Eine Wohnungssuche, die nach nur zwei Wochen Erfolg hat? Unsere Kollegin Maya* hat genau das erlebt – und ihre Erfahrung für uns aufgeschrieben. Ein Bericht über eine erfolgreiche Strategie, eine gehörige Portion Glück, eine Investition und über die Haken, mit denen die neue Wohnung daherkommt.
Nachdem klar war, dass ich aus meiner bisherigen Wohnung ausziehen muss, begann ich direkt mit der Suche. Bei mehreren Berliner Genossenschaften hatte ich schon vorausschauend Wohnungsgesuche geschaltet, ein WBS-Schein lag mir inzwischen ebenfalls vor. Ich abonnierte sämtliche Newsletter landeseigener Wohnungsunternehmen und rief mehrmals täglich die Website „inberlinwohnen.de“ auf, um mich auf jede halbwegs passende Wohnung zu bewerben – ohne Erfolg.
Die Investition
Schließlich schloss ich ein Immoscout-Plus-Abo ab – knapp 30 Euro pro Monat für drei Monate. Mein erster Gedanke: „Das muss man sich erst mal leisten können.“ Das Abo ermöglicht es, eine umfassende digitale Bewerbungsmappe im Profil zu hinterlegen – und auch die Kommunikation mit Inserierenden läuft direkt über die Plattform. Suchende ohne das Abo genießen diese Vorteile nicht.
Ich hatte zwar gelesen, dass das Mieter:innen-Abo in der Kritik steht, weil es nicht nur teuer ist, sondern auch unklar bleibt, ob die Sichtbarkeit bei den Anfragen tatsächlich steigt und ob Abonnent:innen wirklich früher mit Inserierenden in Kontakt kommen. In meinem Fall zeigte sich jedoch: Meine zukünftige Vermieterin klickte sich sofort durch meine Bewerbungsmappe – und damit waren meine Chancen offenbar erheblich gestiegen.
Das Glück
Halbwegs bezahlbare Wohnungen haben oft schon nach wenigen Stunden mehr als tausend Bewerbungen – wenn sie überhaupt so lange online bleiben. Wer über einen Suchauftrag eine E-Mail mit einem passenden Inserat bekommt, aber erst 15 Minuten später auf den Link klickt, findet die Anzeige häufig schon wieder offline. Innerhalb weniger Minuten bewerben sich so viele Menschen auf dieselbe Wohnung, dass Eigentümer:innen oder Makler:innen rasch jemanden finden, der ihren Vorstellungen entspricht. Klar, bei den meisten Vermieter:innen soll der Aufwand schließlich gering sein – denn am Ende geht es um ein rentables Geschäft.
Wer schnell ist, gewinnt. Mein Glück war, dass ich mein Handy gerade in der Hand hatte, als die Benachrichtigung über ein neues Inserat kam – ich klickte sofort. Keine halbe Stunde nach meiner Bewerbung über Immoscout erhielt ich einen Anruf vom Makler, der mich noch am selben Tag zu einer Besichtigung einlud. Wenige Tage später hatte ich den Mietvertrag unterschrieben und die Schlüssel zur neuen Wohnung in Neukölln in der Hand.
Die Wohnung
Die Wohnung: 45 Quadratmeter, anderthalb Zimmer, kleine Küche, kleines Bad – perfekt. Noch heute, vier Wochen später, kann ich kaum glauben, dass es so schnell geklappt hat – und fühle mich fast schuldig gegenüber Freund:innen, die viel länger erfolglos waren bei ihrer Wohnungssuche.
Kleiner Side-Fact: Durch die digitale Bewerbungsmappe musste ich keinen Nachweis über mein Einkommen aus meiner Tätigkeit beim Mieterverein beibringen. Stattdessen hat der Service aus den Zahlungseingängen meiner Kontoauszüge einen verifizierten Einkommensnachweis erstellt – ohne sichtbaren Namen meines Arbeitgebers. Das ist diskret, und in meinem Fall auch ein echter Vorteil. Die Erfahrung zeigt: Die Kolleg:innen aus den Mietervereinen haben bei der Wohnungssuche in Berlin meist sehr schlechte Karten.
Ein weiterer Glücksfaktor: Meine Eltern haben eine Bürgschaft angeboten und wurden von der Vermieterin anerkannt.
Der Haken
Wie viel Glück ich tatsächlich habe, bleibt im Moment noch abzuwarten. Die Wohnung passt zwar super, doch Vermieterin und Zustand der Wohnung beim Einzug geben wenig Hoffnung auf ein entspanntes Verhältnis mit der Hausverwaltung.
Die Nettokaltmiete liegt rund 200 Euro über dem Mietspiegel, was die Wohnung ohne eine Absenkung per Mietpreisbremse auf Dauer nur schwer finanzierbar macht. Das dürfte auch der Hausverwaltung bewusst sein – sie nutzt jedoch die Situation der Mieter:innen aus, die aus der Not heraus einen rechtswidrigen Vertrag unterschreiben, um überhaupt eine Wohnung zu bekommen.
Auch war die Wohnung unrenoviert und stark verdreckt, und einige Arbeiten wurden nicht fachgerecht ausgeführt. Im Mietvertrag steht allerdings, sie sei renoviert übergeben worden – ein Widerspruch, der sich mit Fotos und einem ordentlichen Übergabeprotokoll leicht belegen lässt. Außerdem stehen noch umfangreiche Sanierungsarbeiten an, der Termin ist vage für Dezember angesetzt. Obwohl klar ist, dass die Bauarbeiten mit erheblichen Einschränkungen für mich verbunden sein werden, hat die Hausverwaltung die Wohnung bereits vermietet – offenbar, um trotz der noch laufenden Bauarbeiten die Mieteinnahmen zu sichern.
Die Vermieterin
Diese Praxis ergibt Sinn, wenn ich mir anschaue, wem das Haus gehört: Eigentümerin ist eine Familienstiftung, deren Zweck es ist, die Nachkommen des Stifters finanziell zu versorgen. Eine kurze Internetrecherche führt zu öffentlichen Berichten der Stiftungsverwaltung – über ausgiebige Feiern, Reisen und Zusammenkünfte mit Vertreter:innen anderer Stiftungen, während gleichzeitig der „Arbeitsaufwand“ mit Mieter:innen beklagt wird, die lediglich ihre Rechte einfordern.
Ein gutes Beispiel für den profitorientierten Charakter, den Vermieter:innenstrukturen annehmen können – begleitet von dem Selbstverständnis, Eigentum bedeute automatisch Anspruch. Beim Lesen des Stiftungsblogs denke ich unwillkürlich über die viel diskutierte Spaltung der Gesellschaft nach: Sie zeigt sich hier nicht als Schlagwort, sondern als alltägliche Realität – zwischen denen, die über Eigentum verfügen, und denen, die Wohnraum dringend benötigen. Oft wird das von den Menschen wahrgenommen als ein „Zwischen denen da oben und uns Mieter:innen hier unten“.
Eine Realität, die zeigt, wie wichtig es ist, Mieter:innen eine Stimme zu geben – und für Zusammenhalt und Fairness in der Stadtgesellschaft einzutreten.
*Wir haben den Namen unserer Kollegin geändert.
fs
17.10.2025




