Der Klimawandel ist in Berlin längst spürbar: Hitzewellen, Starkregen und milde Winter verändern das Leben in der Stadt. Besonders betroffen sind Bewohner:innen von Mietwohnungen – durch neue gesetzliche Vorgaben, steigende Anforderungen an Gebäude und mögliche Modernisierungen. Was regelt das Gebäudeenergiegesetz? Welche Rechte haben Mieter:innen? Und wie bereitet sich Berlin auf die Klimafolgen vor?

Geht es um Folgen des Klimawandels, ist Berlin besonders verwundbar. Die dichte Bebauung und versiegelte Flächen machen die Stadt zu einem „urbanen Hitzeinsel“-Hotspot. Temperaturen über 35 Grad im Sommer sind keine Seltenheit mehr. Besonders betroffen: Ältere Menschen, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen.
Berlins ökologisches Gleichgewicht ist verletzlich
Auch die Stadtnatur leidet. Die Spree führt in Trockenperioden deutlich weniger Wasser, Straßenbäume vertrocknen, und das Mikroklima in den Kiezen verändert sich spürbar. Extremwetterereignisse – wie der Tornado in Spandau 2022 oder Starkregenfälle, bei denen Keller und U-Bahnhöfe vollliefen – zeigen, wie verletzlich eine Großstadt wie Berlin ist.

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Um das Schlimmste zu verhindern, hat sich Deutschland klare Klimaziele gesetzt: Die Erderwärmung soll auf maximal 1,5 °C begrenzt werden – das ist das Ziel des Pariser Klimaabkommens. Spätestens 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Das heißt: Es dürfen dann nur noch so viele Treibhausgase ausgestoßen werden, wie gleichzeitig wieder gebunden werden können. Diese Ziele werden durch das Bundesklimaschutzgesetz festgelegt. Die Umsetzung liegt in der Verantwortung der Ministerien – in Berlin etwa bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz.
Ein zentrales Feld ist dabei der Gebäudesektor – denn 30 bis 40 Prozent der CO₂-Emissionen in Deutschland entstehen durch das Heizen, Kühlen und Beleuchten von Gebäuden. Was steht nun im Gebäudeenergiegesetz – und was nicht? Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), oft verkürzt als „Heizungsgesetz“ bezeichnet, regelt die energetischen Anforderungen an Gebäude. Es wurde zuletzt 2023 novelliert und sorgt seither für viele Diskussionen – nicht zuletzt wegen einiger hartnäckiger Mythen.
Was nicht im Gebäudeenergiegesetz steht
Mythos 1: „Gas- und Ölheizungen sind ab 2024 verboten.“ Falsch. Bestehende Heizungen dürfen weiterhin genutzt und auch repariert werden. Für Neubauten gilt seit 2024 die Regel, dass neue Heizsysteme mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Für Bestandsgebäude gibt es Übergangsfristen, Förderprogramme, aber keine sofortige Verpflichtung zum Austausch.

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Mythos 2: „Alle müssen eine Wärmepumpe einbauen.“ Nein. Die Wärmepumpe ist eine von mehreren Optionen. Auch Fernwärme, Solarthermie, Biomasse oder eine Hybridlösung (zum Beispiel eine Gastherme mit Solarunterstützung) können die Anforderungen erfüllen. Ziel ist Technologieoffenheit – aber mit einem klaren Fokus auf klimaschonende Lösungen. In zentralen Berliner Quartieren dürfte Fernwärme oft die beste Lösung sein.

