100.000 Euro plant der eher als sparwütig bekannte Berliner Senat für ein Gutachten ein, um ein Gesetz zu prüfen, das nach Ansicht von Expert:innen unnötig ist. Die Chronik einer Verzögerungstaktik.

Foto: Christian Muhrbeck
2021: 59,1 Prozent der Berliner:innen stimmen für die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne.
2022: Der rot-rot-grüne Senat setzt eine Expert:innenkommission ein. Sie soll die Verfassungskonformität einer Vergesellschaftung prüfen und rechtssichere Wege ausloten.
April 2023: Die Giffey-SPD geht trotz rot-rot-grüner Mehrheit eine Koalition mit der CDU ein. Die Koalitionsparteien betonen, den Volksentscheid nicht umsetzen zu wollen, obwohl sie bei der Wahl weniger Stimmen auf sich vereinen konnten als der Volksentscheid.
Juni 2023: Die Senats-Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Vergesellschaftung möglich und verhältnismäßig ist.
August 2023: CDU und SPD kündigen ein „Vergesellschaftungsrahmengesetz“ an. Die Kampagne Deutsche Wohnen & Co. enteignen und der BMV halten dieses Gesetz für eine Verzögerungstaktik. Mitglieder der Expert:innenkommission nennen es überflüssig. Der Senat könnte auf Grundlage des Artikel 15 Grundgesetz ein Vergesellschaftungsgesetz erlassen.
November 2023: Der Senat erklärt, Anfang 2024 ein weiteres Gutachten in Auftrag geben zu wollen, das das geplante Vergesellschaftungsrahmengesetz verfassungsrechtlich prüft. Veranschlagt sind dafür 100.000 Euro
2024: „Sparhammer!“ (Berliner Kurier). Der schwarz-rote Senat kündigt massive Kürzungen an. Im Haushaltsjahr 2025 sollen 3 Milliarden Euro eingespart werden.
2025: Das unnötige Gutachten für das unnötige Gesetz soll nicht eingespart werden. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage erklärt der Senat Anfang April die Ausschreibung nun „für Ende April/Anfang Mai vorgesehen“ zu haben. Die Ergebnisse sollen „im dritten Quartal 2025“ vorliegen. Der Entwurf für das Vergesellschaftungsrahmengesetz soll „im Jahr 2026“ vorgelegt werden.
2026 findet die nächste Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus statt.
Tobias Becker
27.05.2025