Egal ob man in der Innenstadt oder am Stadtrand wohnt – die nächste Baustelle ist meist nicht weit entfernt. Wer monate- oder gar jahrelang Baulärm ertragen muss, hat ein Recht auf Mietminderung. Dabei ist einiges zu beachten.

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Instandsetzungsarbeiten am Dach, Fassadendämmung, Dachgeschossausbau – all diese Arbeiten sind nun mal mit Krach verbunden. Was viele nicht wissen: Bei einer energetischen Sanierung ist eine Mietminderung drei Monate lang ausgeschlossen, egal wie laut es ist. Diese Regelung wurde 2013 eingeführt, um energetische Verbesserungen zu erleichtern. Sie ist jedoch wenig praxistauglich, denn fast immer finden gleichzeitig andere Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten statt. Dann muss man unterscheiden, ob der Krach vom Fahrstuhleinbau oder den Arbeiten an der Dämmung kommt und was überwiegt – ein Ding der Unmöglichkeit, weshalb man in diesem Fall unbedingt eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen sollte.
Bautagebuch führen – auch ohne Verpflichtung
Wegen des hohen Risikos (Kündigung!) empfiehlt der Berliner Mieterverein (BMV) ohnehin, niemals ohne rechtlichen Rat zu mindern. „Am besten wäre es, die Miete unter Vorbehalt zu zahlen und erst nach Abschluss der Bauarbeiten abzurechnen“, erklärt Stefan Schetschorke, Leiter der Rechtsabteilung des BMV. Doch wenn die Bauarbeiten zwei Jahre oder länger dauern, ist das unzumutbar. Er rät daher, quartalsweise abzurechnen. Das hat auch den Vorteil, dass man berücksichtigen kann, wenn auf der Baustelle mal zwei Wochen weniger oder gar nicht gearbeitet wird. Denn es kommt immer auf den Grad der Beeinträchtigung an. Diese muss nachgewiesen werden. „Formal ist kein Bautagebuch oder ähnliches vorgeschrieben, aber wir empfehlen, den Lärm möglichst detailgetreu zu dokumentieren“, sagt Schetschorke. Was Mieter:innen am meisten interessiert: Um wie viel Prozent kann ich mindern? „Die Margen bewegen sich üblicherweise zwischen 20 und 30 Prozent, aber es kann auch weniger oder wesentlich mehr sein, etwa wenn direkt obendrüber das Dachgeschoss ausgebaut wird“, so Schetschorke. Man kann es gar nicht oft genug wiederholen: Es kommt immer auf den Einzelfall an.

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Komplizierter wird es, wenn der Lärm vom Nachbargrundstück ausgeht. „Ein Teil der Rechtsprechung weist eine Minderung wegen Baulärms in der Innenstadt zurück, weil es sich hierbei um ein allgemeines Lebensrisiko handele“, erklärt Frank Maciejewski, Rechtsexperte des BMV. Mietrechtlich bedeutet dies, dass Baulärm in der Innenstadt zur Sollbeschaffenheit der Mietwohnung gehört. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Lärm von einer benachbarten Baustelle (hier: Errichtung eines Neubaus in einer Baulücke) grundsätzlich keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel begründet, wenn der Vermieter gegen den störenden Dritten keine Entschädigungsmöglichkeit hat (BGH vom 29. April 2020 – VIII ZR 31/18 –). Aber: Wenn der Vermieter diese Möglichkeit hat, sie aber nicht wahrnimmt, ist Mietminderung möglich. Bei Großbaustellen sind nämlich oft Entschädigungszahlungen an die benachbarten Hauseigentümer:innen üblich, die deren Ausfälle wegen Mietminderung kompensieren sollen.
Birgit Leiß
Lohnt sich der Deal?
Vor allem bei Baumaßnahmen in großen Wohnanlagen wird Mieter:innen oft eine pauschale Mietminderung angeboten. Der Vorteil: Man muss nicht akribisch die Beeinträchtigungen dokumentieren. Doch diese Quoten sind in der Regel deutlich zu niedrig angesetzt und sollten nicht vorschnell akzeptiert werden, wie der BMV-Rechtsabteilungsleiter Stefan Schetschorke erklärt. Die Rechtsberater:innen des Mietervereins können dieses Angebot aber als Basis für Verhandlungen nehmen. In vielen Fällen kann eine befriedigende Minderungsquote ausgehandelt werden.
bl
25.06.2025