Nettomiete oder Bruttomiete?
Stand: 1/05
Seit 1998 weist der Berliner Mietspiegel für den Westteil der Stadt Vergleichswerte auf der Basis von Nettokaltmieten aus, weil inzwischen – wie im Ostteil der Stadt – nun auch im Westteil überwiegend Mietverträge mit Nettokaltmieten vorliegen.
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
Was heißt „brutto“ und was „netto“?
Bruttokaltmiete – hierbei werden Anteile für Betriebskosten bereits mit der Miete gezahlt und – vorausgesetzt die mietvertragliche Vereinbarung lässt das zu – die Kostensteigerungen bei den Betriebskosten durch Mieterhöhungen wegen gestiegener Betriebskosten nach § 560 BGB an den Mieter weitergegeben. Achtung: Diese Möglichkeit ist nur bei Mietverträgen zulässig, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen wurden.
Nettokaltmiete – hierbei wird neben der Grundmiete bzw. Nettokaltmiete (beide Begriffe meinen dasselbe) ein gesonderter Betrag in Form von Betriebskostenvorschüssen gezahlt, über deren Verwendung der Vermieter nach § 556 Abs. 3 BGB jährlich abzurechnen hat. Soweit sich anlässlich dieser Betriebskostenabrechnung Differenzen ergeben, muss der Mieter entweder Nachzahlungen leisten oder ihm steht ein Guthaben zu. Über welche Betriebskosten abzurechnen ist, ergibt sich aus dem Mietvertrag.
Will der Vermieter bei bestehender Bruttokaltmiete eine Mieterhöhung mit dem Berliner Mietspiegel begründen, muss er zunächst anhand des Mietspiegels die ortsübliche Nettokaltmiete ermitteln. Sodann wären die Betriebskosten der Nettokaltmiete hinzuzurechnen. Dieses Verfahren ist für die Vermieter aufwendig. Viele Vermieter neigen deshalb dazu, anlässlich eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558 BGB gleich eine Umstellung der bisherigen Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete vorzunehmen.
Hierbei stellt sich die Frage, ob der Vermieter die ursprünglich vereinbarte Bruttokaltmiete einseitig auf eine Nettokaltmiete umstellen kann. Die Antwort hierauf ist eindeutig: NEIN!
Eine einseitige, „heimliche“ Umstellung der Mietzinsstruktur gegen den Willen des Mieters ist nicht möglich. Hierzu bedarf es einer ausdrücklich von beiden Seiten vereinbarten Veränderung des Mietvertrages. Kein Mieter kann zu einer Betriebskostenumstellung gezwungen werden!
Mehr noch: Wird die Betriebskostenumstellung im Rahmen einer Mieterhöhung nach § 558 BGB vorgenommen, so ist diese Mieterhöhung deswegen unwirksam (vgl. LG Berlin MM 94, 246 und 254). Allerdings wird eine solchermaßen „eingeschmuggelte“ Betriebskostenumstellung nach Ansicht eines Teils der Rechtsprechung doch wirksam, wenn der Mieter der Mieterhöhung – aus welchen Gründen auch immer – zustimmt (so genannte konkludente Annahme des Umstellungsangebotes, vgl. LG Berlin – 65 S 291/95 -, MM 96, 243; LG Berlin – 64 S 46/96 -, GE 96, 1489; a.A.: LG Berlin – 65 S 177/99 -, GE 00, 1622; LG Berlin – 61 S 316/97 -).
Die Nachteile einer Betriebskostenumstellung auf die Nettokaltmiete
Wenn Sie sich auf eine Umstellung in der gewünschten Weise einlassen, so kann dies zu folgenden Nachteilen führen:
- Ein Vermietertrick könnte darin bestehen, bei der Umstellung von zu geringen Betriebskostenanteilen in der bisherigen Bruttokaltmiete auszugehen. Umso höher wird dann die so erreichte Nettokaltmiete und die Betriebskosten zahlt der Mieter anlässlich einer erst nach über 12 Monaten vorzulegenden Betriebskostenabrechnung dann sowieso.