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Mythos 3: „Mieter müssen alles zahlen.“ Auch das ist so nicht korrekt. Das GEG schreibt vor, dass Investitionen in klimafreundliche Heizsysteme sozial abgefedert werden müssen. Der Gesetzgeber hat außerdem umfangreiche Förderprogramme aufgelegt – für Vermieter:innen wie auch für Eigentümergemeinschaften. Allerdings hat die FDP in die Regelungen einen Passus eingebaut, der es Vermieter:innen möglich macht, auf die Förderung zu verzichten, was höhere Kosten für die Mieter:innen zur Folge hat.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima-Sondervermögen stehen viele Vorhaben auf dem Prüfstand. Die jetzige Bundesregierung plant aber weiterhin eine Reform des GEG. Im Gespräch ist eine Stärkung der kommunalen Wärmeplanung, mit der Erarbeitung von Plänen, wie Städte ihre Energieversorgung künftig organisieren – etwa durch den Ausbau von Fernwärmenetzen. Auch der soll verbessert und vereinfacht werden. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Gebäudehülle: Gut gedämmte Wände, Fenster und Dächer senken den Energiebedarf erheblich – und machen Wohnungen zugleich komfortabler und wertbeständiger. In vielen Berliner Wohnquartieren stehen Sanierungen an – sei es durch neue Fenster, effizientere Heizsysteme oder Wärmedämmung. Das kann mit Belastungen einhergehen, langfristig aber die Energiekosten senken und das Wohnklima verbessern. Viele Wohnungsunternehmen – vor allem die kommunalen – setzen inzwischen auf Klimaanpassung und Klimaschutz zugleich: Gründächer, Entsiegelung, Regenwasserspeicher, Baumpflanzungen, aber auch Mieterstrommodelle oder smarte Heizungssteuerung sind im Kommen.
Für Mieter:innen ist es wichtig, informiert zu werden, Beteiligung einzufordern und die eigenen Rechte zu kennen. Bei geplanten Modernisierungen muss rechtzeitig über Kosten und Maßnahmen informiert werden. Unterstützung dabei bieten zum Beispiel Mietervereine, Verbraucherzentralen oder auch Energieberatungsstellen.
Berlin wird sich verändern – klimatisch und baulich. Die Politik hat die Weichen gestellt, der Gebäudesektor spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Stefan Klein
Tausend ungenutzte Dächer …
Solarenergie, Fotovoltaik und andere klimafreundliche Technologien sind verfügbar – aber warum sind viele Dächer in Berlin und anderswo noch immer ungenutzt? Ein Grund ist das Baurecht: In vielen Altbauten ist die Dachstatik nicht für schwere Anlagen ausgelegt, oder der Denkmalschutz schränkt bauliche Veränderungen ein. Auch in Eigentümergemeinschaften (etwa bei Mietshäusern mit vielen Parteien) kann es kompliziert sein, Investitionen gemeinsam zu beschließen. Zudem gibt es wirtschaftliche Hürden: Zwar gibt es Förderprogramme, aber die Bürokratie ist oft abschreckend. Viele Eigentümer scheuen die Anfangsinvestition oder fürchten sich vor technischen Fragen. Die Amortisationszeit – also wie lange es dauert, bis sich eine Anlage lohnt – wird oft als zu lang eingeschätzt, auch wenn sie in Wahrheit ständig kürzer wird. Hinzu kommt: In Berlin ist der Platz auf dem Dach oft durch Dachterrassen, Technikaufbauten oder Gauben eingeschränkt – und Windräder sind aus Lärmschutzgründen in der Stadt kaum realistisch.

Die gute Nachricht: Mit besseren Förderungen, vereinfachten Verfahren und gesetzlichem Rückenwind (zum Beispiel der Solarpflicht bei Neubauten) wächst der Solaranteil in Berlin stetig – wenn auch langsamer, als es der Klimawandel erfordert.
stk
Ohne energetische Gebäudesanierung sind die Klimaziele nicht zu erreichen
„Der Gebäudebereich ist mit rund 40 Prozent der Bereich, in dem die meisten CO₂-Emissionen in Deutschland verursacht werden“, schreibt die Deutsche Energie-Agentur (dena) in ihrem Gebäudereport 2024. Das Fraunhofer-Institut beziffert die Zahl sanierungsbedürftiger Wohnungen, die in den kommenden zehn Jahren energetisch saniert werden müssen, bundesweit mit 24 Millionen (Berlin: 500.000).

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Der Gebäudesektor hat einen sehr großen Einfluss auf das Erreichen der Klimaziele. Doch Deutschland hinkt hinterher: Die Quote für energetische Sanierungen lag 2024 bei nur 0,69 Prozent – und die Jahre davor nur unwesentlich darüber. Um die Klimaziele 2030 zu erreichen, wäre aber eine jährliche Quote von 2 Prozent notwendig.

