Der Vermieter einer Wohnung kann eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB a.F. in Verbindung mit § 555 b Nr. 1 BGB (energetische Modernisierung) verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dies hat der Tatrichter unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe zu beurteilen, wobei auch auf anerkannte Pauschalwerte zurückgegriffen werden kann.
BGH vom 26.3.2025 – VIII ZR 283/23 –
Langfassung im Internet: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 21 Seiten]
Die Mieter erhielten eine Mieterhöhung nach § 559 BGB wegen erstmaligen Einbaus einer Gaszentralheizung einschließlich zentraler Warmwasseraufbereitung an Stelle der bis dahin in den Wohnungen vorhandenen Gas-Einzelöfen (Kombithermen) für unwirksam.
Amts- und Landgericht folgten dieser Einschätzung, weil die Vermieterin nicht nachgewiesen habe, dass durch die Maßnahme nachhaltig Endenergie eingespart werde. Denn dies könne allein aufgrund eines Vergleichs des tatsächlichen Verbrauchs vor und nach der Maßnahme festgestellt werden. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger habe jedoch keine Einsparung von Endenergie feststellen können, da ihm keine Angaben über den tatsächlichen Verbrauch vor dem Einbau der neuen Heizung vorgelegen hätten.
Der BGH hielt diese Argumentation der Instanzengerichte für rechtsfehlerhaft und hob das Urteil des Landgerichts auf.
Das Berufungsgericht habe mit seiner Annahme, eine nachhaltige Einsparung von Endenergie könne allein anhand des tatsächlichen Verbrauchs in dem Gebäude, in welchem sich das Mietobjekt befindet, innerhalb eines Zeitraums von vier bis fünf Jahren vor und nach der von dem Vermieter ergriffenen Maßnahme festgestellt werden, den Maßstab für die Ermittlung einer solchen Einsparung verkannt. Diese Annahme des Berufungsgerichts finde bereits im Wortlaut des Gesetzes (§ 555 b Nr. 1 BGB) keine Stütze.
Der Vermieter könne eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB vielmehr bereits dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten
sei.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 555 b Nr. 1 BGB müsse die Endenergieeinsparung „durch“ die bauliche Veränderung herbeigeführt, also von dieser verursacht worden sein. Hingegen werde der vom Berufungsgericht als Maßstab herangezogene tatsächliche Energieverbrauch in einem Gebäude vor und nach einer solchen Maßnahme nicht allein durch die jeweilige bauliche Veränderung, sondern durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, die sich im Regelfall jedoch weder im Vorfeld sicher abschätzen noch im Nachhinein (vollständig) aufklären und feststellen ließen.
So werde der tatsächliche Verbrauch von Endenergie in einem Gebäude insbesondere auch durch das Wetter, den Leerstand einzelner Mietwohnungen, die Anzahl der Bewohner und deren Nutzerverhalten beeinflusst. Allein durch den Vergleich des tatsächlichen Energieverbrauchs in dem Gebäude vor und nach der baulichen Veränderung lasse sich daher auch bei Vornahme einer sogenannten Witterungsbereinigung, wie sie im vorliegenden Fall durch den von dem Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen durchgeführt worden sei, nicht sicher abschätzen, ob und inwieweit Endenergie gerade durch die bauliche Veränderung eingespart worden und ob diese Einsparung von Dauer sei.
Der Gesetzgeber habe die Darlegung der mit der Modernisierungsmaßnahme verbundenen Energieeinsparung für den Vermieter vereinfachen wollen und deshalb bestimmt, dass der Vermieter sowohl bei deren Ankündigung gemäß § 555 c Abs. 3 BGB als auch im Rahmen der Mieterhöhungserklärung (§ 559 b Abs. 1 Satz 3 BGB) auf anerkannte Pauschalwerte Bezug nehmen könne.
Aktuell könne hier insbesondere auf die „Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand vom 8. Oktober 2020“ (BAnz AT vom 14. Dezember 2021 B 1) zurückgegriffen werden.
Diese Bemühungen um eine Vereinfachung liefen aber ins Leere, wenn für die Bestimmung der Energieeinsparung letztlich doch der tatsächliche Verbrauch herangezogen werden müsste. Den anerkannten Pauschalwerten könne deshalb nicht mit Erfolg ein individuelles Nutzerverhalten entgegengesetzt werden. Die vom Berufungsgericht befürwortete Anknüpfung an den tatsächlichen Energieverbrauch liefe des Weiteren auch dem Ziel des Gesetzgebers zuwider, durch die Neuregelung des Rechts der Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den §§ 555 a ff. BGB unter Abstimmung mit dem Mieterhöhungsrecht nach Modernisierung (§§ 559-559 b BGB) neben der bestmöglichen Entfaltung der Ziele der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes die Interessen von Vermietern und Mietern fair auszutarieren. An einem solchen angemessenen Interessenausgleich fehlte es jedoch, wenn entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts lediglich auf den tatsächlichen Verbrauch zur Bemessung der Einsparung von Endenergie abgestellt würde. Denn für den Vermieter bestünde nämlich grundsätzlich keine Möglichkeit, das Nutzerverhalten der Mieter vor und nach der baulichen Maßnahme zu beeinflussen. Dies gelte auch für den einzelnen Mieter mit Blick auf das Nutzerverhalten der anderen Bewohner in dem von ihm bewohnten Gebäude.
Auch könnte der Vermieter vor Beginn der Modernisierungsmaßnahme bei einem Abstellen auf den tatsächlichen Verbrauch nur schwer absehen, ob er deren Kosten im Wege einer Mieterhöhung zumindest teilweise auf die Mieter umlegen könne. Das gelte im besonderen Maße dann, wenn wie im vorliegenden Fall mit der Modernisierung erstmals eine zentrale Versorgung installiert werde und dem Vermieter daher tatsächliche Verbrauchsdaten für den Zeitraum vor der Modernisierung insoweit nicht vorlägen.
Erst recht sei die Annahme des Berufungsgerichts, ein belastbarer Durchschnittswert für den jährlichen Energieverbrauch könne dadurch ermittelt werden, dass der tatsächliche Energieverbrauch innerhalb eines bestimmten Zeitraums von vier bis fünf Jahren vor und nach der Maßnahme zu der Bestimmung des Durchschnittswerts herangezogen werde, unzutreffend. Eine solche auf mehrere Jahre erstreckte Datengrundlage möge zwar Schwankungen aufgrund des Nutzerverhaltens ausgleichen. Der Vermieter hätte in diesem Fall aber erst nach Ablauf dieses Zeitraums Gewissheit, ob er eine Modernisierungsmieterhöhung gegenüber dem Mieter mit Erfolg geltend machen könne.
Auch würde eine solche Frist zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Vermieters führen, wenn bei ihm zwar die Kosten der Modernisierung anfielen, er diese aber nach Abschluss der Arbeiten nicht zeitnah wenigstens teilweise auf den Mieter umlegen könnte, sondern bis zu fünf Jahre mit der Abgabe der Mieterhöhungserklärung warten müsste. Dies würde weder dem von dem Gesetzgeber angestrebten Ziel, die Interessen der Vermieter, Mieter sowie die gesamtgesellschaftlichen Interessen an einer (energetischen) Modernisierung von Gebäuden miteinander in Einklang zu bringen (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 13), noch dem gesetzgeberischen Bestreben, dem Vermieter einen Anreiz für die Vornahme der Modernisierungsmaßnahme zu geben, gerecht.
30.06.2025