Ab dem 1. Januar 2025 dürfen Vermieter Belege zur Betriebskostenabrechnung auch ausschließlich digital bereitstellen. Der Deutsche Mieterbund warnt: Diese Änderung schwächt die Kontrollrechte der Mieter erheblich. Warum ist das der Fall?

Foto: Nils Richter
Mit der Ergänzung des § 556 Abs. 4 Satz 2 BGB ist Vermietern nun gesetzlich erlaubt, Betriebskostenbelege auch dann in digitaler Form bereitzustellen, wenn ihnen diese ursprünglich in Papierform vorgelegen haben. Die Begründung: Vermieter sollen ein papierloses Büro führen dürfen und keine Originalbelege mehr aufbewahren müssen. Das wird auch von den landeseigenen Wohnungsunternehmen begrüßt.
Auf Anfrage teilt für die Degewo ihr Pressesprecher Stefan Weidelich mit: „Wir begrüßen diese nun gesetzlich verankerte Möglichkeit. Im Wesentlichen stehen die Belege zur Nebenkostenabrechnung bei uns nur noch digital zur Verfügung.“ Die Degewo nutzt diese Möglichkeit bereits seit geraumer Zeit, auch bei Terminen zur Belegeinsicht. Weidelich kündigte an, Möglichkeiten zu prüfen, wie man die Belege noch schneller zur Verfügung stellen kann.
Die neue Gesetzesregelung steht konträr zur BGH-Rechtsprechung
Das Recht auf Belegeinsicht ist ein zentrales Element zur Überprüfung der Richtigkeit von Betriebskostenabrechnungen – gerade in Zeiten steigender Energiepreise und Inflation, in denen Nachforderungen von mehreren tausend Euro keine Seltenheit sind. Die Erfahrung aus über 1,2 Millionen in DMB-Vereinen organisierten deutschen Mieterhaushalten lehrt: Ein Großteil der Abrechnungen ist fehlerhaft oder überhöht. Nur durch die Einsichtnahme in die tatsächlichen Belege – insbesondere in Originalunterlagen – kann eine aussagekräftige Prüfung erfolgen. Die jetzige Neuregelung stellt sich dabei ausdrücklich gegen die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der zuletzt mit Urteil vom 15. Dezember 2021 (VIII ZR 66/20) klargestellt hat, dass Mieter grundsätzlich Anspruch auf Einsicht in Originalbelege haben. Diese seien nach BGH-Meinung für eine effektive Prüfung unerlässlich, da digitale Kopien fehleranfällig oder manipulierbar sein können. Insbesondere wenn ein Vermieter Belege in Papierform von Hausverwaltungen oder Versorgern erhält, müssen diese auch den Mietenden in Papierform vorgelegt werden. Eine pauschale Digitalisierung ersetzt laut BGH nicht die Qualität und Beweiskraft des Originals. Darüber hinaus kritisiert der Deutsche Mieterbund, dass es keinen Anspruch von Mieterinnen und Mietern auf Übersendung digitaler Belege gibt. Die digitale Bereitstellung ist zwar nun zulässig, aber ein Anspruch der Mieter, die Unterlagen digital zu erhalten – etwa zwecks Prüfung zu Hause oder durch einen Mieterverein – besteht nicht. Auch bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass Belege in der Regel nur am Ort des Vermieters eingesehen werden können. Dies kann erheblichen psychologischen Druck erzeugen: Die Mieter sind auf das Entgegenkommen des Vermieters angewiesen, was zu einem Machtungleichgewicht führt.

Der DMB sieht insbesondere ältere oder weniger technik-affine Menschen benachteiligt. Diese könnten mit der rein digitalen Form überfordert sein. Auch technisch versiertere Mieterinnen und Mieter seien häufig nicht in der Lage, komplexe digitale Abrechnungen in einer angespannten Einsichtssituation beim Vermieter adäquat zu überprüfen. Die Gefahr ist groß, dass Mieter künftig von der Belegeinsicht abgeschreckt werden – obwohl gerade diese eine wichtige Kontrollmöglichkeit gegen Fehler oder überhöhte Kosten darstellt. Der Dachverband der deutschen Mietervereine zieht den Schluss: Die Neuregelung ist kein Schritt hin zu mehr Transparenz, sondern erschwert die Prüfung durch Mieter und verschlechtert deren rechtliche Stellung.
Stefan Klein
Der BMV-Belegeinsicht-Service
Wer Hilfe bei der Belegeinsicht sucht, findet sie beim Berliner Mieterverein. Sind Kopien vorhanden, können Mitglieder diese vom BMV prüfen lassen. Wer zur Belegeinsicht vor Ort beim Vermieter nicht in der Lage ist oder sich diese nicht selbst zutraut, kann für eine Pauschalgebühr von 90 Euro (ermäßigt 60 Euro) je Abrechnung den Service nutzen. Experten prüfen und kopieren die Belege dann am Sitz der Hausverwaltung. Der Service gilt nur für auffällige Abrechnungen und setzt voraus, dass der Fall deshalb in die BMV-Rechtsabteilung überwiesen wurde.
stk
www.berliner-mieterverein.de/recht/infoblaetter/info-40-belegeinsicht-in-abrechnungsunterlagen-zur-betriebskostenabrechnung-und-heizkostenabrechnung-mit-musterschreiben.htm
30.05.2025