60 Prozent der Mietwohnungen würden in Deutschland von Kleinvermietenden bereitgestellt. So steht es immer wieder in der Presse. Auch der TV-Moderator Markus Lanz nannte diese Zahl in seiner Talksendung im April. Einer genauen Betrachtung hält diese Zahl nicht stand. Und in Berlin sieht es noch einmal ganz anders aus.

Foto: Wikipedia/Kurt Kulac
„60 Prozent derer, die Wohnungen vermieten, sind Kleinsparer. Sind das böse Miethaie, über die wir hier reden? Müssen wir die mit einem Mietendeckel bestrafen? Oder sind das Leute, die tüchtig waren, die gearbeitet haben, die sich eine Wohnung erarbeitet haben mit sehr, sehr harter Arbeit, und die nicht dem Staat auf der Tasche liegen?“ So wollte Markus Lanz in erster Linie die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek herausfordern. Die provokative Fragestellung ist aber voller schiefer Bilder.
Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) scheint die Zahl zu bestätigen: Demnach werden sogar 64,4 Prozent der Mietwohnungen von Privatpersonen vermietet. Doch das IW nennt ausnahmslos alle Privatvermieter:innen „Kleinvermieter“, egal wie viele Wohnungen sie haben. Aus einer Statistik des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) lässt sich folgern, dass in Deutschland weniger als 12 Prozent der Mietwohnungen von Privatpersonen angeboten werden, die nur eine Wohnung vermieten, weitere knapp 18 Prozent von Privatvermietern mit zwei bis fünf Wohnungen. Diese wirklichen Kleinvermietenden machen also keine 60 Prozent, sondern rund 30 Prozent des Mietwohnungsmarktes aus (siehe linke Grafik).
In Berlin ist der Anteil von kleinen Privatvermietenden noch geringer: 19 Prozent der Wohnungen werden von Personen vermietet, die bis zu sieben Wohnungen besitzen. Größere private Vermieter:innen sowie Finanzinvestoren und börsennotierte Unternehmen beherrschen fast die Hälfte des Berliner Mietwohnungsmarktes. Staatliche, genossenschaftliche und gemeinnützige Anbieter machen knapp ein Drittel aus (siehe rechte Grafik).
Der Begriff „Kleinsparer“ vermittelt ein schiefes Bild
Lanz’ Begriff „Kleinsparer“ erweckt den Eindruck, als hätten sich Immobilienbesitzer:innen ihr Eigentum unter persönlichen Entbehrungen vom Munde abgespart. Mit einem normalen Arbeitseinkommen ist das aber spätestens seit der Finanzkrise 2007 und den folgenden Immobilienpreissteigerungen kaum noch möglich, schon gar nicht für mehrere Wohnungen. Eigentum, das bereits früher erworben wurde, hat sich inzwischen meistens schon rentiert. Heute wird das Eigentum an Wohnungen und Häusern größtenteils vererbt.
Wäre ein Mietendeckel eine „Strafe“, wie Markus Lanz meint? Das ganz sicher nicht: Ein Mietendeckel oder andere Mietpreisregulierungen sind keine Strafe für Vermietende, sondern Spielregeln, die Mietpreistreiberei unterbinden und Mieter:innen vor übermäßigen Belastungen schützen sollen.
Hat Lanz recht, wenn er sagt, Kleinvermieter:innen lägen dem Staat nicht auf der Tasche? Die Immobilienbranche ist hochsubventioniert – zum Beispiel über das Wohngeld, Mietkostenzuschüsse und ähnliche staatliche Beihilfen für Mieter:innen, die nicht selten 30, 40 oder 50 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen. Davon profitieren letztlich diejenigen, die solche hohen Mieten kassieren.
Jens Sethmann
www.wemgehoertdiestadt.de
01.10.2025




