Vor genau 20 Jahren erschien die MieterMagazin-Ausgabe 1+2/2005. Wirft man heute einen Blick hinein, erkennt man, wie sich die Situation der Mieter:innen und des Mietwohnungsmarkts in Berlin seitdem verändert haben.

Die Titelgeschichte der 20 Jahre alten Ausgabe erscheint heute fast kurios. „So finden Sie Ihre Traumwohnung“ – wer derzeit auf dem Berliner Wohnungsmarkt auf der Suche ist, ist zumeist froh, überhaupt eine Wohnung zu finden. Und auch der eingangs des Artikels geschilderte Fall einer Familie, die endlich eine solche Traumwohnung – „120 Quadratmeter, Südbalkon, Parkett, Stuck“ – gefunden hatte und nun damit kreuzunglücklich ist, weil der Lärm von der Straße doch lauter als gedacht zu hören ist und auch die Gerüche des Restaurants im Erdgeschoss die Familie belästigen – all das erscheint als aus der Zeit gefallen. Doch der Artikel beschreibt die damalige Ausgangssituation zutreffend: „Immerhin sind die Chancen, an eine schöne, bezahlbare Wohnung zu kommen, heute zweifellos größer als noch vor zehn Jahren.“ Und da konnte man als Mieter:in schon etwas mäkelig sein: „Der Deutsche Mieterbund (DMB) empfiehlt, schon zwei Stunden vor dem Besichtigungs-Termin zu kommen und sich das Wohnumfeld und das Haus genau anzusehen: „Sie müssen also prüfen, ob das Viertel Ihren persönlichen Anforderungen entspricht.“

Foto: Nils Richter
Doch damit nicht genug: „Auch das Haus sollten Sie genau inspizieren. Wirken Hof und Treppenhaus vermüllt und ungepflegt? Das könnte darauf hindeuten, dass die Hausverwaltung ihren Pflichten nicht nachkommt – oder aber auf Hausbewohner, die verantwortungslos sind.“ Überhaupt, die Mitmieter: „Wenn Sie im Haus auf Mieter treffen, sollten Sie sie ruhig befragen: Was für Leute wohnen hier? Gibt es viele Hunde im Haus? Gibt es eine gute Hausgemeinschaft?“ Selbstverständlich ist alles dies auch heute einem Menschen auf Wohnungssuche wichtig. Aber die Vorstellung, bei auch nur kleinen Abweichungen vom Ideal von der Anmietung einer bezahlbaren Wohnung Abstand zu nehmen, erscheint aus heutiger Sicht natürlich unvorstellbar.
Man konnte als Mieter noch mäkelig sein
Weiter heißt es in einer Mitteilung im Heft, dass „die Mieten in Berlin bei sanierten Wohnungen gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen sind, während das Mietenniveau in den unsanierten Beständen stabil geblieben ist. Die bei den Städtischen Wohnungsbaugesellschaften abgefragten Mieten liegen zwischen 3 und 6 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nettokalt.“ Doch auch in diesen in der Rückschau besseren Zeiten zeichneten sich die dunklen Wolken bereits ab. Unter der Überschrift „Der Ausverkauf geht weiter“ wird die Absicht des Senats verkündet, „dass in den nächsten vier bis sechs Jahren von jetzt noch 290.000 Wohnungen weitere 20.000 zur Privatisierung anstehen.“ Unter die dann verbliebenen 270.000 Wohnungen sank der Bestand in der Folgezeit aber nicht mehr, heute sind durch Rückkäufe wieder gut 360.000 Wohnungen in der Hand der kommunalen Wohnungsunternehmen.
„Gender-Mainstreaming“ war auch 2005 nicht neu
Unter der Überschrift „Grenze gesprengt“ sorgten auch damals schon die Gaspreise für Empörung. Der Versorger Gasag hatte die Preise um 6 bis 8 Prozent angehoben, für den Durchschnittshaushalt bedeutete dies eine Erhöhung auf 50 Euro im Monat. Mit Tränen in den Augen zahlen Gaskunden heute 120 Euro. Auch mit dem heute so umstrittenen Thema des „Gender Mainstreaming“ beschäftigt sich ein Beitrag. In Bezug auf den Wohnungsbau bemerkt er aber: „So neu ist das alles allerdings nicht. Bereits von 1994 bis 1998 hatte ein Frauenbeirat Gender-Kriterien für den Wohnungsbau entwickelt.“ Manches ist also heute noch aktuell, was vermeintlich schon vor 20 Jahren ein alter Hut war.
Jens Sethmann
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js
24.01.2025