Die jährlichen Mieterhöhungen im Sozialen Wohnungsbau dürfen nicht erhoben werden, wenn die Förderkredite für das Haus vorzeitig zurückgezahlt wurden. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg klargestellt. Betroffene Mieter:innen müssen sich die zu viel gezahlten Mieten aber selbst zurückholen.

Illustration: IBB
In den letzten Jahren haben viele Eigentümer:innen von Sozialwohnungen ihre Förderkredite vorzeitig zurückgezahlt. Das befreit sie von den Mietpreis- und Belegungsbindungen. Diese entfallen aber nicht sofort nach der vollständigen Rückzahlung, sondern erst nach einer „Nachwirkungsfrist“ von bis zu 12 Jahren.
Ein Immobilienfonds, der ein Haus mit 23 Sozialwohnungen in Neukölln besitzt, hat seine Kredite 2017 bei der Investitionsbank Berlin (IBB) abgelöst und meinte, bis zum Ende der Nachwirkungsfrist im Jahr 2029 die Mieten weiterhin – wie im Sozialen Wohnungsbau üblich – jedes Jahr um 0,1278 Euro pro Quadratmeter monatlich erhöhen zu dürfen. Diese turnusmäßigen Mieterhöhungen wurden eingerichtet, weil die Förderbank im gleichen Umfang die Aufwendungszuschüsse für die Vermieter:innen reduziert. Diese Zuschüsse sollen den Eigentümer:innen helfen, die Kreditzinsen zu tragen. Wo aber der Kredit schon abbezahlt ist und keine Zinsen mehr gezahlt werden müssen, gibt es auch keinen Anspruch mehr auf die Aufwendungszuschüsse und die jährlichen Mieterhöhungen, so das OVG.
Nach Auskunft der IBB gibt es mehrere Häuser, in denen die Mieten dennoch entsprechend erhöht worden sind. In rund 60 Fällen steht das Land Berlin in juristischen Auseinandersetzungen mit den Fördernehmern. Das betrifft circa 3300 Mietparteien. Sie haben Anspruch auf die Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete.
Über die Jahre summieren sich die rechtswidrig kassierten Mieten beträchtlich: Bei einer 65-Quadratmeter-Wohnung sind es im ersten Jahr 100 Euro, nach dem vierten Jahr kommen schon 1000 Euro zusammen.
Allerdings: Die Mieter:innen bekommen ihr Geld nicht automatisch zurück. „In der Regel müssen sie selbst tätig werden und ihre Ansprüche geltend machen“, erklärt IBB-Pressesprecher Jens Holtkamp. Die Mieterschaft wird auch nicht direkt informiert, wenn für ihr Haus der Förderkredit vorzeitig zurückgezahlt wird.
Mieter:innen können zwar den Förderstatus beim Wohnungsamt erfragen und der beigefügten Wirtschaftlichkeitsberechnung entnehmen, dass an einer Mieterhöhung etwas nicht stimmt. Dazu muss man aber die Rechtslage kennen und Profi in Sachen Sozialer Wohnungsbau sein. Berlin dürfe die Mieter:innen nicht im Stich lassen, fordert der Berliner Mieterverein: „Hier ist das Land in der dringenden Pflicht, alle Haushalte zu informieren, dass Darlehen vorzeitig zurückgezahlt werden und weitere Mieterhöhungen nicht zulässig sind“, sagt BMV-Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz.
Jens Sethmann
28.02.2025