Alle Jahre wieder stellt sich beim Blick in die Betriebskostenabrechnung die bange Frage: Nach- oder Rückzahlung? Im Zweifelsfall schickt man die Zahlenaufstellung an den Berliner Mieterverein, um sie von einem Rechtsberater prüfen zu lassen. Der kommt oft zu dem Schluss, dass auch ein Blick in die Rechnungsbelege des Vermieters notwendig ist.
Der erste Schritt ist in der Regel die Prüfung der Nebenkostenabrechnung auf rechnerische Richtigkeit und auf Plausibilität. Extreme Kostensteigerungen im Vergleich zur Vorjahresabrechnung oder auch starke Abweichungen vom Berliner Durchschnittswert lassen den Rechtsberater aufmerken. In der Regel wird dann die Hausverwaltung angeschrieben und um Übersendung entsprechender Belege gebeten, anhand derer die Kostenpositionen überprüft werden können.
Doch hier gibt es oft Probleme: Der Mieter hat zwar ein Recht auf Einsicht in die Rechnungsunterlagen, jedoch laut BGH-Rechtsprechung kein Recht auf Übersendung entsprechender Kopien. Vielmehr muss er sich in die Räumlichkeiten der Hausverwaltung bemühen, um vor Ort Einsicht in die Rechnungsbelege zu nehmen.
Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV) kritisiert daher: „Die Mieter werden durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes klar in ihrer Rechtswahrnehmung eingeschränkt.“
Spezialisten im BMV-Auftrag
Seit rund einem Jahr bietet der Berliner Mieterverein aus diesem Grund seinen Mitgliedern einen Zusatzservice an: Professionelle Belegprüfer übernehmen gegen eine Pauschalgebühr von 50 Euro bei Prüfung einer Abrechnung die Belegeinsicht in den Räumen der Hausverwaltung. Derzeit stehen zu diesem Zweck drei Spezialisten für Betriebs- und ein Fachmann für Heizkostenabrechnungen zur Verfügung. Die Belegprüfer werden vom zuständigen Rechtsberater instruiert und nehmen dann Einsicht in die Belege jener Posten, an deren Richtigkeit Zweifel bestehen.
Klaus-Uwe Wöllert, Bauingenieur und schon seit einiger Zeit als Gutachter in Sachen Schimmelbefall und Hochbau für den Berliner Mieterverein tätig, hat im vergangenen Jahr viele Belegprüfungen vorgenommen. Auch Harald Schuth, der aufgrund seiner Ausbildung als technischer Kaufmann lange Zeit selbst einer Tätigkeit als Hausverwalter nachging, ist jetzt für den Berliner Mieterverein in Sachen Belegprüfung unterwegs: „Ich weiß aufgrund meines beruflichen Hintergrunds, worauf ich achten muss – daher kann ich im Zweifelsfall genauer nachfragen als ein Mieter.“
Klassische Fälle für Überprüfungen sind beispielsweise Hauswartdienstverträge oder auch Wartungsverträge für Aufzüge. „Hier kann eine eingehendere Prüfung ergeben, dass bis zu 35 Prozent der Gesamtkosten in Abzug gebracht werden müssen – das ist für den Mieter unter dem Strich erheblich“, erklärt Peter Riehl, Rechtsberater beim Berliner Mieterverein.
Die Einschaltung eines Belegprüfers kann sich für den Mieter also durchaus lohnen – auch um sich einmal Klarheit über die Abrechnungspraxis des Vermieters oder der Hausverwaltung zu verschaffen. Rechtsberater Riehl fügt allerdings lakonisch hinzu: „Manche Hausverwaltung macht dieselben Fehler jedes Jahr wieder aufs Neue“.
Elke Koepping
Die Ausnahme von der Regel
Das Recht des Mieters zur Einsicht in die Rechnungsunterlagen des Vermieters ergibt sich aus § 259 Abs. 1 BGB, wonach die Verwaltertätigkeit als solche mit der Verpflichtung verknüpft ist, „dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und Belege vorzulegen.“ Auch § 29 Abs. 1 NMV gibt hierzu Auskunft: „Der Vermieter hat dem Mieter auf Verlangen Einsicht in die Unterlagen, die eine Berechnung der Miete ermöglichen, zu gewähren.“ Seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 8. März 2006 – VIII ZR 78/05) wird jedoch ein grundlegendes Recht des Mieters auf Übersendung der Rechnungsunterlagen verneint, es sei denn, dem Mieter kann eine persönliche Einsicht in die Belege aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden oder weil der Sitz der Hausverwaltung zu weit entfernt vom Wohnort des Mieters gelegen ist. Anders sieht die Sache für Mieter von Sozialwohnungen aus: Hier bestimmt § 29 Abs. 2 Satz 1 NMV, dass „der Mieter anstelle der Einsicht in die Berechnungsunterlagen Ablichtungen davon gegen Erstattung der Auslagen verlangen kann“.
ek
MieterMagazin 3/08
Bauingenieur Uwe Wöllert prüft im Mieterauftrag Abrechnungsbelege
Foto: Christian Muhrbeck
31.12.2017