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Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt davor, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Klimaziele für die Jahre 2030 und 2045 deutlich verfehlt werden, und fordert von der Bundesregierung eine „energetische und sozialverträgliche Sanierungsoffensive“.
Den Aufwand unterschätzt, vom Thema überfordert
Woran hakt es, warum geht es angesichts der hohen Dringlichkeit nicht voran? Tatsächlich sind energetische Sanierungen für Hauseigentümer:innen häufig wenig attraktiv. Die Kosten für Baumaterial und Handwerkerdienstleistungen sind in den letzten Jahren explodiert. Im Zusammenspiel mit den innerhalb des letzten Jahrzehnts ebenfalls deutlich gestiegenen Bauzinsen ist es vielen Hauseigentümer:innen schlicht zu teuer, eine Sanierung anzugehen. Hinzu kommt, dass nicht wenige den Sanierungsbedarf der eigenen Immobilie deutlich unterschätzen oder sich von dem Thema überfordert fühlen. Und selbst wer sich zu einer Maßnahme durchringt, wird sich schwertun, in absehbarer Zeit Handwerker:innen zu finden: Die Baubranche leidet unter starkem Fachkräftemangel. Das Problem wird sich Prognosen zufolge weiter verschärfen, denn viele Handwerker:innen werden in den kommenden Jahren in Rente gehen.
Verteilung der Sanierungskosten ruft nach einer Reform
Noch unbeliebter sind energetische Sanierungen bei Mieter:innen. Dass diese kein Mitspracherecht haben, ob und in welchem Umfang Maßnahmen durchgeführt werden, und mitunter monatelang auf einer Baustelle leben müssen, sind noch die geringsten Schwierigkeiten. Deutlich gravierender sind die finanziellen Auswirkungen. Mehr als ein Drittel der 21 Millionen deutschen Mieterhaushalte ist schon jetzt durch Wohnkosten überlastet, darunter in erster Linie Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Für sie ist es besonders fatal, wenn das Versprechen, dass am Ende einer Sanierungsmaßnahme die niedrigeren Energiekosten die Gesamtkosten senken, unerfüllt bleibt – was häufig der Fall ist. Zum anderen erhöht die Umlage der Modernisierungskosten auf die Mietenden die Wohnkosten. Demnach dürfen acht Prozent der Sanierungskosten auf die Jahresmiete umgelegt werden, im Falle eines Heizungstauschs zehn Prozent (bei einer Kappung von maximal drei Euro pro Quadratmeter). Immer wieder wird Kritik daran laut, dass die Mieter:innen so den Großteil der Modernisierung zahlen, während Vermietende von den Wertsteigerungen des Gebäudes profitieren. Immer wieder gibt es auch Reformvorschläge für die Modernisierungsumlage. Der Berliner Mieterverein (BMV) hat in der Vergangenheit beispielsweise eine Absenkung der Umlage gefordert, langfristig sogar deren Abschaffung.

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Auf eine Absenkung setzt auch das „Drittelmodell“, das der Deutsche Mieterbund (DMB) und der Umweltverband BUND 2024 in einer Studie vorgestellt haben. Dabei sollen die Kosten zwischen Mietenden, Vermietenden und öffentlicher Hand aufgeteilt werden. Das Drittelmodell sieht vor, dass die Modernisierungsumlage auf drei Prozent abgesenkt wird – was im Durchschnitt den eingesparten Kosten für Heizung und Warmwasser entspricht, also dafür sorgen würde, dass sich die Warmmiete für Mieter:innen nicht erhöht. Vermieter:innen wiederum sollen dem Ansatz zufolge die staatliche Förderung behalten dürfen, die bislang an Mietende weitergereicht werden muss, damit auch für sie eine Sanierung attraktiv ist. Denn ein Problem ist auch, dass bislang nur in 35 Prozent der Fälle, in denen energetisch saniert wird, Fördergelder abgerufen werden. Theoretisch können Förderungen aus unterschiedlichen Töpfen beantragt werden, beispielsweise über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), das größte Förderprogramm. Die Gelder sollen helfen, Mieter:innen zu entlasten, indem die Zuschüsse von den umlagefähigen Kosten abgezogen werden. Problematisch: Nicht selten ist die Beantragung mit hohem bürokratischem und zeitlichem Aufwand verbunden, die Förderlandschaft ist immer noch unübersichtlich. Vor allem aber hat das System einen grundsätzlichen Pferdefuß: Obwohl die Förderungen Mietenden zugute kommen, können nur Hauseigentümer:innen sie beantragen – deren Motivation sich in Grenzen halten dürfte, weil sie selbst nicht finanziell profitieren.
Das Fördermodell hat einen grundsätzlichen Pferdefuß

