Wer ein mietrechtliches Problem hat, sucht eine Beratungsstelle des Berliner Mietervereins auf. Ob Ärger über die Betriebskostennachzahlung, Erleichterung über die abgewehrte Mieterhöhung oder Verzweiflung wegen der Eigenbedarfskündigung – Freud und Leid liegen hier dicht beieinander.

Foto: Christian Muhrbeck
„Das hat sich doch wieder gelohnt!“, meint eine Frau freudestrahlend, als sie aus dem Beratungszimmer kommt. Die Überprüfung der Mieterhöhung hat ergeben, dass diese nicht zulässig ist: „Ich spare dadurch 700 Euro im Jahr.“ Auch eine andere Ratsuchende ist in besserer Stimmung als vorher. Sie hat aus Versehen gekündigt und wollte es wieder rückgängig machen. Normalerweise ist das nicht möglich, aber in diesem Fall fand der Anwalt einen formalen Fehler. Gar nicht zufrieden ist dagegen die ältere Dame, die in ein Seniorenwohnhaus ziehen will und deren Vermieter auf Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist besteht. Die Mieterin ist nun zum dritten Mal in der Beratung und jedes Mal wurde ihr erklärt, dass in diesem speziellen Fall – ein 40 Jahre alter Zeitmietvertrag – nicht daran zu rütteln ist. Die Seniorin bleibt ungläubig: „Man liest doch überall in der Zeitung, dass man nur drei Monate Kündigungsfrist hat!“ Doch so ist nun mal die Rechtslage – eine Beratung ist kein Wunschkonzert.
Den Ängstlichen Mut machen
Die Anwältinnen und Anwälte müssen mitunter enttäuschen, was vermeintliche Ansprüche angeht. Auf der anderen Seite müssen sie ängstlichen Menschen Mut machen. „Kann mir gekündigt werden, wenn ich der Mieterhöhung nicht zustimme?“, wird häufig gefragt. Im 30-Minuten-Takt zu beraten, ist anstrengend, sagt Rechtsanwalt Andreas Flitz: „Das kann nicht jeder. Wir dürfen keine Fehler machen.“ Da müssen komplizierte juristische Sachverhalte verständlich erklärt, aufgebrachte Mieter:innen beruhigt und mitunter auch der Redefluss gestoppt werden. Andreas Flitz macht seit mehr als 30 Jahren für den Berliner Mieterverein Beratung und kennt noch die Zeiten, als der BMV keine eigenen Beratungsstellen hatte. „Da bin ich mit dem Ordner unter dem Arm zu Kirchen oder Jugendtreffs geradelt“, erzählt er. Seitdem habe sich viel verändert. Zur besseren Verständlichkeit für die Laien unter den Ratsuchenden habe man die Schreiben so formuliert, dass sie nicht so juristisch klangen. Wer heute zur Beratung komme, habe sich dagegen meist vorher schon im Internet schlau gemacht.

Foto: Christian Muhrbeck
Wenn die Anwältinnen und Anwälte einen Wunsch frei hätten, wäre es, dass zumindest der Mietvertrag und die wichtigsten Schreiben ausgedruckt und zur Beratung mitgebracht werden. Einen 15 Seiten langen Mietvertrag auf dem Handy-Display lesen zu müssen, sei eine Zumutung. Die Betreuer:innen, die für den organisatorischen Ablauf zuständig sind, wünschen sich vor allem mehr Verständnis für Wartezeiten in der Akutberatung, die eigentlich für dringende, nicht aufschiebbare Anliegen vorgesehen ist. Nicht alle sind so gelassen wie die Steglitzerin, die der Betreuerin als Dank eine Schachtel Pralinen überreicht – nach mehr als zwei Stunden Warten. „Ist doch beim Arzt genauso“, findet sie.
Birgit Leiß
Besserer Service – mehr Zeit für die Beratung
Im September 2025 wurden einige Änderungen eingeführt. Die Wichtigste: Ab sofort kann man sich nicht nur zu bestimmten Zeiten, sondern zu Beratungsbeginn in sämtlichen Beratungsstellen ohne Termin beraten lassen. Wenn das Anliegen nicht ganz so eilig ist, ist trotzdem eine Terminvereinbarung zu empfehlen, denn so erspart man sich möglicherweise eine lange Wartezeit, wenn viel Andrang herrscht. Außerdem wurde das Beratungsintervall von 20 auf 30 Minuten erhöht. Die Möglichkeit eines Doppeltermins entfällt.
bl
01.10.2025




