In der Neuauflage des „Berliner Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ wurden die ohnehin schon schwachen Mieterschutzregelungen noch weiter verwässert. Der Berliner Mieterverein (BMV) spricht von einer Bankrotterklärung.

Foto: Christian Muhrbeck
Drei Jahre nach Gründung des Bündnisses haben der Senat, die Bezirke sowie Immobilien- und Wirtschaftsverbände am 15. Juli eine neue Vereinbarung unterschrieben. Das Bündnis sei „wichtiger denn je“, erklärte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU): „Die großen Herausforderungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt können wir nur gemeinsam lösen.“
Das Ziel, 20.000 Wohnungen im Jahr zu bauen, davon 5000 Sozialwohnungen, bleibt auch in der neuen Vereinbarung bestehen. Gestrichen wird jedoch die WBS-Quote bei Wiedervermietungen und die Kappung von Mieterhöhungen auf 11 Prozent. „Das ist eine soziale Bankrotterklärung für das bezahlbare Wohnen in Berlin“, stellt BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels fest.
Keine Bevorzugung von WBS-Haushalten mehr
Die Übereinkunft, 40 Prozent der freiwerdenden Wohnungen an Haushalte mit einem Wohnberechtigungsschein (WBS) zu vergeben, entfällt nun. Für Bartels ist das „grotesk“, denn CDU und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Zugang zu Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen wie Haushalte mit Dringlichkeits-WBS, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen sowie Obdachlose sogar per Gesetz zu erleichtern. „Während dafür ein Gesetzentwurf bis heute aussteht, bringt der Senat selbst seine freiwillige Bündnisvereinbarung zum Kippen“, kritisiert Bartels.

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Außerdem dürfen private Unternehmen die gesetzliche Mieterhöhungsmöglichkeit um 15 Prozent innerhalb von drei Jahren jetzt wieder voll ausnutzen, falls die ortsübliche Vergleichsmiete noch nicht erreicht ist. Für die städtischen Unternehmen bleibt es zwar bei der 11-Prozent-Kappungsgrenze, doch dazu sind sie ohnehin schon durch die Kooperationsvereinbarung mit dem Senat verpflichtet.

Foto: Sabine Mittermeier
Andererseits hat das Bündnis vereinbart, dass die Mietbelastung für Menschen mit geringem Einkommen auf 30 Prozent des Netto-Haushaltseinkommens begrenzt sein soll. Damit wird das Problem auf die Mieter:innen abgeschoben, die nun selbst eine Mietsenkung beantragen und ihre Einkünfte offenlegen müssen. „Dass Vermieter:innen freiwillig eine Mietabsenkung vornehmen oder Mietende auf diese Möglichkeit hinweisen, ist leider aufgrund der bisherigen Verstöße gegen selbstauferlegte Bündnispflichten kaum vorstellbar“, befürchtet Sebastian Bartels.
Der BMV fordert die Landespolitik daher dringend auf, statt freiwilliger Versprechungen ein ganzheitliches Konzept für die Wohnraumversorgung und den Wohnraumschutz aufzustellen. Auch die grüne Wohnungspolitikerin Katrin Schmidberger meint: „Ein loses Bündnis kann keine echten Mieterschutzgesetze ersetzen. Es muss Schluss sein mit dem Kuschelkurs gegenüber renditegetriebenen Konzernen.“
Jens Sethmann
Jetzt noch unverbindlicher
Bei der Erstauflage des Wohnungsbündnisses hat der Berliner Mieterverein im Juni 2022 von der Unterzeichnung Abstand genommen, weil es nur unverbindliche Absichtserklärungen enthielt. Mit der Neuauflage wird es nun noch beliebiger, denn es sind keine einzelnen Wohnungsunternehmen mehr beteiligt, sondern nur noch Verbände. An die vereinbarte Begrenzung von Mieterhöhungen haben sich die großen Wohnungskonzerne im Übrigen nie gehalten. Nachdem die Adler-Group deswegen das Bündnis verlassen hatte und Heimstaden gar nicht erst beigetreten war, wurde nun Vonovia/Deutsche Wohnen als letztes Unternehmen aus dem Bündnis hinauskomplimentiert. Die im Bündnis vertretetenen Verbände BBU, BFW und ZIA können ihre Mitgliedsunternehmen jetzt nur noch auffordern, sich an die Bündnisvereinbarungen zu halten. Tun sie dies nicht, hat das keine Folgen.
js
29.08.2025




