Zum Adressaten der in der Bereitstellung von Strom und Gas liegenden Realofferten eines Versorgungsunternehmens im Fall der separaten Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung, die lediglich über jeweils einen Zähler für Strom und Gas verfügt.
BGH vom 15.4.2025 – VIII ZR 300/23 –
Langfassung im Internet: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 14 Seiten]
Ein Energieversorgungsunternehmen verklagte den Vermieter auf Zahlung von Entgelt für die Belieferung mit Strom und Gas im Rahmen der Grundversorgung. Der Vermieter hatte die Zimmer der Wohnung einzeln an verschiedene Personen vermietet. Die Mieter der Zimmer konnten Gemeinschaftsräume wie Küche und Bad nutzen. Die gesamte Wohnung verfügte jedoch nur über einen gemeinsamen Zähler für Strom und Gas. Ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Vermieter und dem Energieversorger bestand nicht. Der Vermieter meinte, die Mieter seien Vertragspartner des Energieversorgungunternehmens.
Dies sah der BGH anders.
Nach der Rechtsprechung des BGH sei in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen. Diese werde von demjenigen schlüssig angenommen, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnehme.
Kämen mehrere Adressaten des schlüssig erklärten Vertragsangebots des Versorgungsunternehmens in Betracht, sei durch Auslegung zu ermitteln, an wen sich die Realofferte richte.
Empfänger der Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrags sei typischerweise derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübe.
Sei eine Wohnung vermietet, habe diese Möglichkeit typischerweise der Mieter, da ihm infolge der eingeräumten Nutzungsbefugnis auch die tatsächliche Sachherrschaft über die gemieteten Räume und die darin befindlichen Versorgungsanschlüsse zukomme.
Werde der Stromverbrauch einer in einem Mehrparteienhaus gelegenen und vermieteten Wohnung über einen Zähler erfasst, der ausschließlich dieser Wohnung zugeordnet sei, richte sich die in der Bereitstellung von Strom oder Gas liegende Realofferte des Versorgungsunternehmens regelmäßig nicht an den Hauseigentümer, sondern an den Mieter, welcher durch die seinerseits erfolgte Strom- oder Gasentnahme das Angebot konkludent annehme.
Anders sei es aber, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein den konkreten Verbrauch der einzelnen Mietsache erfassender Zähler nicht vorhanden sei.
Deshalb sei unter den hier gegebenen Umständen der Eigentümer und Vermieter der Adressat der in der Zurverfügungstellung von Strom und Gas liegenden Realofferte des Versorgungsunternehmens. Dessen Angebot sei nicht an die einzelnen Mieter der Zimmer und auch nicht etwa an sämtliche in der jeweiligen Wohnung lebenden Mieter gerichtet gewesen.
Zwar hätten allein die Mieter Einfluss auf den Strom- und Gasverbrauch in der Wohnung. Jedoch lasse sich dieser Verbrauch – mangels separater Zähler – nicht den einzelnen vermieteten Zimmern zuordnen. Auch hätten die einzelnen Mieter bei objektiver Betrachtung typischerweise kein Interesse daran, auch für die Verbräuche der anderen Mieter einzustehen. Der Umstand, dass sich das konkludente Angebot des Energieversorgungsunternehmens daher an den Vermieter richtete, sei Folge des von ihm gewählten besonderen Vermietungskonzepts.
30.06.2025




