In den letzten Jahren hat sich ein regelrechter Boom von Angeboten für Online-Rechtshilfe durch sogenannte Legal Techs entwickelt. Was steckt dahinter? Können Mieter:innen davon profitieren? Und sind die Angebote wirklich günstig?

Foto: Sabine Mittermeier
Wer kennt das nicht? Die Nebenkostenabrechnung ist zu hoch, die Miete steigt plötzlich drastisch, oder es zieht seit Monaten durch die Fenster im Schlafzimmer – und der Vermieter reagiert nicht. Viele Mieter:innen fühlen sich in solchen Situationen überfordert.
Hier setzen sogenannte Legal Techs an – digitale Rechtsdienstleister, die Mieter:innen versprechen, ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen. Der Begriff „Legal Techs“ setzt sich aus den Wörtern „legal“ (rechtlich) und „technology“ (Technologie) zusammen. Das beschreibt digitale Plattformen, die rechtliche Dienstleistungen automatisiert oder vereinfacht online anbieten. Für Mieter:innen bedeutet das: Sie können ihre Nebenkostenabrechnung, Mieterhöhungen oder Mietkautionsrückzahlungen bequem vom Notebook oder Smartphone aus prüfen lassen – oft in wenigen Minuten und mit nur wenigen Klicks.
Im Hintergrund arbeiten Algorithmen, die auf Basis gesetzlicher Regelungen, Gerichtsurteile und Erfahrungswerte einschätzen, ob ein Anspruch besteht. Ist das der Fall, übernehmen die Legal Techs auf Wunsch die weitere Kommunikation mit den Vermieter:innen oder – wenn nötig – sogar die Klage vor Gericht. Einige kooperieren mit Anwaltskanzleien, andere beschäftigen eigene Jurist:innen. Die typischen Einsatzgebiete sind die Prüfung von Nebenkostenabrechnungen, der Widerspruch gegen Mieterhöhungen, die Rückforderung der Mietkaution oder die Durchsetzung einer Mietminderung.
Und was kostet das? Viele Legal Techs arbeiten nach dem Prinzip: „Nur bei Erfolg zahlen“. Das heißt: Kommt es zu keiner Rückzahlung oder erfolgreichen Durchsetzung der Forderung, entstehen dem Mieter keine Kosten. Im Erfolgsfall behalten die Anbieter eine Erfolgsprovision (etwa 20 bis 30 Prozent) von der erstrittenen Summe. Das klingt vorteilhaft, ist aber so, als würde man einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen, und obwohl man sein Recht durchgesetzt hat, deren Gebühren zahlen müssen. Alternativ gibt es Modelle mit einmaligen Festpreisen oder – bei rechtsschutzversicherten Kunden – die Abrechnung über die Versicherung.
Gründe für Mieter:innen, Legal Techs zu nutzen, sind zum einen die niedrige Hemmschwelle: Kein Kanzleibesuch, keine komplizierten Anwaltsgespräche – alles läuft digital. Viele Angebote sind kostenlos oder folgen dem „No Win, No Fee“-Prinzip („Gebühr nur bei Erfolg“). Und es geht schnell: Die Prüfung dauert oft nur wenige Minuten, die Rechtsdurchsetzung wird einfacher. Aber Vorsicht: Wie in jeder Branche gibt es auch bei Legal Techs schwarze Schafe. Wichtig ist, auf transparente Geschäftsbedingungen, seriöse Anbieter und Datenschutz zu achten. Hilfreich sind Kundenbewertungen, Empfehlungen von Mietervereinen oder die Frage, ob der Anbieter mit erfahrenen Jurist:innen zusammenarbeitet.
Anbieter im Netz auf Herz und Nieren prüfen
Ein weiterer Punkt: Bei komplexen Fällen – etwa bei drohender Kündigung oder Räumungsklage – ersetzen Legal Techs nicht die individuelle anwaltliche Beratung. Hier sollten Mieter:innen weiterhin direkt juristische Hilfe in Anspruch nehmen, zum Beispiel über eine Mitgliedschaft im Mieterverein, die im Gegensatz zum Legal Techs eine Mietrechtschutzversicherung beinhaltet, oder mithilfe eines Fachanwalts oder einer Fachanwältin. Fazit: Legal Techs eröffnen Mietern neue Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen – unkompliziert, digital und oft ohne finanzielles Risiko. Aber wer eine Mitgliedschaft in einem Mieterverein abgeschlossen hat, fährt meist kostengünstiger und unterstützt auch noch die politische Interessenvertretung der Mieter:innen insgesamt.
Stefan Klein
Legal Techs für Mieter in Deutschland
Conny (vormals Wenigermiete.de, Lexfox) bietet Unterstützung bei Mietminderung, überhöhten Mieten, Schönheitsreparaturen. Honorar nur bei Erfolg (Provision auf rückgeforderte Beträge). Der BGH hat die rechtliche Zulässigkeit dieses Ansatzes bestätigt.
Lawio ist Plattform zur Meldung von Mietmängeln (zum Beispiel Heizung, Wasser) und zur Mietminderung etc. Moderne Technik, provisionsbasiertes Honorar bei Erfolg.
Mietkonflikt.de ist ein Onlineportal zur Prüfung und Durchsetzung mietrechtlicher Anliegen: Kündigung, Nebenkosten, Mieterhöhung, Kaution etc.
Weitere erwähnte Anbieter laut Legal-Tech-Verzeichnis, zum Teil noch in Entwicklung, zum Teil auch allgemein rechtlich ausgerichtet, sind: Mineko, Mieterengel und Advocado (allgemeine Rechtsberatung und Vermittlung zu Anwält:innen gegen Festpreis, nicht spezifisch für Mietrecht)
stk
01.10.2025




