Feuer, Wasser, Bauarbeiten: Immer wieder kommt es vor, dass Extrem-Ereignisse oder sich länger abzeichnende Schäden an einem Gebäude dessen Standsicherheit gefährden. So ging im April letzten Jahres ein Ruck durch ein Schöneberger Mietshaus, und es bildeten sich breite Risse an der Fassade. Ursache waren vermutlich Bauarbeiten im Erdgeschoss. Nun drohte Einsturzgefahr, und die Bauaufsicht verfügte eine teilweise Räumung. Bei einem fünfstöckigen Wohnhaus in Mitte war in diesem Sommer ebenfalls schnelles Handeln geboten: Der Dachstuhl hatte sich deutlich nach vorne verschoben. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk waren sofort zur Stelle, um zu sichern und das Schlimmste zu verhindern. Es mögen Einzelfälle sein, aber Betroffene sind mit einer dramatischen Situation und vielen offenen Fragen konfrontiert.

Illustration: Lisa Smith
1. Hilfe, die Wände meiner Wohnung vibrieren! Was kann ich tun?
Zuerst einmal ruhig bleiben und die Ursache für die Vibrationen herausfinden. Sie kann im Straßenverkehr liegen, etwa wenn schwere Lastwagen plötzlich eine Umfahrung an ihrem Haus vorbei nutzen. Oder auf einer Baustelle in direkter Nachbarschaft wird mit schwerem Gerät gearbeitet. Dadurch können kleine Haarrisse entstehen, die zwar nicht schön sind, aber auch nicht gefährlich. Allerdings sollten Mieter:innen darauf achten, ob sich durch die Erschütterungen Schäden in der Bausubstanz zeigen, die Gefahrenpotenzial haben könnten: etwa sich verbreiternde Risse in Decken und Wänden. Die müssen beobachtet, dokumentiert und unbedingt der Hausverwaltung gemeldet werden.

Wohnung wahr
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2. Ist der Vermieter überhaupt der richtige Ansprechpartner, wenn die Ursachen für Schäden nicht auf seinem Grundstück liegen?
Durchaus, denn der Vermieter trägt die Verkehrssicherungspflicht. Das heißt, er muss dafür sorgen, dass niemand in seinem Haus oder durch sein Haus zu Schaden kommt. Herabfallende Putzteile oder Dachziegel und eindringende Feuchtigkeit mit nachfolgendem Schimmel- und Schädlingsbefall stellen eine Bedrohung dar. Der Vermieter ist für den sicherheitstechnisch einwandfreien Zustand der Mietsache verantwortlich. Bei Schäden an der Bausubstanz muss er Sachverständige wie Statiker oder Baugutachter hinzuziehen und notfalls die Baubehörde informieren, um Ursachen zu prüfen, das Haus zu sichern und die Beseitigung der Schäden in die Wege zu leiten.

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3. Sollte ich selbst ein Gutachten in Auftrag geben, wenn der Hausbesitzer nichts unternimmt?
Bleibt der Vermieter auch nach Fristsetzung untätig, können auch Mieter:innen eine Expertise in Auftrag geben. Gutachten und Beweissicherung kosten jedoch Geld, und diese Kosten tragen Hilfesuchende erst einmal selbst. Allerdings können sie an den Vermieter oder die Vermieterin weitergereicht werden, wenn er oder sie für den Schaden verantwortlich ist oder dieser nachweislich nicht von den Mieter:innen verursacht wurde. Der BMV rät zudem, die Bau- und Wohnungsaufsicht des Bezirkes einzuschalten, wenn der Vermieter bei größeren Schäden nicht tätig wird. Das erhöht den Druck auf Eigentümer, denn die Behörde muss dann von Amts wegen tätig werden und den Vermieter auf Grundlage des Wohnungsaufsichtsgesetzes zum Handeln auffordern.
4. Unter welchen Voraussetzungen darf ich die Miete mindern?
Eine Mietminderung ist zulässig, wenn die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung spürbar beeinträchtigt ist – egal ob der Vermieter den Schaden zu verantworten hat oder nicht. Entscheidend ist, dass eine Mieterin oder ein Mieter den Mangel nicht selbst verschuldet hat. Auf jeden Fall muss der Vermieter zunächst schriftlich über die Beeinträchtigung informiert und aufgefordert werden, innerhalb einer Frist Abhilfe zu schaffen.

