Vonovia stattet ihre Wohnungen aktuell mit smarten Rauchwarnmeldern aus. Die „Multisensor Plus“-Geräte erfassen weit mehr als nur Rauch. Datenschützer mahnen: Sie könnten Rückschlüsse auf Verhaltensweisen der Mietenden ermöglichen. Welche Risiken birgt die Datenspeicherung, und welche Kosten kommen auf die Mietenden zu?
Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen, Vonovia, rüstet derzeit viele seiner rund 450.000 Wohnungen im gesamten Bundesgebiet mit sogenannten „Multisensor Plus“-Rauchwarnmeldern aus. Die Geräte können nicht nur Rauch, sondern auch andere Raumdaten wie Kohlenmonoxid, Luftfeuchtigkeit und Temperatur erfassen. Besonders in Nordrhein-Westfalen regt sich Widerstand. Mieter:innen und ansässige Mietervereine kritisieren Kosten und den Umgang mit sensiblen Daten.
Modernisierung oder Instandsetzung?
Die zentrale Frage lautet: Sind die neuen Geräte ein Ersatz für die – erst vor wenigen Jahren – verbauten Rauchmelder? Dann würde es sich um eine Instandsetzung handeln, deren Kosten Vonovia allein tragen müsste. Oder bieten die smarten Rauchmelder den Mietenden eine höhere Sicherheit und gelten damit als Wohnwertverbesserung? Vonovia folgt dieser zweiten Argumentation und macht den Austausch der Warnmelder als moderne Sicherheitsmaßnahme geltend, die eine Mieterhöhung rechtfertigt. Der Wohnungskonzern hat bereits damit begonnen, die Kosten auf die Mieten umzulegen – obwohl herkömmliche Rauchwarnmelder weiterhin alle nötigen Sicherheitsanforderungen erfüllen, deutlich günstiger sind und einwandfrei funktionieren. Der Mieterverein Hamburg hat berechnet: Mit 135,54 Euro pro Gerät ergibt sich für den gesamten Vonovia-Bestand ein Investitionsvolumen von über 200 Millionen Euro und potenziell zusätzlichen Mieteinnahmen von mehr als 16 Millionen Euro jährlich.

Eingriff in die Privatsphäre
Mietervereine sehen die neuen Melder kritisch. Sie bieten laut Fachleuten keinen Sicherheitsvorteil, werfen aber erhebliche Datenschutzprobleme auf. Der Mieterverein Bochum schreibt in einem offenen Brief: „Die neuen Rauchmelder enthalten zusätzliche Kontrollfunktionen und Datenübertragungen, die diese Geräte teuer und datenschutzrechtlich bedenklich machen. Viele Fragen rund um die Funktionsweise der „Multisensor Plus“-Rauchmelder sind ungeklärt.“
Datenschützer bemängeln die fehlende Transparenz bei der Datenspeicherung. Die Sensoren erfassen sensible Raumdaten, die Rückschlüsse auf das Leben der Mieter:innen zulassen. So könnten Daten zum Lüftungsverhalten beispielsweise bei Schimmelbildung gegen die Mietenden verwendet werden.
Vor allem die umfangreiche Datenspeicherung sorgt für Unmut. Auch ohne die von Vonovia verlangte Zustimmung zur längeren Speicherung der Daten werden Informationen über das Raumklima bis zu 24 Stunden gespeichert. Mit Unterschrift der Datenschutzerklärung sollen diese sogar für drei Jahre zugänglich bleiben, was detaillierte Rückschlüsse auf das Lüftungsverhalten, Abwesenheiten und sogar Kochgewohnheiten ermöglicht. Ein massiver Eingriff in die Privatsphäre. Problematisch: Die Kombination von Vonovias Marktmacht mit der massenhaften Anhäufung von Mieter:innendaten.
Zementiert die massenhafte Datensammlung Vonovias Marktmacht?
Brisant ist die Datensammlung vor allem angesichts der immer größeren Marktmacht der Vonovia SE. Im Januar stimmte die Vonovia-Aktionärsversammlung der vollständigen Übernahme der Deutsche Wohnen zu. Bereits 2021 hatte Vonovia 87 Prozent der Unternehmensanteile übernommen und dabei ein steuerrechtliches Schlupfloch genutzt, das den deutschen Fiskus um fast eine Milliarde Euro Steuereinnahmen brachte. Nach der vollständigen Übernahme ist Vonovia nun Deutschlands größtes privates Wohnungsunternehmen und der größte private Vermieter in Berlin.
Das können Mieter:innen tun
Mietervereine raten dringend, die vorgelegte Datenschutzerklärung nicht zu unterschreiben und dem Einbau von neuen „Multisensor Plus“-Geräten zunächst nicht zuzustimmen. Ob die Melder tatsächlich eine Modernisierung mit einem wohnwerterhöhenden Merkmal darstellen, ist rechtlich ungeklärt. Der Berliner Mieterverein sieht weder einen Sicherheitsvorteil noch eine nennenswerte Verbesserung der Wohnqualität. Ob der Einbau der Geräte zulässig ist und eine Mieterhöhung rechtfertigt, muss letztlich ein Gericht beurteilen. Wer von Vonovia schriftlich zur Installation dieser Melder aufgefordert wird oder bereits eine Mieterhöhung erhalten hat, sollte sich rechtlichen Rat einholen und den Vorgang dokumentieren.
ml
Nach Redaktionsschluss
Der Mieterbund Nordhessen lehnt die Rauchwarnmelder „aus politischen, sozialen, ökologischen und aus Gründen des Datenschutzes ab“. Die Rechtsanwältin Regina Kamm vom Darmstädter Mieterbund rät Mieter:innen, die Türen bei einem versuchten Einbau nicht zu öffnen und die Geräte nicht einbauen zu lassen. In Ulm kündigte Vonovia an, die Mieter:innen „freundlich und mehrfach an die gesetzliche Duldungs- und Mitwirkungspflicht (zu) erinnern“.
Vonovia droht bereits jetzt mit Duldungsklagen, mit denen sie den Einbau bei nicht erfolgter Zustimmung erzwingen will. In Kassel steht ein erstes Gerichtsverfahren an.
16.04.2025