Karl-Marx-Straße 11 -
Kirche lässt die Mieter im Regen stehen

60 Menschen, darunter viele Familien, bangen um ihr Zuhause, weil die katholische Kirche beim Verkauf ihres Hauses maximalen Profit erzielen will.

Das Erzbistum Berlin hatte den Altbau in der Karl-Marx-Straße 11 vor etwa zehn Jahren vererbt bekommen – vermutlich in der Hoffnung, dass das Haus in gute Hände kommt. Vor einem Jahr erfuhr die Hausgemeinschaft, dass ihr Zuhause verkauft werden soll. Innerhalb kürzester Zeit gründeten sie eine Genossenschaft und stellten einen Finanzierungsplan auf. Das Ziel: das Haus gemeinschaftlich zu erwerben. „Wir hätten das stemmen können“, sagen Kilian Zimmerer und Stefan Karl. Durch Genossenschaftsförderung und Kredite im Bekanntenkreis hätten sie 3 Millionen Euro zusammenbekommen. Doch das wurde vom Erzbistum als „weit unter dem marktüblichen Preis“ abgelehnt. Daraufhin legten sie nach und boten 3,8 Millionen Euro. Doch es war zu spät. Inzwischen gab es einen Interessenten, der mehr bot. Man bedaure, dass das nachgebesserte Angebot zu spät eingereicht wurde, erklärt Stefan Förner, Pressesprecher vom Erzbistum Berlin.

Doch inzwischen seien vorvertragliche Bindungen eingegangen worden. Zum Kaufpreis will er sich nicht äußern, ebensowenig zur Frage, ob im Kaufvertrag wenigstens Schutzregelungen für die Mieter:innen vereinbart werden. Begründet wird der Verkauf an den Höchstbietenden mit dem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen. „Wir sind gehalten, einen marktüblichen Kaufpreis anzustreben, den wir zur Erfüllung unserer kirchlichen Kernaufgaben einsetzen“, so Förner. Finanziert würden damit unter anderem Kitas und Schulen, außerdem die Pfarrseelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen.

Nicht nur bei der Hausgemeinschaft sorgt der Vorgang für Unverständnis. „Wer ein Haus geschenkt bekommt, sollte es nicht auf Kosten der Mieter:innen versilbern – erst recht nicht die katholische Kirche“, so Beate Bruker, Vorsitzende der Grünen-Fraktion Neukölln.

Birgit Leiß

Hartmut Lindenberg
01.10.2025