Berlin – die Stadt voller Chancen? Für viele hängt der Erfolg in Bildung und Beruf längst vom Geldbeutel der Eltern ab. Jugendliche aus einkommensschwächeren Familien oder schwierigen Lebensverhältnissen haben es besonders schwer. Auch Jonas erlebte die Stadt lange als Ort der Unsicherheit und des ständigen Umziehens – und doch ist Berlin seine Heimat.
Die Szene kennen wir alle aus dem Fernsehen: Nach verbüßter Strafe durchquert der ehemalige Häftling die Gefängnispforte, in der Hand einen Beutel mit Habseligkeiten, im Mund eine Zigarette. Und dann? Was passiert, wenn man nicht mehr zurückkann? Wie findet man ein Zuhause, wenn man nie wirklich eines hatte? In Filmen wirkt das oft romantisch, doch die Realität – vor allem in Berlin mit der Wohnungsnot – sieht anders aus.
Jonas weiß das nur zu gut. Schon vor der Haft lebte er in betreuten Wohngemeinschaften, Trägerwohnungen, bei Freunden oder seinem Vater. Konflikte und Regelverstöße zwangen ihn immer wieder zum Umzug. Dann kam die Haft und mit ihr viel Zeit, das Geschehene zu reflektieren, erzählt Jonas in unserem Podcast. Klar ist: Er will sein Leben in die Hand nehmen und sich eine Perspektive schaffen. Matze vom Team Startpunkt im Verein Gangway unterstützt ihn und andere junge Menschen in der Zeit unmittelbar nach der Haftentlassung.
Jonas‘ Neustart nach der Haft
In der neuen Podcast-Folge „Wohin nach der Haft?“ von Gestörte Verhältnisse – junge Menschen im Berliner Wohnungsmarkt berichtet Jonas, wie herausfordernd und überwältigend die ersten Schritte in die Freiheit waren. Nach längerer Zeit in Haft musste er sich im Alltag neu zurechtfinden: öffentliche Verkehrsmittel, Einkäufe, Menschenmengen – selbst das Alltägliche fühlte sich anfangs fremd und überfordernd an. Dazu kam die ständige Sorge um ein Dach über dem Kopf. Wir haben ihn gefragt, was für ihn ein Zuhause auszeichnet. „Dieses heimische Gefühl kommt erst, wenn ich meine Wohnung habe, wo ich auch bleibe. Ohne Betreuer, ohne Aufsicht, ohne anderes, sondern meine eigene Wohnung, wo ich meine Miete zahlen kann“, sagt Jonas. Ein einfacher Wunsch, der leider alles andere als selbstverständlich ist.
Für Jonas hieß es zunächst: von einer betreuten Wohneinrichtung zur nächsten, oft ausgelöst durch kleine Konflikte oder Verstöße gegen die Hausordnung. Die Aussicht auf eine eigene Wohnung bleibt gering, doch Jonas gibt nicht auf. Weg aus Berlin will er nicht mehr – trotz aller Schwierigkeiten zieht es ihn immer wieder in seine Heimatstadt zurück.
Unterstützung durch Streetwork und Sozialarbeit
Matze und sein Gangway-Team ‚Startpunkt‘ begleiten junge Menschen wie Jonas beim Übergang aus der Haft. Schon vor der Entlassung bauen sie Vertrauen auf, klären Behördengänge und bereiten den Schritt in die Freiheit vor. Danach unterstützen sie bei Umzügen ins betreute Wohnen und bei der Beantragung eines Wohnberechtigungsscheins für eine geförderte Sozialwohnung – alles, um Wohnungslosigkeit zu vermeiden. „Viele unserer Jugendlichen landen zunächst in betreuten Wohnformen oder wechseln beim Couchsurfing von einem Freund zum nächsten. Ohne die Unterstützung wäre es für die meisten fast unmöglich, sich nach der Haft wieder zu stabilisieren“, erklärt Matze. Ermöglicht wird die Arbeit des Streetwork-Teams durch Zuwendungen vom Senat sowie durch Spendengelder.
Die Arbeit zeigt, wie stark prekäre Lebensverhältnisse, fehlende Unterstützungssysteme und der Berliner Wohnungsmarkt die Chancen junger Menschen beeinflussen. Professionelle Begleitung erhöht die Wahrscheinlichkeit jedoch immens, langsam Sicherheit zu gewinnen und eine echte Perspektive für sich zu entwickeln. Doch nicht alle Haftentlassungen werden durch Sozialarbeitende begleitet. Immer wieder werden Menschen aus dem Gefängnis in die Obdachlosigkeit entlassen.
Die Hoffnung auf Eigenständigkeit bleibt
Jonas‘ Geschichte zeigt, wie fragil ein Neustart ist. Immer wieder stand er kurz davor, seine Unterkunft zu verlieren. Doch dank der Begleitung von Sozialarbeitenden konnte er von einer Trägerwohnung in die nächste wechseln – ein Privileg, das längst nicht allen jungen Menschen zuteil wird. Sein Ziel bleibt: eine eigene Wohnung, in der er endlich ankommen kann.
Diese Podcast-Folge beleuchtet die Hürden, die junge Menschen nach der Haft in Berlin überwinden müssen – und zeigt, wie Hoffnung und Unterstützung helfen können. Genau wie Liya („Vom Leben in überbelegten Wohnungen“) und Amir („Wohnen nach der Flucht“) erzählt Jonas seine Geschichte selbst.
Hören Sie rein in Gestörte Verhältnisse – junge Menschen im Berliner Wohnungsmarkt und begleiten Sie Jonas auf seinem Weg in die Freiheit.
fs
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16.10.2025




