Zum kollusiven Zusammenwirken im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB zwischen dem Vertreter des Vermieters (hier: dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung) und dem Mieter bei Abschluss eines Wohnraummietvertrags zum Nachteil des Vermieters sowie zur unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) durch den Mieter bei von ihm erkannten oder sich ihm aufdrängenden Missbrauch der Vertretungsmacht.
BGH vom 26.3.2025 – VIII ZR 152/23 –
Langfassung im Internet: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 20 Seiten]
Das Urteil behandelt ein besonders brisantes Thema: Das kollusive Zusammenwirken zwischen dem Vertreter eines Vermieters (hier: Geschäftsführer einer GmbH) und einem Mieter zum Nachteil des Vermieters.
Hier hatte der Geschäftsführer einer vermietenden GmbH mit der Mieterin einen Wohnraummietvertrag zu extrem günstigen Konditionen (600 Euro Nettokaltmiete für 177 m² in Berlin) abgeschlossen. Die Mieterin sollte bis zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Miete zahlen, sondern die Wohnung renovieren. Die Gesellschafter der GmbH sahen darin eine Schädigung der Gesellschaft und setzten den Geschäftsführer ab. Die GmbH verlangte später die Räumung der Wohnung, da der Vertrag angeblich sittenwidrig und unwirksam sei.
Die Vorinstanz folgte der Ansicht der GmbH.
Der BGH hingegen hob das Urteil des Landgerichts auf.
Zwar könne ein Mietvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn der Vertreter des Vermieters bewusst mit dem Mieter zusammenarbeitet, um den Vermieter zu schädigen. Dafür reiche es aber nicht aus, dass der Mieter den Missbrauch der Vertretungsmacht nur erkennt oder grob fahrlässig übersieht. Es müsse ein bewusstes Zusammenwirken vorliegen – also eine Kollusion, bei der beide Parteien wissentlich und gezielt zum Nachteil des Vermieters handeln. Auch eine Berufung auf den Vertrag könne dem Mieter nach § 242 BGB (Treu und Glauben) verwehrt sein, wenn er den Missbrauch klar erkannt habe.
Hier habe die Vorinstanz aber nicht ausreichend geprüft, ob wirklich ein kollusives Zusammenwirken vorlag.
Zwar habe der damalige Geschäftsführer der GmbH mit dem Abschluss des in Rede stehenden schriftlichen Mietvertrags mit der Mieterin seine Befugnis zur rechtsgeschäftlichen Vertretung der GmbH (§ 35 Abs. 1 GmbHG) missbraucht, denn bereits die Vornahme einer (Neu-)Vermietung der streitgegenständlichen Wohnung als solche war wie dem damaligen Geschäftsführer bekannt gewesen war von den Gesellschaftern der GmbH zum damaligen Zeitpunkt gerade nicht beabsichtigt und lag deshalb nicht im Interesse der Gesellschaft, weil die Wohnungen im Gebäude verkauft werden sollten.
Indessen wirke sich die Missachtung der internen Beschränkungen durch den damaligen Geschäftsführer im Außenverhältnis zur Mieterin nicht aus.
Derjenige, der wie hier die Mieterin einen Vertrag mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abschließen wolle, brauche sich grundsätzlich nicht darum zu kümmern, ob der Geschäftsführer die sich aus dem Innenverhältnis ergebenden Schranken seiner Befugnis einhält; Nachforschungen hierüber sollen dem redlichen Geschäftsverkehr erspart bleiben. Die Vertretungsmacht des Geschäftsführers sei gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG im Außenverhältnis grundsätzlich unbeschränkt und unbeschränkbar. Das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vertretungsmacht habe grundsätzlich der Vertretene zu tragen.
Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts erlaubten nicht den Schluss darauf, dass die Mieterin einen Missbrauch der Vertretungsmacht durch den damaligen Geschäftsführer bezogen auf die Überlassung der streitgegenständlichen Mietwohnung zu den Bedingungen des schriftlichen Mietvertrags erkannt hatte oder hätte erkennen müssen.
Allein aufgrund einer im Mietvertrag von 2017 über eine in Berlin gelegene 5-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von rund 177 m² vereinbarten Nettokaltmiete von monatlich 600 Euro bei einer Gesamtbruttomiete von monatlich 1010 Euro und einer für die ersten Monate vereinbarten Mietzahlungsbefreiung, der eine als „Gegenleistung“ bezeichnete Verpflichtung der Mieterin zur fachgerechten Renovierung der gesamten Wohnung gegenüberstand, müsse sich der Mieterin nicht ohne Weiteres aufdrängen, dass die Überlassung der Wohnung in Verbindung mit der Gestaltung der beiderseitigen Vertragspflichten im Mietvertrag den Interessen der vermietenden GmbH zuwiderlaufen und sich der handelnde Geschäftsführer treuwidrig – im Sinn einer objektiven Evidenz von Missbrauch – verhalten könnte.
03.09.2025