Also: Fordern Sie den Nachweis der tatsächlich aktuell anfallenden Betriebskosten. Danach kann die bisherige Bruttokaltmiete um den aktuell ermittelten Betriebskostenbetrag gekürzt und auf eine somit realistische und angemessene Nettokaltmiete umgestellt werden.
Im Übrigen: Ein Vermieter macht sich schadenersatzpflichtig, der bei der Umstellung von Brutto auf Netto offensichtlich zu niedrige Betriebskostenvorschüsse angegeben hat (LG Berlin GE 96, 322). - Bei der Nettomiete kann der Vermieter jede Betriebskostenerhöhung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung rückwirkend auf die Mieterschaft abwälzen. Gegenüber der bisherigen Regelung bedeutet dies also eine erhebliche Verschlechterung, da rückwirkende Betriebskostenerhöhungen bei Bruttokaltmieten wegen des damit verbundenen Aufwandes nahezu ausgeschlossen waren. Auch können nach dem Rechtsentscheid des Kammergerichts (MM 97, 319) Betriebskostenerhöhungen für Zeiträume vor der letzten Mieterhöhung nach § 558 BGB nicht mehr durchgesetzt werden.
- Da der Berliner Mietspiegel nur Nettokaltmieten ausweist, ist bei vereinbarter Nettokaltmiete ein Vergleich der gezahlten oder geforderten Nettokaltmiete mit der maßgeblichen Nettokaltmiete des jeweils gültigen Mietspiegels erheblich vereinfacht. Dies hat zunächst einmal nur Vorteile für den Vermieter, der sein Mieterhöhungsverlangen besser und einfacher begründen kann und nicht erst umständlich die tatsächlich in der gezahlten Bruttokaltmiete enthaltenen Betriebskostenanteile herausrechnen muss, um so gegenüber dem Mieter ein nachvollziehbares und wirksames Mieterhöhungsverlangen abzugeben. Dies stellt für den Vermieter einen erheblichen Aufwand dar und somit dürfte eine Vielzahl von Mieterhöhungsverlangen bereits aus formalen Gründen unwirksam sein, weil die Mieten im Mieterhöhungsverlangen nicht korrekt umgerechnet wurden.
- Da Vermieter mit Betriebskostenerhöhungen bei vereinbarter Bruttokaltmiete viel Arbeit haben, werden sie dazu neigen, sich diese erst dann aufzuhalsen, wenn es sich lohnt. Das spart für den Mieter in der Zwischenzeit bares Geld. Dies ist anders bei vereinbarter Nettomiete: Für den Vermieter ist der Verwaltungsaufwand der Betriebskostenabwälzung im Rahmen der Nettomiete geringer als bei der Bruttomiete
Der Vorteil einer Betriebskostenumstellung auf die Nettokaltmiete
Die Umstellung auf eine Nettokaltmiete kann ein Vorteil im Falle von Mieterhöhungen gemäß § 558 BGB sein:
Die bisherige Bruttokaltmiete wird um die enthaltenen Betriebskosten reduziert, so dass die Nettokaltmiete wesentlich niedriger als die Bruttokaltmiete ist. Bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB ist die Ausgangsbasis für die Berechnung der Kappungsgrenze von 20 beziehungsweise 15 Prozent dann nach der Umstellung die geringere Nettokaltmiete. Nach der Umstellung auf eine Nettokaltmiete kann also eine Mieterhöhung nach § 558 BGB geringer ausfallen.
Wofür soll man sich entscheiden?
Wie man sieht, kann man nicht generell sagen, ob die Vereinbarung einer Bruttokaltmiete oder die einer Nettokaltmiete für den Mieter günstiger ist. Es ist jeweils eine Frage des Einzelfalls und hängt nicht zuletzt vom Vermieterverhalten ab.
In der Regel raten wir unseren Mitgliedern von einer Änderung der Mietzinsstruktur ab, da die Nachteile meistens überwiegen und die Vorteile nur beim Vermieter liegen. Sie müssen also bitte selber entscheiden, ob Sie einer Umstellung zustimmen wollen.
