Ende 2021 sorgten unerklärliche Kostensteigerungen aus der Nebenkostenabrechnung im Quartier rund um die Bülowstraße für erheblichen Unmut. Einige Bewohner:innen schlossen sich daraufhin zusammen und forderten von ihrer Vermieterin, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, Antworten auf ihre Fragen. Das MieterMagazin sprach mit drei aus der Mieter:inneninitiative Bülowstraße Ost (MiBO).

Woher rühren die massiven Erhöhungen in ihren Nebenkostenabrechnungen, fragten sich die MieterMagazin-Interviewpartner Tesch, Voester und Ratering
Foto: Nils Richter
MieterMagazin: Wie hat alles angefangen?
Conny Voester: Die drastischen Nachzahlungen waren natürlich Thema in der Nachbarschaft und im Juni 2022 fand dann ein erstes Treffen statt. Wir hatten eigentlich nicht vor, eine Mieterinitiative zu gründen. Wir dachten, es gibt ja den Mieterbeirat, der unsere Interessen vertritt. Als dieser unter Druck gesetzt wurde, sich von uns zu distanzieren, haben wir uns als Initiative formiert. Uns geht es nicht nur um die Heizkosten, sondern um mangelnde Transparenz, die schlechte Kommunikation allgemein und Energieeffizienz.
Mechthild Ratering: Der Grundpreis für die Wärmelieferung hatte sich gegenüber dem Vorjahr sprunghaft um 27 Prozent erhöht, ohne dass wir irgendwelche Information über eine Preiserhöhung bekommen hätten. Plausible Antworten haben wir von der Gewobag auf der Mieterversammlung, zu der sie im März 2023 eingeladen haben, nicht bekommen. Es hieß immer nur: „Das sind Einzelfälle – klären Sie das mit Ihrem Sachbearbeiter.“ Bei den Leuten im Saal brodelte es gewaltig.
Robert Tesch: Ich wohne in einem Gewobag-Haus in der Schönhauser Allee, und bei uns ist es das gleiche. Die Kommunikation zeichnet sich häufig durch Gleichgültigkeit und Unprofessionalität aus. Die massiv gestiegenen Kosten für die Wartung der Heizungsanlage wurden auch bei uns lapidar mit allgemeinen Preissteigerungen begründet. Als Mieter erwarte ich, dass solch massive Kostensteigerungen erklärt werden!
Mechthild Ratering: Was mich am meisten ärgert: Bei der Suche nach den Gründen für die Preissprünge mussten wir regelrecht Detektivarbeit leisten. Ist es die Einrohrheizung? Oder die Umstellung auf Funkablesung? Schließlich sind wir auf die Tochterfirma Gewobag ED gestoßen. Wir fanden heraus, dass der Grundpreis im Wärmeliefervertrag mit der Gewobag Anfang 2020 um teilweise mehr als das Zwanzigfache erhöht worden war.
Robert Tesch: Das sogenannte Insourcing* wird von Wohnungsunternehmen gern genutzt, um die Nebenkosten zu erhöhen. Die Preisgestaltung zwischen Mutter- und Tochterunternehmen ist naturgemäß völlig intransparent, um es mal vorsichtig auszudrücken.

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MieterMagazin: Wie ging es dann weiter? Konnten Sie Erfolge erzielen?
Conny Voester: Wir haben von der Politik auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene Unterstützung erhalten, zum Beispiel von dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Kevin Kühnert und dem Bezirksbürgermeister Oltmann.
Es gab dann noch mehrere Gesprächsrunden, moderiert von Staatssekretär Stephan Machulik aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Allein das werten wir als Erfolg – die Gewobag musste uns endlich ernst nehmen. Leider wurde die Zusage, im Austausch zu bleiben und eine weitere Mieterversammlung abzuhalten, inzwischen zurückgezogen. Wir werden aber dranbleiben.
Robert Tesch: Es ist uns gelungen, Druck auszuüben. Die Treffen mit Machulik waren auf Augenhöhe. Bei der Gewobag merkt man dagegen ganz klar, dass sie uns Mietende nicht als Partner ansieht.
Conny Voester: Wir haben mittlerweile unseren Radius erweitert und sind gut vernetzt. Ganz ohne PR hat sich eine erstaunliche Dynamik entwickelt. Was uns ebenfalls freut: Ein Mieter hat mit einem Anerkenntnisurteil beim Amtsgericht Schöneberg einen Erfolg erzielt. Wir wollen nun mit dem Mieterverein einen Musterprozess führen.
Das Gespräch führte MieterMagazin-Mitarbeiterin Birgit Leiß
* Während beim Outsourcing einer Dienstleistung ein betriebsfremdes Unternehmen beauftragt wird, besteht das Geschäftsverhältnis beim Insourcing mit einem eigenen Tochterunternehmen.
Das MieterMagazin stellt an dieser Stelle in lockerer Folge Nachbarschafts- und Quartiersinitiativen vor.
mi-buelow-ost@proton.me
30.10.2025