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Zu einem berechtigten Misstrauen der Mieter:innen gegenüber der energetischen Sanierung führen auch Fälle, in denen Modernisierungen gezielt für eine Wertsteigerung des Gebäudes und eine Erhöhung der Miete genutzt werden. Teilweise werden – möglicherweise nach einer ungenügenden oder falschen Beratung – auch falsche Maßnahmen umgesetzt, es wird also etwa gedämmt, anstatt die Heizung modernisiert.
Zuletzt hat außerdem das sogenannte Wärme-Contracting negative Schlagzeilen gemacht, vor allem durch teilweise absurd hohe Heizkostennachzahlungen. Beim Contracting-Modell lagern Vermieter:innen die Erzeugung und Bereitstellung von Wärme komplett an einen externen Dienstleister aus. Wenn dieser sich dazu entscheidet, die Heizungsanlage auszutauschen, kann er die so entstehenden Kosten auf die Mieter:innen umlegen. Das Problem: Es ist für Mietende häufig komplett intransparent und nicht nachvollziehbar, ob die geforderten – oft hohen – monatlichen Beträge rechtens sind.
Katharina Buri
www.finanztip.de/mietwohnung-modernisierung
Ist das Erreichen des Ziels „Warmmietenneutralität“ überhaupt realistisch?
Von Warmmietenneutralität spricht man, wenn die Warmmiete, also Mietkosten plus Energiekosten, nach einer Sanierung nicht höher ist als davor. Kann das flächendeckend überhaupt erreicht werden? Ja, sagen Expert:innen – und zwar indem an einigen Stellschrauben gedreht wird. Einige Ansätze wie das Drittelmodell, die Absenkung der Modernisierungsumlage oder eine Novelle der Fördermaßnahmen wurden hier bereits genannt.

Ein weiterer Ansatz ist die so genannte Teilwarmmiete. Die Idee: Vermieter:innen sollen ihre Wohnungen beheizt anbieten, mit einer Art Wärme-Grundversorgung also. Wer es wärmer braucht oder möchte, muss die Differenz dann selbst bezahlen. Der Vorteil: Vermieter:innen haben einen größeren Anreiz, energetisch zu sanieren, Mieter:innen, Energie zu sparen. In Schweden, wo das Modell verbreitet ist, hat es bereits zu starken CO₂-Einsparungen geführt. Es gibt jedoch auch Forscher:innen, die den Ansatz für zu komplex halten, als dass er praxistauglich umgesetzt werden könnte. Sie plädieren stattdessen für eine Reform der Modernisierungsumlage mit Kappungsgrenzen für Mieter:innen.
kb
Klimaschutz heißt Wärmewende für Gebäude
Wärmepumpe, Fernwärme, Blockheizkraftwerk, Wasserstoff – viele Wege führen zur Klimaneutralität. Aber nicht jede Heizungslösung passt zu jedem Haus.

Foto: Ochsner
Ein wichtiger Baustein für die Wärmewende sind Wärmepumpenheizungen. Im Rekordjahr 2023 wurden in Deutschland 356.000 Wärmepumpen installiert. Aufgrund der politischen Verunsicherungen waren es 2024 zwar nur 193.000, doch mehr als zwei Drittel der Neubauten werden mit einer Wärmepumpe beheizt. Sie funktioniert im Prinzip wie ein umgekehrter Kühlschrank: Sie entzieht der Umgebungsluft oder dem Erdreich Wärme, verdichtet sie und leitet sie ins Haus, wo sie zum Heizen und zur Warmwasserbereitung eingesetzt wird. Viele Anlagen können im Sommer im Umkehrbetrieb auch zur Kühlung dienen. Wenn der zum Betrieb notwendige Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind oder Wasserkraft stammt, ist eine Wärmepumpenheizung klimaneutral.
Nach heutigem Stand der Technik sind Wärmepumpen eher eine Lösung für Einfamilien- und kleine Mehrfamilienhäuser. Weil die Wärmepumpe im Freien stehen muss, findet sich auf engbebauten Grundstücken nicht immer ein geeigneter Platz, zumal die Betriebsgeräusche in direkter Umgebung störend sein können.

