebenden Nachteile bilden, denen keine Vorteile als Kompensation gegenüberstehen (vgl. BGH NJW 92, 503, 504).
Selbstverständlich trägt die Beweislast für das Vorliegen einer ausgehandelten Individualvereinbarung der Vermieter, wenn vorgedruckte Verträge unverändert verwendet werden oder lediglich Name, Adresse, Wohnungsgröße usw. eingetragen werden.
Aber auch wenn der Mieter vor der Unterschrift die Möglichkeit hatte, das Vertragsformular durchzusehen, gilt zu seinem Schutz: Überraschende Klauseln mit einem Überrumpelungseffekt sind unwirksam, § 305 c BGB. Das gleiche gilt für Klauseln an unerwarteter Stelle, zum Beispiel Nebenkosten in der Hausordnung. Auch Klauseln, die die Beweislast zum Nachteil des Mieters verändern, sind unwirksam. Dies gilt auch für formularmäßige Bestätigungen, zum Beispiel für Besichtigungsklauseln wie “Der Mieter hat die Räume besichtigt und erklärt hiermit, dass sie sich in ordnungsgemäßem Zustand befinden”: unwirksam nach § 309 Nr. 12 BGB (LG Berlin GE 83, 1113). Klauseln, durch die der Mieter über seine Rechte getäuscht wird, sind unwirksam (LG Stuttgart WuM 87, 252). Beispiel: Der Vermieter lässt sich im Vertrag bestimmte Tatsachen bestätigen, zum Beispiel dass die Wohnung bei Übernahme in Ordnung gewesen sei und hält den Mieter so davon ab, seinen Anspruch auf Beseitigung von Mängeln durchzusetzen (BGH WuM 86, 304). Wenn der Mieter deshalb einen Schaden erleidet, hat er unter Umständen einen Ersatzanspruch (siehe oben).
Die Klauseln im Mietvertrag müssen auch von einem Laien verstanden werden können, sonst kann sich der Vermieter hierauf nicht berufen. Das gilt auch in den Fällen, wo die Unverständlichkeit auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist, den ein Fachmann erkannt hätte (AG Waldbröl WuM 89, 71). Ist der Vertrag unklar, indem er zum Beispiel zwei sich widersprechende Bestimmungen enthält, dann geht das zu Lasten des Vermieters, § 305 c BGB (LG Lübeck WuM 80, 256). Es gilt also das, was für den Mieter am günstigsten ist. Auch eine Summe von Klauseln zu einem Themenbereich (zum Beispiel Schönheitsreparaturen), wo jede für sich noch zulässig ist, kann dazu führen, dass der Mieter insgesamt unangemessen benachteiligt wird (BGH RE WuM 93, 175).
Auch wenn die Vertragsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsinhalt geworden sind, gehen individuelle Vereinbarungen den Formularklauseln immer vor. Das gilt für Vereinbarungen bei Vertragsabschluss und auch für spätere Änderungen. Daran ändert auch eine Formularklausel “mündliche Vereinbarungen mit dem Mieter sind ungültig” nichts, sie ist nach § 305 b BGB unwirksam (BGH NJW 85, 320). Auch die Klausel “Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich niedergelegt sind” ist ungültig (OLG München WuM 89, 128). Denn: Nachträgliche Vertragsveränderungen müssen nicht schriftlich abgeschlossen werden.
Welche Klauseln sind unwirksam, welche nicht?
Die Zahl der mietvertraglichen Formularklauseln ist schier unübersehbar. Es gibt ca. 1.000 verschiedene gedruckte Mietvertragsformulare und einige zehntausend auf den Computern von Hausverwaltungen und Anwaltsbüros entstandene “individuelle” Formularverträge. Und täglich kommen neue hinzu. In unserer Rechtsdatenbank RELEX sind über 4.000 Entscheidungen zur Wirksamkeit von Formularklauseln gespeichert. Jedoch nur ein Bruchteil der verwendeten Klauseln wurde bisher von den Gerichten auf Wirksamkeit geprüft. Deshalb ist die Beurteilung von mietvertraglichen Formularklauseln immer eine Frage des Einzelfalls und erfordert die Inanspruchnahme einer qualifizierten Rechtsberatung durch den Mieterverein.
Zur ersten Orientierung kann der Gesetzestext der §§ 305 bis 310 BGB (in Auszügen) dienlich sein:
Gesetzestext:
§ 305 BGB – Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
§ 305 a BGB – Einbeziehung in besonderen Fällen
[…]
§ 305 b BGB – Vorrang der Individualabrede
Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
§ 305 c BGB – Überraschende und mehrdeutige Klauseln
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
§ 306 BGB – Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit
(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.
(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.
(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.
§ 306 a BGB – Umgehungsverbot
Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.
§ 307 BGB – Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
§ 308 BGB – Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam
1. (Annahme- und Leistungsfrist)
eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufs- oder Rückgabefrist nach § 355 Abs. 1 und 2 und § 356 zu leisten;
2. (Nachfrist)
eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3. (Rücktrittsvorbehalt)
die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4. (Änderungsvorbehalt)
die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5. (Fingierte Erklärungen)
eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
dies gilt nicht für Verträge, in die Teil B der Verdingungsordnung für Bauleistungen insgesamt einbezogen ist;
6. (Fiktion des Zugangs)
eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7. (Abwicklung von Verträgen)
eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a) eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b) einen unangemessen hohen Ersatz von Aufendungen verlangen kann;
8. (Nichtverfügbarkeit der Leistung)
die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a) den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b) Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten.
§ 309 BGB – Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
1. (Kurzfristige Preiserhöhungen)
eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden;
2. (Leistungsverweigerungsrechte)
eine Bestimmung, durch die
a) das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder
b) ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird;
3. (Aufrechnungsverbot)
eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen;
4. (Mahnung, Fristsetzung)
eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen;
5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)
die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;
6. (Vertragsstrafe)
eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird;
7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)
ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
b) (Grobes Verschulden)
ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgasts von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge;
8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung)
a) (Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen)
eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen;
b) (Mängel)
eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen
aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte)
die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden;
bb) (Beschränkung auf Nacherfüllung)
die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten;
cc) (Aufwendungen bei Nacherfüllung)
die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen;
dd) (Vorenthalten der Nacherfüllung)
der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht;
ee) (Ausschlussfrist für Mängelanzeige)
der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist;
ff) (Erleichterung der Verjährung)
die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird; dies gilt nicht für Verträge, in die Teil B der Verdingungsordnung für Bauleistungen insgesamt einbezogen ist;
9. (Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen)
bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat,
a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags,
b) eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr als ein Jahr oder
c) zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer;
dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung als zusammengehörig verkaufter Sachen, für Versicherungsverträge sowie für Verträge zwischen den Inhabern urheberrechtlicher Rechte und Ansprüche und Verwertungsgesellschaften im Sinne des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten;
10. (Wechsel des Vertragspartners)
eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird
a) der Dritte namentlich bezeichnet oder
b) dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen;
11. (Haftung des Abschlussvertreters)
eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt,
a) ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder
b) im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung auferlegt;
12. (Beweislast)
eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind;
13. (Form von Anzeigen und Erklärungen)
eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden.
§ 310 BGB – Anwendungsbereich
(1) § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2. § 305 c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 29 a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3. bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
25.05.2018