Verhandeln Sie!
Sofern Sie einer Umstellung der derzeit gezahlten Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete zustimmen wollen, um zum Beispiel die Vorteile einer geringeren Nettokaltmiete als Ausgangsbasis der Mieterhöhung nach § 558 BGB in Anspruch zu nehmen, sollte dieses damit verbunden werden, dass der Vermieter sich zur Kosteneinsparung hinsichtlich der Betriebskosten verbindlich verpflichtet. Knüpfen Sie Ihre Zustimmung zur Betriebskostenumstellung an Bedingungen!
Hier könnten folgende Punkte Bestandteil einer zusätzlichen Mietvertragsvereinbarung werden:
1. Als Ausgangsmietzins für mögliche Mieterhöhungen nach § 558 BGB wird die jetzt neu ermittelte Nettokaltmiete abzüglich der in den letzten drei Jahren erfolgten Mieterhöhungen nach § 558 BGB, und nach § 559 BGB festgelegt auf ……….. Euro/monatlich
2. Der Vermieter verzichtet für einen Zeitraum bis zum …………….. auf Mieterhöhungen nach § 558 BGB und die Kappungsgrenze für mögliche Mieterhöhungen wird abweichend von § 558 BGB auf 10 Prozent festgelegt.
3. Der Vermieter verpflichtet sich ab Beginn der Umstellung zur verbrauchsabhängigen Abrechnung der Be- und Entwässerungskosten. Das heißt: der Vermieter baut auf seine Kosten (ohne Modernisierungszuschlag oder zusätzliche Leasingkosten) Kaltwasserzähler in allen Wohn- und Gewerbeeinheiten ein, so dass anhand der erfassten Verbräuche die tatsächlichen Kosten der Be- und Entwässerung abgerechnet werden können.
4. Neben den bereits in der Betriebskostenerhöhung angesetzten Betriebskostenpositionen verpflichtet sich der Vermieter ausdrücklich zur Beschränkung. Dies heißt konkret: es werden keinerlei weitere zusätzlichen Betriebskosten unter den benannten Betriebskostenpositionen einschließlich der Kostenposition „sonstige Betriebskosten“ geschaffen bzw. nicht mietwirksam geltend gemacht.
5. Soweit hinsichtlich der Hauswartskosten und Gartenpflegekosten eine Änderung mit einer Kostensteigerung verbunden ist, verpflichtet sich der Vermieter, zuvor die Zustimmung der Mieterschaft einzuholen. Eine Verlagerung an Fremdfirmen kann nur erfolgen, soweit dies keine Verschlechterung der Leistungen und Kostensteigerung beinhaltet.
6. Zur Einsparung bei der Kostenposition Hausbeleuchtung verpflichtet sich der Vermieter zum Einbau von energiesparenden Leuchten.
7. Hinsichtlich der Kostenposition Müllabfuhr verpflichtet sich der Vermieter zur Einführung der getrennten Entsorgung, soweit noch nicht vorhanden. Zur Senkung dieser Kosten wird der Vermieter das Restmüllaufkommen beobachten, die Mieterschaft wiederholt auf korrekte Mülltrennung hinweisen und das Volumen der Restmülltonnen bis auf das dringend notwendige Maß senken.
8. Sperrmüllabfuhren, soweit diese unumgänglich erforderlich werden, weil trotz mehrfacher Aufforderungen, keine Verursacher ermittelt werden konnten, werden kostengünstig durch die BSR erledigt.
9. Kosten der Versicherungen werden auf das dringend notwendige Maß beschränkt.
10. Der Vermieter verpflichtet sich zur jährlichen Abrechnung und diese Abrechnung wird spätestens 6 Monate nach Schluss der Abrechnungsperiode vorgelegt. Eine verspätete Abrechnung führt zum Ausschluss einer Nachforderung. Die jährliche Abrechnung wird anhand der Rechnungsdaten für jede einzelne Kostenposition detailliert aufgeschlüsselt und Kostenveränderungen nachvollziehbar erläutert.
06.06.2018