Foto: pa/Wolfgang Filser
Besonders effizient sind Wärmepumpen in Kombination mit Fußboden- oder Wandheizungen, für die nur eine geringe Vorlauftemperatur von 30 bis 35 Grad notwendig ist. Man kann aber auch eine Wärmepumpe mit üblichen Heizkörpern, die eine Temperatur von 50 bis 55 Grad benötigen, betreiben. Es ist also bei einer Umrüstung auf den Einsatz einer Wärmepumpe nicht – wie oft kolportiert – zwingend, dass die gesamte Heizanlage herausgerissen und aufwendig durch eine Fußbodenheizung ersetzt werden muss.
Für die dichtbebaute Stadt ist der Anschluss an die Fernwärme die einfachste Lösung. Wenn in der Straße schon Fernwärmeleitungen liegen, braucht man nur einen Hausanschluss und im Keller eine Übergabestation. Eine eigene Heizungsanlage mit Kessel, Brenner und Schornstein wird dann nicht mehr benötigt. Um die Klimaschutzanforderungen müssen sich Hausbesitzer:innen dann nicht mehr kümmern. Das liegt in der Verantwortung des Wärmelieferanten. Der Nachteil ist, dass man die Preise des lokalen Anbieters akzeptieren muss, denn dieser hat in seinem Fernwärmenetz ein Monopol. Die Unwägbarkeit der Preisentwicklung lastet dabei allerdings auf den Mieter:innen, weil sie die Heizkosten letztlich bezahlen.
Nicht zu vergessen: Auch die Fernwärme wird erst klimafreundlich, wenn sie im Heizkraftwerk klimaschonend hergestellt wird. Spätestens 2045 soll die Fernwärmeerzeugung in Berlin klimaneutral sein. Die Berliner Energie und Wärme (BEW) hat dafür einen Fahrplan zur Dekarbonisierung, dem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Bis 2030 werden alle kohlebefeuerten und ein Großteil der älteren gasbetriebenen Anlagen stillgelegt. Danach werden schrittweise mehr Großwärmepumpen errichtet, die Abwärmenutzung aus der Müllverbrennung erhöht und der Anteil der Biomasse-Nutzung (sprich: Holzverbrennung) gesteigert. Bis 2045 soll fossilfreier Wasserstoff das fossile Gas komplett ersetzt haben. Auch Erdwärme soll einen wesentlichen Anteil an der BEW-Energiegewinnung haben, sofern sich geeignete Geothermie-Standorte finden.
Berlin hat das größte Fernwärmenetz in Westeuropa

Foto: Christian Muhrbeck
Unter dem Namen BEW sind seit 2024 die ehemals an Vattenfall verkauften Fernwärmenetze und Heizkraftwerke wieder in kommunaler Hand. Das Unternehmen beliefert rund ein Drittel der Stadt mit Fernwärme. Das Leitungsnetz ist mit 2000 Kilometern das größte in Westeuropa. Beim Neuanschluss einzelner Häuser ist die BEW aktuell etwas zögerlich. Die Kapazitäten der Heizwerke genügen zwar allgemein, müssen theoretisch aber auch ausreichen, wenn bei minus 16 Grad alle Haushalte die Heizung aufdrehen. Für Gegenden ohne Fernwärmeanschluss bietet die BEW deshalb dezentrale Contracting-Lösungen an. Sie installiert je nach Standort Wärmepumpen, Solarthermie, Holzpelletkessel oder Brennwertkessel für einzelne Wohnanlagen bis hin zu Nahwärmenetzen mit Blockheizkraftwerken für ein ganzes Quartier.
Auch das Fernheizwerk Neukölln steckt in der Umstellung. Es versorgt vom Weigandufer aus über ein Leitungsnetz von 120 Kilometern Länge 60.000 Haushalte in Neukölln und in Teilen von Kreuzberg mit Fernwärme. Die Verfeuerung von Kohle wird hier schon in diesem Jahr beendet. 35 Prozent der Wärme wird aktuell mit Holzpellets erzeugt. Der Rest kommt aus gasbetriebenen Blockheizkraftwerken, die gleichzeitig auch Strom erzeugen. Die Anlagen sind schon für den zukünftigen Betrieb mit Wasserstoff vorbereitet. In Zukunft sollen auch Erdwärme und die Abwärme aus Kanalisation und Flüssen genutzt werden. Das Fernheizwerk baut sein Netz kontinuierlich aus. Jährlich kommen zwei bis vier Kilometer neue Leitungen hinzu.

