Fassungslosigkeit und Tränen im Saal 142 des Amtsgerichts Charlottenburg: Familie Smolarek wurde zur Räumung ihrer Wohnung verurteilt. In zwei Minuten ratterte die Richterin das Urteil herunter. Es bleibt die Hoffnung auf die zweite Instanz.

Foto: Sabine Mittermeier
„Ich habe pro Woche zwei oder drei Verhandlungen wegen Eigenbedarfskündigungen, aber so etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Carola Handwerg, die Rechtsanwältin der Familie. Zusammen mit Monika Smolarek und mit Unterstützung eines Detektivs hatte sie intensiv recherchiert und dabei etliche Ungereimtheiten aufgedeckt. Doch die Richterin wischte alles beiseite. Der 26-jährige Eigentümer hatte bereits kurz nach dem Kauf der Dreizimmerwohnung im Oktober 2023 Eigenbedarf angemeldet. Er wolle mit seiner Freundin zusammenziehen. Vor Gericht gab er an, in der 150 Quadratmeter großen Villa seiner Eltern ein 12 Quadratmeter großes Zimmer zu bewohnen. Über die genauen Wohnverhältnisse verwickelte er sich ebenso wie seine Mutter, die als Zeugin ausgesagt hat, in Widersprüche. Auf die Frage, warum er sein künftiges Zuhause vor dem Kauf nicht einmal besichtigt hatte, behauptete er, die Mieter hätten immer wieder Termine verschoben. Das konnte Monika Smolarek auf die Schnelle per Handynachrichten widerlegen. Die Frage der Anwältin, ob er weitere Immobilien besitzt, verneinte er. Carola Handwerg legte einen Grundbuchauszug vor, der das Gegenteil bewies. Doch die Richterin befand: All das seien unwesentliche Details, die den Eigenbedarf nicht in Frage stellen würden. Selbst Härtegründe wurden nicht weiter geprüft, obwohl Monika Smolarek nach Jahren der Angst um ihre Wohnung psychisch stark angeschlagen ist und ein ärztliches Attest vorgelegt hat.
Der Fall zeigt: Nur eine Gesetzesänderung kann die Lawine an – oft vorgetäuschten – Eigenbedarfskündigungen stoppen. Der Berliner Mieterverein fordert: Wer eine bewohnte Wohnung kauft, soll für dieses Mietverhältnis nur noch in Ausnahmefällen Eigenbedarf geltend machen können.
Birgit Leiß
27.08.2025




