Viele Mieter:innen haben Angst vor einer Kündigung ihrer Wohnung wegen Eigenbedarfs. Oft geben die Gerichte dem Anspruch des Eigentümers oder der Eigentümerin statt, die Wohnung für sich selbst oder nahe Angehörige zu benötigen. Zumindest in den Fällen des vorgetäuschten Eigenbedarfs gibt ein Urteil den Geschädigten jetzt eine neue Möglichkeit, gegen die mit dem Eigenbedarf verbundenen finanziellen Nachteile vorzugehen.

Illustration: Julia Gandras
Die Zahl der Eigenbedarfskündigungen steigt weiter an. Ursache hierfür ist unter anderem, dass bei immer mehr Eigentumswohnungen die Sperrfrist ausläuft, wonach eine Kündigung erst 10 Jahre nach der ersten Veräußerung der Wohnung ausgesprochen werden darf. Doch in vielen Fällen müssen weichende Mieter:innen feststellen, dass nicht die Person eingezogen ist, mit der der Eigenbedarf begründet wurde. Vielmehr vermieten die Eigentümer die Wohnung mit erheblichen Mietsteigerungen an ganz andere Personen. In solchen Fällen haben die mit dem vorgetäuschtem Eigenbedarf um ihre Wohnung Gebrachten unter Umständen ein Recht auf Schadenersatz. Nach bisheriger Rechtsprechung umfasste dieser lediglich die Umzugskosten und die Kosten für eine höhere Miete, begrenzt auf drei Jahre. Das ist für die Vermieterseite ein kalkulierbarer Betrag und hält meistens nicht davon ab, eine Eigenbedarfskündigung auch ohne Berechtigung auszusprechen. Doch ein nun veröffentlichtes Urteil des Landgerichts Berlin II (Az. 66 S 178/22) lässt aufhorchen.
Das Gericht sprach Mieter:innen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Recht auf Auskunft über die neue Miethöhe gegenüber dem Vermieter zu. Dies soll dazu dienen, dass der Mieter die Differenz zwischen der alten Miete und der neuen berechnen und diese Differenz vom Vermieter verlangen kann. Grundlage ist die Tatsache, dass der Altmieter wegen der rechtsmissbräuchlichen Kündigung eigentlich ein Recht auf Wiedereinzug in die Wohnung hat, dies der Vermieter aber wegen der Neuvermietung nicht gewähren kann. Nach dem Grundsatz des „stellvertretenden Commodum“ (§ 285 Abs. 1 BGB) hat der Mieter stattdessen aber den Anspruch auf das, was der Vermieter für die Wohnung unrechtmäßig mehr erzielt. Abzuwarten bleiben die Rechtsfolgen und die Reichweite dieses Anspruchs auf den unrechtmäßig erzielten Gewinn. Doch in jedem Fall werden die Rechte von Mieter:innen bei vorgetäuschtem Eigenbedarf durch dieses Urteil gestärkt. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Stefan Klein
28.02.2025