Foto: Linde
Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie für die Energiewende. Er hat als Energieträger den Vorteil, dass bei seiner Verbrennung keine schädlichen Abgase entstehen, denn er reagiert mit Sauerstoff zu Wasser. Aus dem Schornstein steigt nur Wasserdampf auf. Die Herstellung – durch Elektrolyse wird Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten – kostet allerdings viel Energie. Klimaneutral ist Wasserstoff nur, wenn zur Herstellung erneuerbare Energien eingesetzt werden, etwa Strom aus Wind und Sonne. Der so erzeugte „grüne“ Wasserstoff lässt sich in Tanks lagern und ist somit auch verfügbar, wenn wenig Wind weht und Wolken die Sonne verhängen.
Noch ist Wasserstoff relativ teuer und der Wirkungsgrad nicht sehr hoch. Er kommt hauptsächlich dort zum Einsatz, wo eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist, zum Beispiel beim Zugverkehr auf entlegenen Bahnstrecken oder in der Schifffahrt. Wirtschaftlich wird er, wenn Ökostrom im Überfluss vorhanden ist und die Technik effizienter wird. Auf beiden Feldern sind Fortschritte zu erwarten.

Foto: pa/Robert Haas
Kann man Wasserstoff auch direkt im Wohnhaus einsetzen? Grundsätzlich lässt sich eine Heizungsanlage mit Wasserstoff ebenso wie mit Erdgas befeuern. Bei der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz wurde darum gerungen, dass im Sinne der Technologieoffenheit auch weiterhin neue Gasheizungen eingebaut werden dürfen, wenn sie „H₂-ready“ sind, also auf einen späteren Betrieb mit Wasserstoff umgestellt werden können. Dazu müsste allerdings entweder ein neues Wasserstoff-Versorgungsnetz verlegt werden, was jahrelange Tiefbauarbeiten in allen Straßen bedeuten würde. Oder aber man stellt das vorhandene Gasnetz auf Wasserstoff um. Voraussetzung wäre jedoch, dass zumindest in Teilnetzen alle angeschlossenen Häuser mit wasserstofftauglichen Heizungen ausgestattet werden. Beides sind eher unrealistische Szenarien.
Auch Mieter:innen können zur Absenkung des CO₂-Ausstoßes beitragen. Bestes Beispiel: Balkonsolaranlagen. Damit kann man einen Teil seines Strombedarfs decken. Vermieter:innen dürfen das Aufstellen solcher Steckersolargeräte nicht mehr grundsätzlich ablehnen. Das Land Berlin fördert die Anschaffung mit bis zu 250 Euro. Auch mit energieeffizienten Haushaltsgeräten kann man den Verbrauch senken.

Foto: Christian Muhrbeck
Dabei sollte man aber den sogenannten Rebound-Effekt vermeiden. Dieser „Rückschlag“ ist ein oft beobachtetes Phänomen: Weil man kostenlosen Strom vom Balkon bekommt, nimmt man sich die Freiheit, überall das Licht anzulassen.
Das gute, alte Energiesparen bleibt also trotz aller technischen Verbesserungen immer noch an der Tagesordnung. Angesichts von Superreichen, die mit einem einzigen privaten Weltraumausflug mehr CO₂ verursachen als ein deutscher Durchschnittshaushalt in mehreren Jahren, mögen Appelle nerven, nicht die ganze Wohnung permanent auf 25 Grad aufzuheizen und im Winter die Fenster nicht in Kippstellung offen zu lassen. Doch es gibt ein hohes CO₂-Reduktionspotenzial, wenn man seine Gewohnheiten hinterfragt und das Konsumverhalten ändert.
Jens Sethmann
Ausführliche Informationen zu Heizungssystemen und Modernisierungsmöglichkeiten:
www.co2online.de/modernisieren-und-bauen/heizung/heizung-erneuern
Blockheizkraftwerke: eine Lösung von gestern?
Der Wirbel um Wärmepumpen hat in letzter Zeit den „Klassiker“ der Energiewende in den Hintergrund gedrängt. Das Blockheizkraftwerk (BHKW) gilt seit den 1980er Jahren für städtische Wohnanlagen als gute Lösung der Energiefrage. Nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung wird sowohl Strom als auch Wärme erzeugt. Durch den Doppelnutzen haben BHKW einen hohen Wirkungsgrad. Anfangs wurde dazu oft ein handelsüblicher Automotor verwendet, später schadstoffärmere gasbetriebene Generatoren.

