3 Fragen an Katharina Schulz, Einsamkeitsbeauftragte von Reinickendorf -
Einsamkeit sichtbar machen

Unter großem Medieninteresse wurde 2023 in Reinickendorf die bundesweit erste Einsamkeitsbeauftragte in Vollzeit eingestellt. Das MieterMagazin sprach mit Katharina Schulz über ihre Arbeit.

MieterMagazin: Sind in Reinickendorf besonders viele Menschen einsam?

Katharina Schulz: Nein. Es bräuchte überall eine Einsamkeitsbeauftragte. Wir haben sogar Anfragen aus Südkorea. Es ist unserer Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner zu verdanken, die sich seit über zehn Jahren für das Thema einsetzt.

MieterMagazin: In der Pressemitteilung des Bezirksamts heißt es, Berlin sei „Hauptstadt der Einsamkeit“. Jeder zehnte Einwohner sei von Einsamkeit betroffen. Wie kann man das messen?

Katharina Schulz: Einsamkeit ist das zutiefst subjektive Gefühl, nicht mehr gebraucht und geliebt zu werden. Es hat also nichts mit selbstgewähltem Alleinsein zu tun. Es ist unabhängig von Alter und Einkommen und kann jeden von uns treffen. Die Betroffenen kommen da nicht mehr alleine raus. Mein Job ist es, zum einen, das sichtbar zu machen – denn Einsamkeit ist nach wie vor ein Tabu – und zum anderen Strukturen zu schaffen, die Wege aus der Einsamkeit aufzeigen.

MieterMagazin: Was wurde bereits umgesetzt?

Katharina Schulz: Wir haben beispielsweise Quasselbänke aufgestellt. Das sind Bänke im öffentlichen Raum, die zum Plaudern einladen. Kürzlich haben wir auf Anregung der Anwohner in einem neuen Wohnviertel eine Bank aufgestellt. Das hat sich zu einem tollen Gemeinschaftsprojekt entwickelt, die Leute haben einen Tisch gebaut und drumherum Pflanzen aufgestellt. Die Architektur spielt übrigens eine wichtige Rolle bei der Bildung einer starken Nachbarschaft. Eine offene und einladende Gestaltung und gemeinschaftliche Räume fördern Nachbarschaft und ein Zugehörigkeitsgefühl.

Interview: Birgit Leiß

Hartmut Lindenberg
30.10.2025