Während Berliner:innen unter steigenden Mieten und Eigenbedarfskündigungen leiden, planen internationale Investmentfirmen in einem Berliner Luxushotel ihre nächsten Millioneninvestments – auch in Wohnhäuser. Wohin führt das?
Berlin bietet derzeit die besten Rahmenbedingungen für Immobilieninvestments. „Im bundesweiten Ranking holt sich die Bundeshauptstadt die Spitzenposition zurück, die sie im ersten Quartal 2024 an München verloren hatte“, schreibt die Investmentberatung BNP Paribas Real Estate mit Blick auf das erste Quartal 2025.
Ausschlaggebend: ein Transaktionsvolumen von 968 Millionen Euro – ein Plus von 116 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.
Die Zahlen sind eine Steilvorlage für die „SuperReturn“-Konferenz. Vom 2. bis 6. Juni treffen sich im Berliner Hotel Intercontinental internationale Investmentfirmen wie Blackstone, Carlyle Group und Silver Lake, um über Kapitalstrategien und neue Anlagemöglichkeiten zu beraten. Diese Finanzunternehmen verwalten weltweit Billionen und investieren auch in Berliner Wohnungen. Ihr Ziel: maximale Rendite – so schnell wie möglich.
Attraktive Renditeaussichten
Wohnimmobilien bieten Investor:innen auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten stabile und verlässliche Erträge. Besonders begehrt sind sanierte Altbauten sowie Mietshäuser in guten Lagen – idealerweise solche, die sich in Eigentum umwandeln lassen oder am besten schon umgewandelt sind.
Die Renditeperspektiven sind vielversprechend: Die übliche Nettoanfangsrendite liegt zwischen 3 und 5 Prozent – mögliche Wertsteigerungen sowie Mietanpassungen nicht eingerechnet. Nach Luxussanierungen, beim Weiterverkauf oder durch Kurzzeitvermietungen sind sogar bis zu 30 Prozent möglich.
Für viele Vermietungsgesellschaften steht nicht das Wohnen im Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells, sondern die Vermögensverwaltung und Kapitalverwertung. Die laufende Bewirtschaftung der Wohnungen und Häuser schrumpft auf ein Minimum – zum Leidwesen der Mieter:innen. Die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt sind deutlich spürbar – insbesondere für Mieter:innen: Mieterhöhungen, Modernisierungsdruck, Umwandlungen und ausbleibende Reparaturen gehören zur Geschäftsstrategie.
Berlin im Visier institutioneller Investoren
Laut einer Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung gehören rund 460.000 Wohnungen privaten Wohnungsunternehmen – viele davon im Besitz von Private-Equity-Firmen. Hinter diesen verbergen sich oft undurchsichtige Firmengeflechte mit Sitz in Steueroasen. Auch bei Gewerbeimmobilien dominieren internationale Kapitalströme: 2024 stammten über 50 Prozent der Investor:innen aus dem Ausland, wie die Marktauswertung der BNP Paribas Real Estate zeigt. Besonders aggressiv agiert der US-Finanzriese Blackstone. Zwischen 2019 und 2023 stiegen die Mieten in seinem Berliner Wohnungsbestand im Durchschnitt um 22 Prozent. Die Logik ist einfach: Steigende Mieten bedeuten steigende Mietrenditen.
Für den Immobilienexperten Jorim Gerrard von der Bürgerbewegung Finanzwende e. V. markiert die Finanzkrise 2008 einen Wendepunkt. „Statt nach der Immobilienkrise zurückzugehen, beschleunigte sich die Finanzialisierung sogar. Wir sehen hier einen regelrechten Boom: Seit der Finanzkrise ist das Gesamtvolumen der Kapitalanlagen in Wohnimmobilien in Europa um mehr als 700 Prozent auf über 60 Milliarden Euro gestiegen“, sagte Gerrard 2024 in einem Interview mit dem Berliner Mieterverein.
Das heißt: Wir haben es oft nicht mehr mit Wohnungsunternehmen, sondern mit Finanzunternehmen zu tun. Einige, wie Heimstaden, konzentrieren sich ausschließlich auf den Wohnungsbereich. Warum? Der Wohnungsmarkt verspricht sichere Renditen. Finanzwende bringt es auf den Punkt: „Finanzunternehmen verwalten eine immense Summe an Geldern und versprechen ihren Anleger:innen große Gewinne, in der Regel um die 20 Prozent Rendite.“
Lobbymacht trifft Politik
Zeitgleich zur „SuperReturn“ findet am 4. Juni der „Tag der Immobilienwirtschaft“ im Friedrichstadt-Palast statt. Veranstalter ist der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), der größte Lobbyverband der Immobilienbranche. Die engen Verbindungen zur Politik sind dabei kein Zufall. Durchgestochene E-Mails zwischen einem CDU-Politiker und dem Immobilienunternehmer René Benko zeigen, wie eng die Interessen von Investor:innen und Politiker:innen bisweilen verflochten sind.
Auch auf Regierungsebene zeigt sich die Nähe zur Finanzbranche deutlich: In der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linken gibt die Bundesregierung an, dass insbesondere die beiden größten Investmentgesellschaften – Blackstone und The Carlyle Group – zwischen 2022 und 2024 regelmäßig zu Gesprächen und Veranstaltungen eingeladen waren.
Unser Protest ist nötig
Wenn sich Investor:innen und Immobilienlobby zeitgleich in Berlin versammeln, dürfen wir nicht schweigen. Am 3. und 4. Juni 2025 rufen Finanzwende, der Deutsche Mieterbund und stadtpolitische Initiativen zu Protestaktionen vor den Konferenzorten auf.
Wohnen ist ein Menschenrecht – dafür kämpfen wir. Schließen Sie sich uns an, wenn wir gemeinsam laut und sichtbar gegen Wohnraumspekulation und explodierende Mieten auf die Straße gehen!
fs
Vom 2. bis zum 6. Juni findet in Berlin die „SuperReturn International” statt, das weltweit wichtigste Treffen der Private-Equity-Branche. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis wird die Konferenz mit einer Protestaktion begleiten. Zu dem Bündnis gehören neben der Bürgerbewegung Finanzwende die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der Deutsche Mieterbund (DMB).
Dienstag, 3. Juni 2025, ab 11:00 Uhr:
Protestaktion vor dem Hotel InterContinental, Budapester Straße 2, 10787 Berlin
Mietenwahnsinn, Finanzwahnsinn, Lobbywahnsinn
Das Berliner Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn ruft zur Demonstration am 4. Juni 2025 um 17 Uhr. Startpunkt ist die Finanzkonferenz „SuperReturn International“, das Treffen internationaler Finanzinvestor:innen in der Budapester Straße 2. Von dort zieht die Demonstration zum Immobilienlobby-Kongress „Tag der Immobilienwirtschaft“ des ZIA, der im Friedrichstadt-Palast in der Friedrichstraße 107 stattfindet.
Mittwoch, 4. Juni 2025, 17:00 Uhr:
Start am Hotel InterContinental, Budapester Straße 2, 10787 Berlin
21.05.2025