Berechnungen zur Armut in Deutschland lassen häufig den Kostenfaktor Wohnen unbeachtet und blenden so die Lebenssituation von Millionen Menschen aus. Eine Studie des Paritätischen Gesamtverbandes hat das korrigiert.

Foto: Christian Muhrbeck
Hohe Mieten und Nebenkosten werden für immer mehr Menschen zum Armutsrisiko. Das ergab eine Studie der Paritätischen Forschungsstelle, die Ende letzten Jahres veröffentlicht wurde. Die Berechnungen, basierend auf einer Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt, zeichnen eine alarmierende Situation.
Viele Haushalte geben inzwischen mehr als ein Drittel ihres Einkommens für Wohnkosten aus – manche sogar mehr als die Hälfte. Werden Miete, Nebenkosten, Kreditzinsen und anderes vom verfügbaren Einkommen abgezogen, leben 17,5 Millionen Menschen (21,2 Prozent der Bevölkerung) im Armutsbereich. Das sind 5,4 Millionen mehr als nach den üblichen Berechnungen. In denen bleiben diese Menschen unsichtbar, weil ihre Wohnkosten nicht berücksichtigt werden, kritisiert der Paritätische Gesamtverband.
In der Auswertung der Studie wird festgestellt: Wer nur das Einkommen betrachtet, nicht aber, dass Menschen immer weniger Geld zur Verfügung haben, weil sie hohe Wohnkosten aufbringen müssen, schätzt das Ausmaß von Armut in Deutschland falsch ein. Besonders betroffen von Wohnarmut sind Erwerbslose mit einer Armutsquote von 61 Prozent, aber auch Alleinlebende im Rentenalter (41,7 Prozent), Alleinerziehende (36 Prozent) und ebenso junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren (31 Prozent). Der Effekt sei für viele Mieterinnen und Mieter wesentlich gravierender als bisher angenommen, sagt Margit Berndl vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayern: „Hohe Wohnkosten verschärfen die soziale Ungleichheit.“ Um dem zu begegnen, sei eine zielgerichtete Wohnungspolitik und vor allem eine klare Begrenzung der Wohnkosten notwendig, fordert der Paritätische Gesamtverband. Neben einer Verlängerung der Mietpreisbremse über 2028 hinaus müsse eine neue Bundesregierung neue, dauerhaft sozial gebundene Wohnungen schaffen.
Rosemarie Mieder
https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Wohnen/doc/Kurzexpertise_Wohnarmut_24_12_13.pdf
28.02.2025