Für außergewöhnliche Spitzenlasten im Winter werden BHKW oft um einen herkömmlichen Zusatzheizkessel ergänzt. Meist kommen die Anlagen zum Einsatz, wenn in einem Block mehrere Häuser einem Eigentümer gehören. Mit einem größeren BHKW lässt sich auch ein Nahwärmenetz für eine ganze Siedlung aufbauen. Mit ihrem hohen Wirkungsgrad sind BHKW nach wie vor vorteilhaft. Für den Umstieg auf nachwachsende Brennstoffe kommen Biogas, Pflanzenöl oder Holzpellets in Frage.
js
Vom Erzeuger bis zum Verbraucher: Der CO₂-Ausstoß kostet Geld
Anfang 2005 startete der Europäische Emissionshandel (EU-ETS 1) als das zentrale europäische Klimaschutzinstrument zur Erreichung der Klimaziele. Zunächst wurden Energiewirtschaft und energieintensive Industrie einbezogen, später auch Luft- und Seeverkehr – etwa 9000 Anlagen wie Kraftwerke, Raffinerien und Stahlwerke, die 40 Prozent der EU-weiten Treibhausgase ausstoßen.

Foto: EP 2007
Das Prinzip hinter EU-ETS 1, das das internationale Klimaschutzabkommen von Kyoto umsetzt, ist das so genannte Cap & Trade: Die EU legt jährlich eine Obergrenze (Cap) des insgesamt erlaubten Treibhausgas-Ausstoßes fest. Die in ETS 1 erfassten Unternehmen erhalten eine bestimmte Menge an Zertifikaten von ihrem jeweiligen Heimatstaat zugeteilt. Wollen sie mehr emittieren, müssen sie mit anderen beteiligten Unternehmen handeln (Trade). Der Handel soll unter den beteiligten Unternehmen Anreize schaffen, Treibhausgase zu reduzieren. Dass das funktioniert, zeigen Zahlen des Umweltbundesamtes: Demnach sanken die Emissionen der an EU-ETS 1 beteiligten Anlagen zwischen 2005 und 2023 EU-weit um 48 Prozent, in Deutschland um 44 Prozent.
Ab dem Jahr 2027 soll EU-ETS 2 eingeführt werden, ein weiterer Bereich des EU-Emissionshandels, der Brennstoffe umfasst. Wie bereits EU-ETS 1 wird auch er für alle Mitgliedstaaten verbindlich sein.
CO₂-Abgaben zur Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen
In Deutschland wurde schon ab dem 1. Januar 2021 für jede emittierte Tonne CO₂ im Bereich Wärme und Verkehr ein Preis fällig, der so genannte CO₂-Preis. Dafür wurde das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) für Brennstoffe eingeführt. Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase etwa durch Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle, Benzin und Diesel ist seitdem kostenpflichtig. Die Kosten werden von den Energielieferanten entrichtet und an Endverbraucher:innen weitergegeben. Der CO₂-Preis soll dazu beitragen, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, wie es die deutschen Klimaziele vorsehen. Das gelingt auch durch die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. Denn alle Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung fließen in den so genannten Klima- und Transformationsfonds (KTF), der den Umstieg auf klimafreundliche Technologien erleichtern soll und Entlastungsmaßnahmen für Haushalte und Unternehmen vorsieht. So fiel 2022 die EEG-Umlage weg, was die Stromkosten für Privathaushalte senkte – die Einspeisevergütung wird nun aus dem KTF finanziert.

