Unsere neue Folge des Podcasts „Gestörte Verhältnisse – junge Menschen im Berliner Wohnungsmarkt“ zeigt, wie eng Flucht, Ankommen und sicheres Wohnen zusammenhängen – und wie entscheidend ein sicherer Ort für junge Geflüchtete ist, die in Berlin ein neues Leben beginnen wollen.
Amir war 15, als er im November 2015 nach wochenlanger Flucht in Eisenhüttenstadt ankam. Zwei Tage hatte er nichts gegessen, zwei Wochen keinen Kontakt zu seiner Familie. Niemand erklärte ihm, wo er sich befand oder was als Nächstes passieren würde. Es gab keine Übersetzer:innen, niemanden, der seine Sprache sprach und ihm sagen konnte, dass er in Sicherheit ist. Stattdessen setzte man ihn mit anderen Jugendlichen in einen Bus – Ziel unbekannt. Diese ersten Stunden beschreibt er als ein Wechselbad zwischen Erleichterung und großer Unsicherheit. Erst als er endlich seine Eltern erreichen konnte, fiel die größte Last ab: „Wir konnten sicherstellen, dass wir am Leben sind.“
Genau von diesen Anfängen handelt die neue Folge des Podcasts „Gestörte Verhältnisse – junge Menschen im Berliner Wohnungsmarkt“. In der Episode sprechen Franziska vom Berliner Mieterverein und David, Aktivist in der Berliner Rom:nja Community, mit Claudia von Gangway und mit Amir, der offen über seine Fluchterfahrungen berichtet. Seine Geschichte macht sichtbar, was viele junge Geflüchtete erleben: Die ersten Unterkünfte bieten zwar ein Bett, aber kaum Orientierung. Minderjährige erhalten Unterstützung vom Jugendamt, doch ab dem 18. Geburtstag stehen viele plötzlich allein da – ohne Sprachkurs, ohne Begleitung, oft über Jahre in Mehrbettzimmern untergebracht.
Wohnungssuche als täglicher Überlebenskampf
Es fehlt an Strukturen und an Perspektiven. Gleichzeitig beginnt für viele der mühsamste Teil: die Wohnungssuche. Amir erlebte dies drastisch. Als Azubi geriet er in ein überteuertes Untermietverhältnis mit ständigen Mieterhöhungen. Irgendwann konnte er die Miete nicht mehr zahlen und war fünf Monate wohnungslos. Er schlief bei Freunden, im Betrieb oder pendelte nachts nach Cottbus, nur um dort duschen zu können. Seine tägliche Frage: „Wo schlafe ich heute Nacht?“
Die Suche nach einer eigenen Wohnung wurde zum Marathon: Hunderte Bewerbungen – nicht eine einzige Besichtigung. Erst als er bei einer Besichtigung die Vermieterin persönlich ansprach und seine Situation schilderte, bekam er eine Chance – ein Glück, das viele andere nie erleben.
Claudia berichtet von ihrer Arbeit, wie verbreitet Ausbeutung, unseriöse Mietverhältnisse und Diskriminierung sind. Viele Vermieter:innen nutzen die Not junger Geflüchteter aus. Und selbst diejenigen, die Deutsch lernen, arbeiten und ihren Alltag meistern, scheitern oft am Berliner Wohnungsmarkt – an hohen Mieten, fehlenden WBS-Berechtigungen oder schlicht am „falschen Namen“.
Die Folge zeigt aber auch, wie groß das Potenzial dieser jungen Menschen ist und wie widersprüchlich es ist, ihnen Steine in den Weg zu legen, während gleichzeitig der Ruf nach Fachkräften in zahlreichen Branchen immer lauter wird.
Wie gelingt Integration trotz Wohnungsnot? Was brauchen junge Geflüchtete wirklich? Und warum bleibt der Berliner Wohnungsmarkt für sie eine der größten Hürden?
Darüber sprechen wir in dieser bewegenden Episode.
Genau wie Liya („Vom Leben in überbelegten Wohnungen“), David („Eine starke Community“) und Jonas („Neustart nach der Haft“) erzählt Amir seine Geschichte selbst.
fs
Ein Podcast von Gangway – Straßensozialarbeit in Berlin e. V. und dem Berliner Mieterverein e. V.
16.12.2025