dass ein Haus für unbewohnbar erklärt wird
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5. Wann gilt eine Wohnung als unbewohnbar?
Wenn gravierende Mängel vorliegen, die einen Verbleib in der Wohnung erheblich beeinträchtigen, unzumutbar machen oder wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. Gründe für eine Unbewohnbarkeit können ein Heizungsausfall im Winter bei unter 14 Grad Celsius sein, massiver Schimmelbefall, ein vollständiger Ausfall der Elektrik, ein schwerer Wasserschaden etwa infolge eines Unwetters bei abgedecktem Dach oder nach Löscharbeiten durch die Feuerwehr und natürlich eine Einsturzgefahr.
6. Wer kann verfügen, dass ich die Wohnung zu verlassen habe?
Bei einer plötzlich auftretenden Gefahrensituation kann das der Vermieter selbst sein, auf jeden Fall aber die Baubehörde, die Polizei oder auch die Feuerwehr. Eine sich anbahnende Gefahr etwa durch sich vergrößernde Risse in den Wänden muss durch die Bauaufsicht geprüft und notwendige Schritte müssen schnellstmöglich eingeleitet werden. Der Eigentümer darf übrigens seine Verantwortung nicht auf die Behörde abwälzen. Er selbst ist unmittelbar verpflichtet, auf eigene Kosten unverzüglich Maßnahmen zu treffen, die den Einsturz seines Gebäudes und die Gefährdung von Nachbargrundstücken verhindern. Dazu zählt zunächst die Pflicht, in Verdachtsfällen ein Gutachten über die Standfestigkeit einzuholen.
7. Muss ich für die Zeit, in der meine Wohnung unbewohnbar ist, Miete zahlen?
Nein. Bei Unbewohnbarkeit entfällt die Pflicht zur Mietzahlung.
8. Ist der Vermieter verpflichtet, für eine Ersatzwohnung zu sorgen oder anfallende Hotelkosten zu tragen?
Ist die Wohnung aufgrund eines Mangels, der vom Vermieter verschuldet wurde, unbewohnbar, muss er eine Ersatzwohnung anbieten, falls er eine hat. Ist das nicht der Fall, können Mieter:innen die angemessenen Kosten für eine Ersatzwohnung oder ein Hotel – bei Abzug der ersparten Miete – in Rechnung stellen. In vielen Fällen greift auch die private Hausratversicherung.
9. Wer zahlt den Verlust, wenn es zu Beschädigungen an meinem Hausrat kommt, den ich bei dem plötzlichen Verlassen der Wohnung zurücklassen musste?
Bei Schäden oder Verlust an ihrem Hab und Gut greift ebenfalls die private Hausratversicherung. Wer die nicht hat oder unterversichert ist, bleibt auf seinen Kosten sitzen, es sei denn, der Schadensverursacher kann festgestellt werden. Auf jeden Fall ist es ratsam, von Zeit zu Zeit zu prüfen, ob die Versicherung den Wert des Hausrates auch wirklich noch abdeckt.

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10. Was ist mit dem Mietvertrag, wenn das Haus absehbar für lange Zeit unbewohnbar bleibt?
Der bleibt erst einmal bestehen. Und von einer voreiligen Kündigung ist auf jeden Fall abzuraten. Denn wenn eine Instandsetzung möglich ist – und das ist sie in den meisten Fällen – hat man das Recht, wieder in die alte Wohnung einzuziehen, da ja der Mietvertrag weiterhin gültig ist. Da die Rechtslage allerdings kompliziert sein kann, empfiehlt der BMV dringend die Unterstützung durch seine Mietrechtsexperten.
Rosemarie Mieder
www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm1220/10-fragen-rund-um-den-brand
29.11.2025




