Wie wird die Gleichstellung von Architektinnen und Planerinnen gefördert? Wie kann Diversität in der Baukultur gestärkt werden? Und wie sieht eine gendergerechte Stadt aus? Diese Fragen warf das erste bundesweite „Women in Architecture“ (WIA)-Festival auf.

Berliner WIA-Projekt: Queeres Haus in der Berolinastraße
Foto: Sabine Mittermeier
Mehr als 200 Akteur:innen sind in 265 Projekten zum WIA dafür Ende Juni im ganzen Bundesgebiet zu Veranstaltungen, Austausch und Networking zusammengekommen. Das zehntägige bundesweite Festival hat sich aus dem „Women in Architecture Berlin Festival“ entwickelt, das erstmals 2021 stattfand. Rund 70 Veranstaltungen fanden dieses Mal in Berlin statt, darunter Ausstellungen, Vorträge, Workshops, Führungen und Lesungen.
Beim abschließenden Summit, der unter dem Motto „Vielfalt bauen“ in der Urania stattfand, trafen sich Interessierte auf einem „Marktplatz“, auf dem WIA-Akteur:innen aus dem gesamten Bundesgebiet ihre Projekte vorstellten. Im Anschluss wurde ein Video-Grußwort von Bundesbauministerin Verena Hubertz gezeigt, einer der Schirmfrauen des Festivals. Sie verwies darauf, dass 57 Prozent der Architekturstudent:innen weiblich seien, und bemerkte: „Gute Stadt gelingt nur, wenn sie alle mitdenkt.“

Foto: Sabine Mittermeier
Es folgte eine Keynote von Prof. Dr. Anupama Kundoo, die seit 2024 Architektur an der TU Berlin unterrichtet und sich intensiv mit ressourceneffizientem und ökologischem Bauen beschäftigt. Angst vor Widerständen habe sie nie gehabt – wohl aber vor dem Erfolg als Frau, denn der bringe neue Probleme mit sich, so Kundoo. Die zweite Keynote hielt Dr. Friederike Landau-Donnelly, politische Theoretikerin und Stadtsoziologin, aktuell Gastprofessorin an der Humboldt-Universität. Sie stellte ihre Gedanken für eine gendergerechtere Stadt vor, darunter die Idee, immer mehr Ränder zu schaffen, anstatt immer mehr Menschen im Zentrum anzusiedeln – ein „ränderzentriertes Bauen“ oder auch „decentering the center“.
An die Ränder statt ins Zentrum
Beim anschließenden Round Table diskutierten Expertinnen die „Leitlinien für eine faire, inklusive und sorgende Stadt“ (siehe Kasten). Dabei wurde deutlich: Die Diskussion um eine Stadt, die alle mitdenkt, wird zwar bereits seit den 70er Jahren geführt, in der Praxis ist das aber wenig vorangekommen. Julia Feier, Leiterin der Stabsstelle für Sonderprojekte und IBA bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, freute sich über einen „neuen Werkzeugkasten, der berlinweit dabei helfen wird, die Stadt schöner und gerechter zu gestalten“. Sie wies aber auch darauf hin, dass es dauern könne, bis dieser auf die „Tiefen der Verwaltung“ heruntergebrochen sei.
Katharina Buri
Leitlinien für eine faire, inklusive und sorgende Stadt
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hat zum Frauentag 2025 Leitlinien für eine gendergerechte Stadtentwicklungspolitik vorgestellt. Das Ziel: Bisher meist vernachlässigte Perspektiven stärker in die Stadtentwicklung einzubeziehen. Dazu zählt nicht nur der Blickwinkel von Frauen, sondern auch von Menschen mit Behinderungen, Älteren, sorgenden Personen oder Kindern. Dies sind die acht Leitlinien:
1. Für eine starke Repräsentation, Diskriminierungsfreiheit und inklusive Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen
2. Für mehr Sichtbarkeit und Teilhabe im öffentlichen Raum
3. Für eine gerechte Mobilität und Barrierefreiheit
4. Sicherheit erhöhen für ein diskriminierungsfreies öffentliches Leben
5. Qualitätvolles Wohnen und Sicherheit im häuslichen Umfeld gewährleisten
6. Care-Arbeit in das Blickfeld der Stadtentwicklung nehmen
7. Eine gesunde Stadt für alle
8. Klimaanpassung gendersensibel umsetzen und Resilienz aufbauen
Die Leitlinien sollen den Akteur:innen in Ländern und Kommunen Orientierung geben. Sie haben allerdings keinerlei bindende Wirkung.
kb
29.08.2025