Foto: pa/Jochen Tack
Der CO₂-Preis lag zur Einführung bei 25 Euro für eine Tonne CO₂ und stieg bis 2025 sukzessive auf 55 Euro. Was das für Privathaushalte bedeutet, rechnet das Finanzportal Finanztip vor: Aktuell werden für einen Liter Heizöl 14,72 Cent CO₂-Abgabe fällig, mit Mehrwertsteuer sind es 17,52 Cent. Hochgerechnet auf einen Jahresverbrauch von 600 Litern entspricht das 105 Euro, bei 2000 Litern schon 350 Euro. Beim Tanken werden pro Liter Benzin in diesem Jahr 13,17 Cent, mit Mehrwertsteuer 15,67 Cent fällig. Mit der Einführung von EU-ETS 2 2027 – in den das deutsche System überführt werden soll – werden Heizen und Autofahren noch deutlich teurer werden. Denn während in den ersten Jahren die Tonne CO₂ noch bei 45 Euro gedeckelt sein soll, wird später der Markt den Preis bestimmen. Finanztip prognostiziert anhand eines Hintergrundpapiers des Forschungsprojekts Ariadne etwa für das Jahr 2030 einen Preis von 275 Euro pro Tonne CO₂. Der CO₂-Preis für ein Liter Heizöl läge dann bei 87,58 Cent pro Liter – und es wäre mit Mehrausgaben von 525 Euro (bei einem Jahresverbrauch von 600 Litern) beziehungsweise 1752 Euro (bei einem Jahresverbrauch von 2000 Litern) zu rechnen.
Kosten fair verteilt zwischen Vermieter:innen und Mieter:innen
Wer heute als Mieter:in in einer mit Gas, Öl oder Fernwärme beheizten Wohnung lebt, muss für den Kohlendioxid-Ausstoß auch bezahlen, teilt sich seit 2023 die Kosten aber mit dem Vermieter oder der Vermieterin. Die genaue Aufteilung regelt das Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz (CO₂KostAufG) in zehn Stufen. Grundsätzlich gilt: Je höher der Heizenergiebedarf und je schlechter der energetische Zustand eines Gebäudes ist, desto höher ist der Anteil der Vermieter:innen und desto geringer der von Mieter:innen an den Kosten. Ausnahmen gelten für Häuser, die unter Denkmalschutz stehen. Im schlimmsten Fall sind Mieter:innen hier alleine in der Pflicht – eine Praxis, die Mieterverbände stark kritisieren.

Foto: pa/Federico Gambarini
In jedem Fall ist das Modell der CO₂-Bepreisung gut geeignet, unter anderem im Wohngebäudebereich für genügend Anreiz zu sorgen, damit die energetische Sanierung vorangetrieben wird – und man dem Klimaziel näher kommt.
Katharina Buri
Der CO₂-Preis muss auf der Heizkostenabrechnung seit 2023 ausgewiesen werden. Andernfalls können Mieter:innen die Heizkosten um 3 Prozent kürzen. Nähere Informationen hat der Deutsche Mieterbund (DMB) zusammengestellt:
mieterbund.de/aktuelles/meldungen/co2-kosten-wie-bekommen-sie-ihr-geld-zurueck
Auf großen Füßen weit vom Klimaziel entfernt
Der CO₂-Fußabdruck (auf Englisch „Carbon Footprint“) ist ein Maß dafür, wie viel klimaschädliche Treibhausgase eine Person, eine Organisation, ein Produkt oder ein Land verursacht. Er verbildlicht den jeweiligen Anteil am Treibhauseffekt, ermöglicht einen direkten Vergleich und kann Einsparpotenziale aufzeigen. Unternehmen erstellen für ihre Produkte den „Product Carbon Footprint“ (PCF) oder gleich für das ganze Unternehmen den „Corporate Carbon Footprint“ (CCF) – auch, um gegenüber Verbraucher:innen das eigene Klimaschutzengagement hervorzuheben. Damit auch eine wirkliche Vergleichbarkeit gegeben ist, basiert die Berechnung auf internationalen Normen.

2025 liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Fußabdruck in Deutschland bei 10,4 Tonnen Treibhausgasen. Darauf entfallen 2,2 Tonnen auf Wohnen, 0,5 Tonnen auf Strom, 2 Tonnen auf Mobilität, 1,6 Tonnen auf Ernährung, 2,9 Tonnen auf sonstigen Konsum (beispielsweise Kleidung und Elektronik) und 1,2 Tonnen auf die öffentliche Infrastruktur. Damit liegen wir noch sehr weit vom Klimaziel entfernt: Um dieses zu erreichen, müsste der Fußabdruck pro Kopf auf weniger als eine Tonne Treibhausgase pro Jahr sinken. Aber auch wenn jede:r einen individuellen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, sind die mit Abstand größten Treibhausgaserzeuger in Deutschland die Energiewirtschaft und die Industrie.
Verschiedene Online-Rechner erlauben, den eigenen CO₂-Fußabdruck zu berechnen und geben maßgeschneiderte Tipps zum Einsparen von Treibgasen – unter anderem vom Umweltbundesamt, das eine Kurz- und eine Langversion anbietet:
uba.co2-rechner.de/de_DE
Entwickelt wurde der CO₂-Fußabdruck übrigens in den Nullerjahren von einer Werbeagentur im Auftrag des Ölkonzerns BP.
kb
29.06.2025