Der Senat legt neu fest, unter welchen Bedingungen Wohnraum abgerissen werden darf. Dem Berliner Mieterverein (BMV) sind die Vorgaben nicht streng genug.

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Wenn ein Wohnhaus abgerissen wird, muss Ersatzwohnraum vom selben Eigentümer in räumlicher Nähe oder zumindest im selben Bezirk geschaffen werden. Es müssen mindestens ebenso viele Wohnungen und ebenso viele Quadratmeter sein. Der Ausstattungsstandard muss „für die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung geeignet“ sein. Auch der Miethöhe sind Grenzen gesetzt. Die bisher einheitliche Mietobergrenze von 9,17 Euro pro Quadratmeter hat das Oberverwaltungsgericht 2023 jedoch gekippt.
Der Senat hat deshalb im Oktober ein System von Anfangsmieten beschlossen, die „von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmendenhaushalt allgemein aufgebracht werden können“. Zur Berechnung wird den Bezirken eine Arbeitshilfe an die Hand gegeben. „Der Abriss von Wohnraum soll auch weiterhin nur dann genehmigungsfähig sein, wenn insbesondere die Angemessenheit der Mieten bei Ersatzwohnraum vorliegt“, sagt Bausenator Christian Gaebler (SPD).
Wenn kein Ersatzwohnraum geschaffen wird, der diesen Anforderungen entspricht, ist eine Ausgleichszahlung von bis zu 4100 Euro pro Quadratmeter abgerissener Wohnfläche zu entrichten. Man kann sich also quasi von den Auflagen freikaufen. Baut man auf dem Abrissgrundstück Luxuswohnungen, die sich entsprechend teuer vermieten oder verkaufen lassen, kann man die Ausgleichszahlung gut verschmerzen.
So geschehen in der Dortmunder Straße 14: Das Bezirksamt Mitte hat den Abriss von 17 Wohnungen gegen eine Zahlung von knapp 1,9 Millionen Euro genehmigt. Statt bezahlbarer Wohnungen sind dort nun Luxusapartments entstanden, von denen das billigste für 1,4 Millionen Euro verkauft wird.
Diese Auflagen gelten allerdings nur, wenn es sich im baurechtlichen Sinne um schützenswerten Wohnraum handelt. Ist das nicht der Fall – wie etwa bei den Altbauten an der Tegeler Straße im Wedding, die auf ausgewiesenem Gewerbegelände stehen – dann stellt das Bezirksamt ein sogenanntes Negativattest aus, und es darf ohne Ausgleichsmaßnahmen abgerissen werden.
Der BMV fordert, dass Abrisse nur im äußersten Ausnahmefall genehmigt werden dürfen – verbunden auch mit höheren Anforderungen an den Ersatzwohnraum. Die Orientierung an einer nicht näher definierten „leistbaren Miete“ sei ungenügend. Der BMV verlangt, dass die Miethöhe sich an dem abzureißenden Wohnraum orientieren muss und dass die Wohnungen an geringverdienende Haushalte mit Wohnberechtigungsschein zu vergeben sind.
Jens Sethmann
22.01.2025