Für vor dem 1.9.2001 abgeschlossene Mietverträge beträgt die vermieterseitige Kündigungsfrist mittlerweile 12 Monate. Die Kündigungsfrist richtet sich hier nach § 565 Abs. 2 Satz 2 BGB [a. F.], der gemäß Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB anwendbar bleibt. Eine im Mietvertrag getroffene Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist ist gemäß § 565 Abs. 2 Satz 3 BGB [a. F.] unwirksam.
AG Schöneberg vom 21.5.2025 – 4 C 39/25 –,
mitgeteilt von RAin Evelyn Meyer
Hinweis:
§ 565 Abs. 2 BGB a. F. lautete:
„Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Nach fünf, acht und zehn Jahren seit der Überlassung des Wohnraums verlängert sich die Kündigungsfrist um jeweils drei Monate. Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter zur Kündigung unter Einhaltung einer kürzeren Frist berechtigt sein soll, ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Eine Vereinbarung, nach der die Kündigung nur für den Schluß bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll, ist unwirksam.“
Für Mietverträge, die nach dem 31.8.2001 abgeschlossen wurden, gelten die Kündigungsfristen gemäß § 573 c Abs. 1 BGB:
„Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate.“
Urteilstext
Tatbestand
Mit Vertrag vom 28.11.1955 mieteten die Eltern des Beklagten die streitgegenständliche Wohnung. Der Mietvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
„Der Abschluß des Mietvertrages erfolgt auf 3 Jahre – Monate. Das Mietverhältnis beginnt mit dem 1.12.55 und endet am 30.11.1958. Wird es nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf der Mietzeit gekündigt, so verlängert es sich jedes Mal um 1/4 Jahr.“
Der Beklagte trat nach dem Tod seiner Eltern auf Mieterseite in das Mietverhältnis ein, der Kläger wurde durch Eigentumserwerb Vermieter. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.09.2024 ließ der Kläger das streitgegenständliche Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31.12.2024, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen. Mit Schreiben vom 15.10.2024 stellte der Kläger klar, dass die Kündigung nicht – wie versehentlich erklärt – zum 31.12.2024, sondern fristgemäß zum 28.02.2025 ausgesprochen wurde. Mit E-Mail vom 24.10.2024 ließ der Beklagte mitteilen, dass die im Mietvertrag vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten unwirksam sei; es sei von einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist auszugehen.
Der Kläger ist der Ansicht, eine Kündigung sei aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarung zum 28.02.2025 möglich.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung in dem Objekt B.-straße xx, 1xxxx Berlin, Vorderhaus, 1. Obergeschoss rechts, bestehend aus 2,5 Zimmern, einer Küche, einem Korridor, Bad, Abstellraum, einem Kellerraum mit einer Wohnfläche von 62,3 m² zu räumen und geräumt an ihn am 28.02.2025 herauszugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarung ende die Kündigungsfrist am 30.11.2025. Die Klage auf künftige Leistung sei unzulässig.
…
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger die Räumung und Herausgabe als Minus zu seinem auf sofortige Räumung gerichteten Klageantrag zum nächst zulässigen Zeitpunkt begehrt. Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage auf künftige Leistung ist gemäß § 259 ZPO, dass nach den Umständen die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistungen entziehen werde. Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagte hat nicht erklärt, die Wohnung zum Ablauf der von ihm angenommenen Kündigungsfrist (30.11.2025) nicht räumen zu wollen. Er hat sich zur künftigen Räumung nicht verhalten.
II.
Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat derzeit keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung.
1.
Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe folgt insbesondere nicht aus § 546 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist noch nicht beendet. Aufgrund der mit Schreiben vom 17.09.2024 erklärten Eigenbedarfskündigung endet das Mietverhältnis jedenfalls nicht vor Ablauf des 30.11.2025. Die Kündigungsfrist richtet sich nach § 565 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F., der gemäß Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB anwendbar bleibt, und beträgt aufgrund der langen Überlassung der Mieträume zwölf Monate. Die im Mietvertrag getroffene Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist ist gemäß § 565 Abs. 2 Satz 3 BGB a. F. unwirksam, weil der Wohnraum hier nicht zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet wurde. Nur zu vorübergehendem Gebrauch ist Wohnraum vermietet, wenn das Mietverhältnis nach dem Willen beider Vertragsparteien nur von einer relativ kurzen Dauer sein soll, wenn also nur ein kurzzeitiger Sonderbedarf gedeckt werden soll. Das ist hier nicht der Fall. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung, insbesondere im Hinblick auf die ursprüngliche Befristung auf drei Jahre, ist davon auszugehen, dass hier allgemeiner Wohnbedarf gedeckt werden sollte.
2.
Ein Herausgabeanspruch ergibt sich auch nicht aus § 985 BGB. Denn aufgrund des noch bestehenden Mietverhältnisses ist der Beklagte zum Besitz berechtigt (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
03.09.2025




