Die landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) sind bei ihren Mieterhöhungsmöglichkeiten eingeschränkt, auch bei freifinanzierten Wohnungen. Schlägt man daher bei der Neuvermietung noch einmal richtig zu, quasi um sich ein Polster für die nächsten Jahre zuzulegen? Ein Blick auf die happigen Angebotsmieten legt das nahe.

Foto: Nils Richter
741 Euro warm (614 Euro nettokalt) soll die rund 44 Quadratmeter große Einzimmerwohnung in der Gaudystraße 18 im Prenzlauer Berg kosten. Das ist eine Nettomiete von 13,95 Euro pro Quadratmeter – wohlgemerkt: für eine Altbauwohnung. Das entsprechende Mietspiegelfeld weist eine Spanne von 6,26 bis 13,46 Euro auf. Welche wohnwerterhöhenden Merkmale sind vorhanden, um eine solch hohe Miete zu rechtfertigen?

Foto: Nils Richter
Darauf will die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag nicht eingehen. Man halte sich an die gesetzlichen Vorgaben, sprich: die ortsübliche Vergleichsmiete, plus 10 Prozent. In der Tat enthält die Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften bei der Wiedervermietungsmiete nicht geförderter Wohnungen keine besonderen Vorschriften. Lediglich die Mietpreisbremse ist einzuhalten. Aber wie kommt die Gewobag auf den obersten Spannenwert als maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete? Nach den Fotos und der Beschreibung zu urteilen, handelt es sich keinesfalls um einen gehobenen Standard. Die Wohnung befindet sich im Hinterhaus, das Duschbad ist winzig, einen Fahrstuhl gibt es nicht. Sebastian Schmidt, Sprecher der Gewobag, sagt: „Die wohnwerterhöhenden Merkmale gemäß Mietspiegelabfrage (Bad, Küchen, Böden, Heizung etc.) sind erfüllt.“ Ins Detail will er aber nicht gehen.
Der oberste Spannenwert ist üblicherweise selten
Beim Berliner Mieterverein prüft man jährlich Tausende von Mieterhöhungen und sagt: Der oberste Spannenwert bildet nur in sehr seltenen Fällen die ortsübliche Vergleichsmiete ab, eigentlich nur nach Luxusmodernisierungen. Doch diese werden von städtischen Wohnungsbaugesellschaften nicht vorgenommen. Dazu kommt: Manche Negativpunkte sind auch durch eine Topsanierung nicht zu beseitigen.
Nicht nur begehrte Altbauwohnungen werden so teuer vermietet, sondern gerade auch die einst günstigen 1950er und 60er-Bauten, so in der Kniprodestraße 118, wo die Gewobag 9,82 Euro pro Quadratmeter verlangt. Der Mittelwert liegt hier bei 7,14 Euro. Betroffen sind neben attraktiven Szenelagen auch der Stadtrand. So vermietet die Degewo eine Wohnung in Lichtenrade für 9,52 Euro pro Quadratmeter. Der Mietspiegel nennt hier eine Spanne von 5,88 bis 9,06 Euro. Im Mühlweg 11 in Köpenick wird eine unrenovierte Wohnung für 9,62 Euro pro Quadratmeter offeriert (oberster Spannenwert 9,56 Euro). Die Degewo möchte nicht darauf eingehen, welche wohnwerterhöhenden Merkmale vorliegen.
Auch die Städtischen scheinen manchmal nach dem Motto zu verfahren „Nimm so viel, wie du kriegen kannst“, sagt dazu Ulrike-Hamann-Onnertz, ehemalige Geschäftsführerin des BMV. Mieterinnen und Mieter können mit Unterstützung des Berliner Mietervereins ihre Einstiegsmiete prüfen lassen.“
Birgit Leiß
Mittelfeld oder Oberliga?
Wer bei der Mietspiegelabfrage des Senats Straßennamen, Baujahr und Größe eingibt, erhält ein weit gespreiztes Feld von Angeboten. Um die ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln zu können, nimmt man die Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung zu Hilfe. Für Letztere gibt es festgelegte Kriterien. Die meisten davon sind eindeutig, etwa das Vorhandensein von Fußbodenheizung oder Rollläden. Um andere gibt es vor Gericht regelmäßig Streit, beispielsweise ob der Eingangsbereich als repräsentativ gelten kann oder was genau unter einem Abstellraum zu verstehen ist. Durchschnittlich ausgestattete Wohnungen mit Vor- und Nachteilen bewegen sich meist rund um den mittleren Wert.
bl
29.11.2025




