1. Die Mietsache wird dem Vermieter dann im Sinne des § 546 a Abs. 1 BGB nach Beendigung des Mietverhältnisses vorenthalten, wenn – kumulativ – der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspricht.
2. An einem Rückerlangungswillen des Vermieters fehlt es etwa, wenn er – trotz Kündigung des Mieters – vom Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht.
3. Für einen bereicherungsrechtlichen Nutzungsersatzanspruch des Vermieters, der dann gegeben sein kann, wenn der (ehemalige) Mieter die Sache über die vereinbarte Laufzeit hinaus nutzt, kommt es maßgeblich auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen an; der bloße (unmittelbare oder mittelbare) Besitz an der Wohnung reicht hierfür nicht aus.
4. Zur Bemessung des Werts der nach dieser Maßgabe herauszugebenden Nutzungen, wenn der (ehemalige) Mieter die Wohnung nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit nicht mehr als solche – also zum Wohnen –, sondern nur noch in der Form nutzt, dass er einige Möbelstücke dort belässt.
BGH vom 18.6.2025 – VIII ZR 291/23 –
Langfassung im Internet: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 23 Seiten]
Das Mietverhältnis bestand seit September 2016. Die monatliche Nettomiete belief sich auf 1090 Euro.
Im Mai 2017 sprach der Mieter eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 31. August 2017 aus. Der Vermieter hielt die Kündigung für unwirksam. In einem – im Oktober 2019 abgeschlossenen – Vorprozess wurde rechtskräftig entschieden, dass diese Kündigung das Mietverhältnis tatsächlich zum 31. August 2017 beendet hatte.
Ab Februar 2018 nutzte der Mieter die Wohnung nicht mehr als solche, beließ dort aber noch eine Einbauküche und einige Möbelstücke. Er leistete für die Monate Februar bis einschließlich Mai 2018 sowie Juli und August 2018 – unter Vorbehalt – Zahlungen an den Vermieter in einer Gesamthöhe von 9270 Euro. Im September 2018 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich wegen Zahlungsverzugs. Am 15. Oktober 2018 gab der Mieter die zur Mietsache gehörenden Schlüssel an den Vermieter heraus.
Der Mieter verklagte daraufhin den Vermieter unter anderem auf Rückzahlung der unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 9270 Euro.
Amtsgericht und Landgericht gaben der Klage überwiegend statt.
Der BGH sah hier keine Rechtsfehler der Vor-Instanzen.
Der Mieter habe gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 8550 Euro.
Unstreitig habe der Mieter für die Monate Februar 2018 bis einschließlich Mai 2018 sowie Juli und August 2018 unter Vorbehalt Zahlungen in Höhe von insgesamt 9270 Euro erbracht. Diese Leistung habe der Vermieter in Höhe von 8550 Euro ohne Rechtsgrund erlangt, weshalb er in diesem Umfang zur Herausgabe an den Mieter verpflichtet sei. Ein rechtlicher Grund für das Behaltendürfen der Leistung bestehe nämlich nur in Höhe von 120 Euro pro Monat. In Bezug auf die vorgenannten sechs Monate ergebe sich daraus ein Betrag in Höhe von insgesamt 720 Euro.
Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass dem Vermieter für die vorbezeichneten Monate ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546 a Abs. 1 BGB nicht zustehe.
Gemäß dieser Vorschrift könne der Vermieter, wenn der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besage der Begriff der Vorenthaltung, dass – kumulativ – der Mieter die Mietsache nicht zurückgebe und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspreche. An dem danach zur Erfüllung des Tatbestands der Vorenthaltung erforderlichen Rückerlangungswillen des Vermieters fehle es, wenn der Wille des Vermieters nicht auf die Rückgabe der Mietsache gerichtet sei, etwa weil er – wie hier – vom Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgehe.
Demgemäß habe der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass ein Anspruch nach § 546 a BGB ausscheide, wenn der Vermieter die Auffassung vertritt, die Kündigung des Mieters sei unwirksam und er die Rückgabe der Wohnung nicht geltend mache (zuletzt BGH vom 12.7.2017 – VIII ZR 214/16 –, Rn. 21).
Dies sei auch interessengerecht. Anderenfalls müsste ein Mieter bei Streit über die Wirksamkeit einer Kündigung auf jeden Fall bis zur Rückgabe zahlen – entweder aufgrund des Mietvertrags, wenn sich die Kündigung als unwirksam erweise, oder in Form der Nutzungsentschädigung, wenn die Kündigung wirksam war.
Für den Zeitraum zwischen Beendigung des Mietvertrags und Rückgabe der Schlüssel könne der Vermieter hier lediglich bereicherungsrechtlichen Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 Alt. 1, § 818 Abs. 1 und 2 BGB geltend machen. Für dessen Höhe sei maßgeblich, wie der Mieter die Wohnung nach Ablauf der Mietzeit tatsächlich genutzt habe.
Nutze ein ehemaliger Mieter die Mieträume zu dem im Mietvertrag vorgesehenen Zweck weiter (etwa indem er weiterhin in der Wohnung wohnt), seien die tatsächlich gezogenen Nutzungen nach dem objektiven Mietwert zu bemessen.
Nutze der Mieter die Wohnung aber – wie hier – nicht mehr zum Wohnen, sondern nur noch zum Lagern einiger Gegenstände, sei der Wert der gezogenen Nutzungen nach den Kosten zu bemessen, die der Mieter für die Miete eines entsprechenden Lagerraums hätte aufwenden müssen. Das Landgericht hatte diesen Wert auf 120 Euro monatlich geschätzt.
01.10.2025




